Die Steuerberaterbranche ist hinsichtlich des Fachkräftemangels sehr angespannt. Die Kanzleien sind dem "WAR OF TALENTS" ausgesetzt und stehen vor der großen Herausforderung, den hohen Nachfragebedarf an Mitarbeitern zu befriedigen. An dieser Stelle kann man sich die Frage stellen, ob eine digitalaffine Kanzlei überhaupt noch viele Mitarbeiter nachfragen muss, wenn doch viele Prozesse elektronisch und automatisiert ablaufen.
Die Praxis zeigt, dass auch digital gut aufgestellte Steuerberatungsunternehmen eine sehr große Mitarbeiternachfrage haben. Das ist zum einen damit begründet, dass diese Kanzleien einen starken nachhaltigen Zuwachs von Mandanten aufzeigen und zum anderen die Aufgaben losgelöst vom Deklarationsgeschäft vielfältiger sowie umfangreicher werden. Dadurch verändern sich auch zunehmend die Anforderungen an die Mitarbeiterprofile, was diesen Steuerberater wiederum attraktiver für Arbeitnehmer macht. Das hat zum einen den Vorteil, dass man sich nicht mehr zwingend ausschließlich auf "steuerberatende" Arbeitnehmer konzentrieren muss und vermehrt Branchenquereinsteiger einstellen kann. Zum anderen sind diese Kanzleien auch attraktivere Arbeitgeber für die Mitarbeiter, die neue Herausforderungen sowie Entwicklungen im beruflichen Umfeld suchen und zurzeit noch in einer eher "entwicklungsmüden" Kanzlei arbeiten.
Die Digitalisierung wirft außerdem die Fragen auf, welche Tätigkeiten in Zukunft von den Mitarbeitern schwerpunktmäßig ausgeführt und ob Berufe, wie z. B. Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalter, überhaupt noch in den Kanzleien benötigt werden.
Die Digitalisierung und Automatisierung werden, wie in jeder Branche, eine substantielle Veränderung der Tätigkeiten bewirken. Aufgrund des Zeitgewinns ermöglichen digitalaffine Kanzleien dem Personal, mehr Fachwissen in die Zusammenarbeit mit den Mandanten einzubringen. Dahingegen sind Mitarbeiter eines weniger digitalen Steuerberaters zwar fachlich sehr gut ausgebildet, jedoch wird dieses hochqualifizierte Personal mit einfachen Tätigkeiten, wie manuelle Datenerfassung, Erstellung von nichtdigitalen Erklärungen, Berichten und deren Versendung, etc. zeitlich belegt. Für die fachliche und professionelle Beurteilung von steuerlichen Sachverhalten bleibt in der Regel wenig Zeit. Der Nutzen der Kunden wird in diesen Fällen nicht optimiert.
Es lohnt sich also, einen Blick auf die möglichen Tätigkeiten der Mitarbeiter der steuerberatenden Berufe zu werfen. Das Deklarationsgeschäft, wie Finanzbuchhaltung, Jahresabschlusserstellung, Steuererklärungen, Lohnbuchhaltung etc. ist in den Steuerberatungsunternehmen, die bereits sehr digital arbeiten, auch weiterhin eine umfangreiche und substantielle Tätigkeit. Jedoch haben sich in diesen Kanzleien die Aufgaben der Mitarbeiter in der Form verändert, dass sich die Rollen, z. B. der Steuerfachangestellten und Steuerfachwirte weiterentwickelt haben.
Beispiel über das veränderte Aufgabenspektrum der digitalen Finanzbuchhaltung:
- Management des Daten-In- und Outputs
- Kontrolle und Überwachung
- Qualitätssicherung
- Datenanalyse und Erläuterung
- Maßnahmendefinition aufgrund der Fakten
- Berichterstattung
Das Beispiel zeigt, dass sich die Anforderungen an das Personal in einigen Punkten verschob n haben. Das steuerliche Fachwissen stellt weiterhin eine ganz substantielle Voraussetzung der Tätigkeiten dar. Es werden aber weitere Skills, wie z. B. Kommunikations-, Organisations- und Analysefähigkeiten von den Mitarbeitern abverlangt. Die Sachbearbeiter können vermehrt die Tätigkeiten und die Verantwortung des Mandatsmanagements übernehmen. Wesentliche Aufgaben sind hierbei, neben der fristgerechten Durchführung der Deklarationstätigkeiten und Auftragsplanung auch die Identifikation und der Vertrieb von weiteren Dienstleistungen der Kanzlei. Die Sachbearbeiter könnten in Zukunft intensiver die Rolle des ersten Ansprechpartners der Mandanten einnehmen und die Zusammenarbeit sowie Lösungsfindung der gestellten Anforderungen der Kunden koordinieren. Auf diese weiterführenden Aufgaben sind die Mitarbeiter strukturiert und nachhaltig vorzubereiten.
Die Praxis zeigt, dass für die erfolgreiche Mitarbeiterentwicklung in diesem Sinne eine Strategie und die Transparenz hinsichtlich der Zielsetzung der Kanzlei sehr wichtig sind. Damit ist gemeint, dass den Beteiligten die strategische Ausrichtung hinsichtlich der Mandanten, der Dienstleistungen und auch der Erwartungshaltung gegenüber dem Personal offen kommuniziert werden sollte. Insbesondere dann, wenn große Veränderungen anstehen, ist es besonders wichtig zu verstehen, wie die Mitarbeiter dazu stehen und welche Ängste aufkommen.
Es empfiehlt sich, in der Kommunikation die individuellen Reaktionen der Mitarbeiter genau zu analysieren. Diese Erkenntnisse sind sehr hilfreich in Bezug auf die spätere direkte Ansprache jedes Einzelnen, da in diesem Kontext die Charaktere hinsichtlich der Akzeptanz und des Umgangs mit dem Changemanagement erkennbar sein können. Um eine Mitarbeiterentwicklung anzuschieb...