Lars Leibner, Ewald Dötsch
Tz. 1
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Durch das Ges zur Weiterentwicklung der stlichen Verlustverrechnung bei Kö v 20.12.2016 (BGBl I 2016, 2998) ist mit erstmaliger Wirkung für schädliche Beteiligungserwerbe iSd § 8c KStG nach dem 31.12.2015 ein neuer § 8d KStG eingeführt worden, der neben den unveränderten § 8c KStG tritt.
Tz. 2
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Mit der neuen Norm will der Ges-Geber den vielfach vorgebrachten Bedenken gegen eine überschießende Wirkung des § 8c KStG (dazu s § 8c KStG Tz 31ff) begegnen. Im Anwendungsbereich des § 8c KStG gibt es auch nach Einf der Stille-Reserven-Klausel und der Konzernklausel Fälle, in denen ein Untergang der Verluste bei AE-Wechsel bei einer Kö aus wirtsch Erwägungen nicht gerechtfertigt und aus st-systematischer Sicht nicht erforderlich erscheint. In § 8c KStG bleibt nämlich das sachliche Substrat unberücksichtigt und führt zum Wegfall von Verlustvorträgen, auch in Fällen, in denen es sich nicht um missbräuchliche Gestaltungen handelt (s Frey/Thürmer, GmbHR 2016, 1083, 1084).
Der Tatbestand des § 8c KStG knüpft für den Wegfall von nicht genutzten Verlusten auf der Ebene der Kö an Veränderungen im Bestand der AE sowie an die Durchführung von Kap-Maßnahmen einer Gesellschaft an. Dabei handelt es sich um Vorgänge, die zu einer Veränderung der Gesellschaftsrechte und -pflichten der am Vorgang beteiligten AE führen und daher im Ausgangspunkt für den Handel mit "Verlustmänteln" genutzt werden können.
Bei diesen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen kann nach der Ges-Begr (s BR-Drs 544/16, 7) die Verlustnutzungsbeschränkung des § 8c KStG jedoch als zu restriktiv empfunden werden, solange und soweit die Kontinuität und der Bestand des Geschäftsbetriebes der Kö gesichert sind. Dies gilt vor allem dann, wenn die zugrundeliegenden gesellschaftsrechtl Maßnahmen dazu dienen, einem vorhandenen Geschäftsbetrieb in volkswirtsch sinnvoller Weise neues Kap zuzuführen. Dies greift § 8d KStG auf und erweitert für Kö die Möglichkeiten zur st-unschädlichen Kap-Beschaffung. § 8d KStG eröffnet einer Kö die Option, Verluste unabhängig von einem schädlichen AE-Wechsel nutzen zu können, solange sie den nach § 8d KStG relevanten Geschäftsbetrieb fortführt; dh ein Verlust geht nur dann unter, wenn zu einem AE-Wechsel eine substantielle Veränderung des von der Verlust-Kö getragenen Unternehmens, also der wirtsch Tätigkeit hinzutritt (s Noël, GmbH-StB 2017, 86, 87 und s Röder, DStR 2017, 1737, 1738). Dieser Ansatz erinnert an § 8 Abs 4 KStG aF, wonach eine Fortführung des Geschäftsbetriebs ebenfalls den Verlustuntergang verhindern konnte (s Bergmann/Süß, DStR 2016, 2185; s Kenk, BB 2016, 2844, 2848; und s Suchanek/Rüsch, Ubg 2016, 576). Nach uE zutr Auff von Neumann/Heuser (s GmbHR 2017, 281, 285) spielen bei der Anwendung des § 8d KStG die im Geltungsbereich des § 8 Abs 4 KStG virulenten Fragen, die die Zuführung von überwiegend neuem BV betreffen, keine Rolle.
Tz. 3
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Mit § 8d KStG setzt die B-Reg die Umsetzung der Vereinbarungen des Koalitionsvertrages und ihres "Eckpunktepapiers Wagnis-Kap" v 16.09.2015 (abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Abt_7/2015-Eckpunktepapier-Wagniskapital.pdf) fort. Dort ist vorgesehen, die Attraktivität von Beteiligungsinvestitionen zu steigern und die Rahmenbedingungen für Wagnis-Kap zu verbessern. Insbes sollen unter Einbeziehung der EU-KOM beihilferechtl akzeptierte Lösungen zum Erhalt von Verlustvorträgen beim AE-Wechsel und bei Kap-Erhöhungen bei innovativen Unternehmen gefunden werden.
Durch § 8d KStG sollen stliche Hemmnisse bei der Kap-Beschaffung durch Aufnahme eines weiteren Gesellschafters oder den Wechsel von Gesellschaftern – insbes bei Start-ups – vermieden werden (s Kopp/Braun, NWB 2020, 1548, 1551).
Aus EU-beihilferechtl Gründen ist die neue Verlust-Verrechnungsmöglichkeit aber nicht nur auf Wagnis- und Risiko-Kap begrenzt, sondern gilt generell für alle Kö, egal welchen Alters, welcher Branche oder welcher Struktur (s Dreßler/Rogall, DB 2016, 2375).
Die Frage der Konformität des § 8d KStG mit dem EU-Recht wurde iRd Ges-Gebungsverfahrens geprüft und bejaht (s BT-Drs 18/10495, 12). Obwohl die EU-KOM keinen sog "Comfort letter" ausgestellt hat, sieht der Ges-Geber für das Inkrafttreten des § 8d KStG keinen Vorbehalt in Bezug auf das Europarecht.
Zur Frage, ob § 8d KStG den Voraussetzungen des europäischen Beihilferechts standhält s Förster/von Cölln (DStR 2017, 8, 18); s Dörr/Reisich/Plum (NWB 2017, 573, 580); s Kußmaul/Palm/Licht (GmbHR 2017, 1009); und s Neyer (BB 2017, 415). Vor dem Hintergrund der EuGH-Rspr zur Sanierungsklausel nach § 8c Abs1a KStG (s § 8c KStG Tz 364) spricht uE einiges dafür, dass es sich auch bei § 8d KStG nicht um eine schädliche Beihilfe handelt, da hierdurch auch lediglich der Grundfall des Referenzsystems (= Verlusterhalt/-nutzung) wieder hergestellt wird (glA s Fertig, Ubg 2018, 521, 527; s Knebelsberger/Loose, NWB 2018, 2772, 2782; und s Linn/Pignot, IStR 2018, 552, 560). AA...