BfF, BStBl I 2000, 761
Bearbeitung von Einsprüchen gegen Entscheidungen der Familienkassen
A. Allgemeines
Die Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes (EStG) obliegt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 Finanzverwaltungsgesetz dem Bundesamt für Finanzen. Die Bundesanstalt für Arbeit stellt dem Bundesamt für Finanzen zur Durchführung dieser Aufgaben ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Die Familienkassen der Bundesanstalt für Arbeit und die Familienkassen nach § 72 Abs. 1 und 2 EStG gelten als Bundesfinanzbehörden, soweit sie den Familienleistungsausgleich durchführen, und unterliegen insoweit der Fachaufsicht des Bundesamtes für Finanzen. Die Familienkassen bearbeiten auch die Rechtsbehelfe gegen die bei der Durchführung des Familienleistungsausgleichs erlassenen Verwaltungsakte.
B. Durchführungsanweisungen
Unter Berücksichtigung
- des Anwendungserlasses zur AO vom 24. September 1987 (BStBl 1987 I S. 664), zuletzt geändert mit BMF-Schreiben vom 14.2.2000, IV A 4 - S 0062 - 1/00 (BStBl I 2000, S. 190)
- des BMF-Schreibens vom 10. Oktober 1995 - IV A 5 - S 0600 - 17/95 -, BStBl 1995 I S. 664 - Auswirkungen eines Zuständigkeitswechsels auf das Rechtsbehelfsverfahren - (s. auch AO-Kartei)
sind bei der Bearbeitung von Einsprüchen gegen Entscheidungen der Familienkassen vor allem folgende Verwaltungsanweisungen direkt oder entsprechend anzuwenden:
1. Entscheidungen der Familienkasse als Abgabenangelegenheiten
Bei den Entscheidungen über das steuerliche Kindergeld handelt es sich um Abgabenangelegenheiten i.S.v. § 347 Abs. 2 AO bzw. § 33 Abs. 2 FGO. In diesem Rahmen ergehende Verwaltungsakte sind daher nach § 347 Abs. 1 Nr. 1 AO mit dem Einspruch anfechtbar, Streitigkeiten sind nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO auf den Finanzrechtsweg verwiesen.
2. Familienkasse als Einspruchsbehörde; Handeln für die Familienkasse und deren Vertretung
Über den Einspruch entscheidet die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung (§ 367 Abs. 1 Satz 1 AO). Behörde in diesem Sinne ist die Dienststelle, nicht der Leiter der Dienststelle, der jedoch nach § 79 Abs. 1 Nr. 4 AO für die Familienkasse handelt. Die Bediensteten der Familienkasse sind aufgrund des ihnen nach dem Geschäftsverteilungsplan (oder aufgrund organisatorischer Einzelmaßnahmen) entsprechend zugewiesenen Aufgabenbereichs und im Rahmen entsprechender Zeichnungsbefugnis berechtigt, für die Familienkasse etwa auch beim Erlass der Einspruchsentscheidung zu handeln (§ 79 Abs. 1 Nr. 4 AO) und sie nach außen zu vertreten.
3. Allgemeines zum außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (Auszug aus: AEAO Vor § 347)
Das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren nach der AO (Einspruchsverfahren) ist abzugrenzen
- von den in der AO nicht geregelten, nichtförmlichen Rechtsbehelfen (Gegenvorstellung, Sachaufsichtsbeschwerde, Dienstaufsichtsbeschwerde),
- von dem Antrag, einen Verwaltungsakt zu berichtigen, zurückzunehmen, zu widerrufen, aufzuheben oder zu ändern (Korrekturantrag; §§ 129 bis 132, 172 bis 177).
Der förmliche Rechtsbehelf (Einspruch) unterscheidet sich von den Korrekturanträgen in folgenden Punkten:
- er hindert den Eintritt der formellen und materiellen Bestandskraft (zum Begriff der Bestandskraft s. AEAO, vor §§ 172 bis 177, Nr. 1);
- er kann zur Verböserung führen (§ 367 Abs. 2 Satz 2); der Verböserungsgefahr kann der Steuerpflichtige aber durch rechtzeitige Rücknahme des Einspruchs entgehen;
- er ermöglicht die Aussetzung der Vollziehung.
In Zweifelsfällen ist ein Einspruch anzunehmen, da er die Rechte des Steuerpflichtigen umfassender wahrt als ein Korrekturantrag.
- (...)
(Zur Erstattung von Kosten im Vorverfahren nach § 77 EStG s. unter 19 bis 21)
4. Statthaftigkeit des Einspruchs (Auszug aus: AEAO zu § 347)
- Das Einspruchsverfahren ist nur eröffnet, wenn ein Verwaltungsakt (auch ein nichtiger Verwaltungsakt oder ein Scheinverwaltungsakt) angegriffen wird oder der Einspruchsführer sich gegen den Nichterlass eines Verwaltungsaktes wendet. Verwaltungsakt ist z.B. auch die Ablehnung eines Realaktes (vgl. zu § 364) oder die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft.
- Der Einspruch ist auch gegeben, wenn ein Verwaltungsakt aufgehoben, geändert, zurückgenommen oder widerrufen oder ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes abgelehnt wird. Gleiches gilt, wenn die Finanzbehörde einen Verwaltungsakt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gem. § 129 berichtigt oder es ablehnt, die beantragte Berichtigung eines Verwaltungsaktes durchzuführen (BFH-Urteil vom 13.12. 1983, BStBl II 1984 S. 511). Gegen Entscheidungen über die Schlichte Änderung (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) ist ebenfalls der Einspruch gegeben (BFH-Urteil vom 27.10.1993, BStBl II 1994 S. 439).
Beantragt der Steuerpflichtige bei einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164) oder bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung (§ 165) die Aufhebung dieser Nebenbestimmungen, ist gegen den ablehnenden Bescheid der Einspruc...