3.1 Gegen welche Beamte kann ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden?
Ein Disziplinarverfahren kann gegen alle Beamte des Landes, der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts eingeleitet werden (§ 1 Abs. 1 LDG BW). Dies gilt auch für Ruhestandbeamte (§ 1 Abs. 1 LDG BW) – bei diesen kann sowohl eine Dienstpflichtverletzung geahndet werden, die sie noch während ihrer aktiven Zeit begangen haben als auch eine Dienstpflichtverletzung, die sie erst im Ruhestand begangen haben (etwa eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht), vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 3 LDG BW. Auch Dienstpflichtverletzungen aus früheren Dienstverhältnissen (als Beamter, Richter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit) sind ahndbar, § 1 Abs. 1 Nr. 2 LDG BW.
3.2 Wer ist zuständig für die Einleitung des Disziplinarverfahrens?
Zuständig für die Einleitung des Verfahrens ist die untere Disziplinarbehörde (vgl. § 8 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 LDG BW). Untere Disziplinarbehörde ist grds. der jeweilige Dienstvorgesetzte (vgl. § 4 Nr. 3 LDG BW und § 5 Abs. 1 Nr. 2 LDG BW). Der Dienstvorgesetzte ist (vgl. § 3 Abs. 3 LBG BW):
- für Gemeindebeamte: der Bürgermeister (§ 44 Abs. 4 GemO BW)
- für Kreisbeamte: der Landrat (§ 42 Abs. 4 LKrO BW)
- für Landesbeamte ergibt sich der Dienstvorgesetzte aus der BeamtZuVO BW.
Einzelheiten zum Begriff des "Dienstvorgesetzten" unter Dienstherr.
In der Regel delegiert der Dienstvorgesetzte diese Aufgabe aber behördenintern weiter, indem er (generell oder im Einzelfall) einen Ermittlungsführer bestellt (etwa den Leiter des Rechts- oder des Personalamtes). Der Ermittlungsführer ist auch bei der Durchführung des Disziplinarverfahrens (unverändert) den Weisungen seines Dienstvorgesetzten unterworfen. Der Dienstvorgesetzte muss darauf achten, eine geeignete Person zum Ermittlungsführer zu machen. Notwendig sind vertiefte Kenntnisse des Disziplinarrechts; deshalb sollte nach Möglichkeit ein Jurist gewählt werden. Der Ermittlungsführer darf außerdem nicht befangen sein, darf also nicht in einer solchen Beziehung zum betroffenen Beamten stehen, dass der Verdacht mangelnder Objektivität aufkommen könnte.
Als erstes sollte der Ermittlungsführer prüfen, ob es angezeigt ist, dem verdachtsbetroffenen Beamten vorläufig zu verbieten, seinen Dienst weiter zu versehen. Nach § 39 BeamtStG ist dies "aus zwingenden dienstlichen Gründen" möglich. Voraussetzung ist, dass dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, die Dienstgeschäfte durch den Beamten fortsetzen zu lassen. Gegen dieses Verbot der Führung der Amtsgeschäfte kann der Beamte Widerspruch und Anfechtungsklage erheben. Diese entfalten aufschiebende Wirkung, sofern nicht die Disziplinarbehörde die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat(§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
3.3 Unter welchen Voraussetzungen wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet?
Ein Disziplinarverfahren muss (!) eingeleitet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen (§ 8 Abs. 1 LDG BW). Der Verdacht eines Dienstvergehens muss aber hinreichend konkret sein; bloße Vermutungen reichen nicht aus.
In aller Regel sind daher zunächst "Verwaltungsermittlungen" anzustellen, um zu klären, ob tatsächliche Anhaltspunkte für ein bestimmtes Dienstvergehen durch einen bestimmten Beamten vorliegen. Diese Vorermittlungen können vom späteren Ermittlungsführer durchgeführt werden – häufig werden sie aber zunächst vom Vorgesetzten des verdachtsbetroffenen Beamten "auf eigene Faust" vorgenommen. Dabei ist zu beachten, dass dem betroffenen Beamten bereits jetzt (also noch vor Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens) das Recht zusteht, in einer solchen Anhörung zu den Vorwürfen zu schweigen – und dass er über dieses Recht vorab belehrt werden muss (vgl. § 11 Abs. 4 Satz 3 LDG BW). Wurde der Beamte nicht (oder nicht ordnungsgemäß) belehrt (vgl. zum Inhalt der Belehrung § 11 Abs. 1 LDG BW) und macht er später, bei seiner ersten Anhörung im eröffneten Verfahren, von seinem Schweigerecht Gebrauch, so darf seine frühere Aussage nicht gegen seinen Willen verwertet werden (§ 11 Abs. 4 Sätze 2 und 3 LDG BW).
Ergeben die genannten Vorermittlungen, dass tatsächlich Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen vorliegen, muss das Disziplinarverfahren. eingeleitet werden (§ 8 Abs. 1 LDG BW). Ausnahmen von diesem "Legalitätsgrundsatz" finden sich in § 8 Abs. 2 LDG BW. Danach wird das Verfahren nicht eingeleitet,
- wenn zu erwarten ist, dass eine Disziplinarmaßnahme nach § 34 LDG BW nicht ausgespro...