Gerade technologische Fortschritte sind starke Treiber für massive industrielle Veränderungen, mit erheblichen Auswirkungen auf Unternehmen. Dies wird insbesondere anhand der bekannten Stufen der "Industrialisierung" deutlich.
1.1 Industrie 4.0 treibt neue Geschäftsmodelle
Big Data, Vernetzung, künstliche Intelligence kombinieren
Mit dem Stichwort "Industrie 4.0" wird die 4. Welle der Industrialisierung bezeichnet. Diese umfasst die vollständige Vernetzung von Maschinen und Produktionsnetzwerken sowie das Verarbeiten und Speichern großer Datenmengen ("Big Data"). Heute wird auch vom "Internet der Dinge" gesprochen, womit nicht mehr nur die Vernetzung von Computern gemeint ist, sondern die Vernetzung einer Vielzahl von "intelligenten" Gegenständen jeder Art. Z. B. Küchengeräte, Werkzeuge, Autos, Container, Produktionsanlagen usw. Hinzu kommt die Möglichkeit komplexere Algorithmen einzusetzen, bis hin zur Schaffung selbstlernender Programme (Künstliche Intelligenz). Hierfür ist insbesondere der massive Anstieg an verfügbarer Rechenleistung ausschlaggebend, sowie der erhebliche Ausbau an Speicherkapazität und die damit verbundene Möglichkeit große Datenmengen ("Big Data") zu verarbeiten.
In Summe eröffnen sich für die Unternehmen mit der 4. industriellen Revolution ganz neue Chancen, aber auch Risiken. Produkte und Services können z. B. genauer auf den Kunden zugeschnitten werden, weil dessen Vorlieben besser analysiert und verstanden werden. Der Kunde wird so (ohne es zu merken) Teil des Wertschöpfungsprozesses (bzw. Teil des Produktionsprozesses), z. B. beim Online-Shopping, wenn er nicht nur den gewünschten Artikel aussucht, sondern auch direkt die Rechnungsstellung veranlasst, die Zahlung online durchführt, den Versandprozess anstößt und auch Teile der Logistik (die "letzte Meile") übernimmt, wenn er die Ware z. B. in einer Paketstation abholt. Antwortzeiten im Service werden reduziert, da die Informationstechnik einen "Rund-um-die-Uhr"-Zugriff möglich macht.
All das sind Chancen sowohl im "Business to Business" ("B2B") als auch im "Business to Consumer" ("B2C") neue und intensivere Kundenbeziehungen einzugehen, sowie Prozesse zu beschleunigen und Wartezeiten zu verkürzen.
Die Veränderungen bedeuten aber auch ein Risiko für etablierte Unternehmen, wenn diese nicht schnell genug reagieren und neue Mitbewerber aufkommen. Als Paradebeispiel gelten in Deutschland die ehemals etablierten Versandhändler wie Quelle oder Neckermann. Beide wurden vom Online-Handel geradezu überrollt. Kundenbeziehungen können in einer digitalen Welt auch leichter wechseln, weil der Grad der Anonymität steigt und eine ggf. persönliche Beziehung verloren geht. Ein neuer Wettbewerber kann sich in etablierte Kundenbeziehungen drängen. So stehen z. B. Banken in Gefahr, durch digitale Geschäftsmodelle den direkten Kontakt zum Kunden zu verlieren. Jahrzehntelang gepflegte Beziehungen über Filialen verblassen. Banken drohen eine reine "Prozessabwicklungsindustrie" im Hintergrund zu werden, weil Online-Banking die Kundenbeziehung anonymisiert und gleichzeitig Firmen wie z. B. Amazon als Online Versandhändler über Amazon Pay auch Zahlprozesse organisiert.
Infolge dessen dehnen viele Unternehmen ihre eigene Geschäftstätigkeit aus und versuchen neue und natürlich auch digitale Geschäftsmodelle zu etablieren. Daimler gründete z. B. Car-to-go, eine Online-Plattform inkl. Fahrzeugpool für das unkomplizierte Mieten von Kleinwagen in verschiedenen Großstädten.
Anhand des aktuellen Trends der Digitalisierung lässt sich sehr leicht der unternehmerische Wandel, aber auch der Druck zu diversifizieren erkennen.
1.2 Herausforderungen für den CFO
Transparenz, Harmonisierung und Flexibilität kombinieren
Der CFO steht damit vor besonderen Herausforderungen. Er muss nicht nur finanzielle Transparenz für die etablierten Geschäftsmodelle sicherstellen, sondern auch neue Geschäftsmodelle in die finanzielle Steuerung eines Unternehmens integrieren. Hinzu kommt eine weitere Herausforderung, die Heterogenität der Finanzsysteme. Neue Geschäftsmodelle werden durch die Neugründung von Einheiten aufgebaut, manche Unternehmen wandeln sich im Laufe der Jahrzehnte, durch Zu- und Verkäufe von Unternehmensteilen massiv (z. B. Siemens). Finanzsysteme müssen dann manchmal schnell, vorbei an den etablierten (aber ggf. etwas schwerfälligeren Systemen) aufgebaut oder integriert werden. Zudem verlangen insbesondere die digitalen Geschäftsmodelle an der Kundenschnittstelle auch neue Systeme zur Abwicklung der Kundentransaktionen. Die Folge ist häufig ein großes Potpourri an Finanzsystemen.
Der CFO soll also immer wieder neue, immer häufiger auch digitale Geschäftsmodelle verstehen und einheitlich steuern, und er muss gleichzeitig immer wieder seine technische Basis, die betriebswirtschaftlichen Systeme harmonisieren, um schnell und zuverlässig finanzielle Informationen zur Steuerung des Unternehmens verfügbar zu haben.
Eine Studie von 2015 nennt unter den Top 10 Maßnahmen im Finanzbereich alleine 4, die auf "Standardisierung", "Integration" und "Analyse" abzielen, als...