1.1 Normzwecke und Wirkung des § 26 KStG im System der Vermeidung von Doppelbesteuerung
1.1.1 § 26 KStG insbesondere als Ausprägung der Anrechnungsmethode und Pendant zu § 34c EStG
Tz. 1
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Die Vorschrift bildet bezogen auf ihren Hauptanwendungsfall, die St-Anrechnung, einen der beiden essenziellen Bestandteile des Systems der Vermeidung von Doppelbesteuerung im Rechtssinne (neben der Freistellung gem DBA, s Tz 6). Konkret verankert sie in sehr engem Zusammenspiel mit § 34c EStG (s Tz 23) und § 50 Abs 3 EStG (s Tz 307) die Anrechnungsmethode für KSt-Subjekte im nationalen StR. Sie vermeidet damit übermäßige Besteuerungen bei grenzüberschreitenden Eink und trägt erheblich zu einem im Wesentlichen wettbewerbsneutralen internationalen Wirtschaftsverkehr bei. Allerdings bewirkt sie dabei eine Anhebung der Gesamt-Besteuerung (unter Einbeziehung der ausl St) auf die Höhe des inl Tarifs, falls dieser zu einer höheren als der ausl St führt (s Tz 7). Dies geschieht entweder im Zusammenspiel mit einem DBA (s Tz 196, 206) oder, falls ein solches nicht greift, als "einseitige" nationale Regelung. Inhaltlich bildet § 26 KStG damit nur iwS eine St-Ermäßigung bzw Tarifregelung, wie zuweilen zu lesen ist. Dennoch handelt es sich im technischen Sinn um eine Regelung zur Höhe der festzusetzenden KSt (Tarifregelung). Das hat verfahrensrechtliche Konsequenzen (s Tz 44) und kann auch materiell-rechtlich von Bedeutung sein (s Urt des BFH v 27.03.1996, BStBl II 1997, 91).
Tz. 2
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Tz 1 gilt letztlich ebenso für den statt Anrechnung wählbaren Abzug der ausl St von der Bemessungsgrundlage (s § 26 Abs 1 S 1 Nr 1 KStG iVm § 34c Abs 2 EStG) sowie für deren Abzug von Amts wegen (s § 26 Abs 1 S 1 Nr 1 KStG iVm § 34c Abs 3 EStG). In beiden Fällen tritt zwar im Ergebnis nur eine Milderung der Doppelbesteuerung ein, falls eine St-Anrechnung entweder wegen zu geringer inl St nicht möglich bzw nicht sinnvoll ist (s § 34c Abs 2 EStG) oder wegen stark andersartiger oder abw Einordnung im ausl Quellenstaat von vornherein nicht gerechtfertigt erscheint (s § 34c Abs 3 EStG). Jedoch stehen auch hinter diesen Regelungen die gleichen Grundintentionen wie bei der St-Anrechnung.
Tz. 3
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Durch den Verweis des Abs 1 S 1 Nr 1 auf § 34c Abs 5 EStG beinhaltet die Vorschrift darüber hinaus eine spezielle Erlass-Regelung sowie die potenziell weitreichende Möglichkeit zu Wirtschaftsförderungsmaßnahmen. Beides ist allerdings in der Praxis nur selten einschlägig und wird zurückhaltend gehandhabt (näher s Tz 338 ff). Der Gesichtspunkt der Doppelbesteuerung spielt in solchen Fällen idR allenfalls eine untergeordnete Rolle.
1.1.2 Überblick über das deutsche System der Vermeidung von Doppelbesteuerung
1.1.2.1 Wirtschaftliche/rechtliche Doppelbesteuerung
Tz. 4
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
Der Hauptzweck des § 26 KStG (s Tz 1) erschließt sich zur Gänze erst, wenn man die Vorschrift im Gesamtzusammenhang mit den in D geltenden Regelungen zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung sieht. Dazu ist zunächst zwischen der rechtlichen Doppelbesteuerung (auch Doppelbesteuerung "im Rechtssinne" bzw "juristische" Doppelbesteuerung) und der wirtsch Doppelbesteuerung zu unterscheiden. Gemeinsam ist beiden, dass derselbe Sachverhalt von mehreren Staaten besteuert wird. Bei der rechtlichen Doppelbesteuerung tritt hinzu, dass diese doppelte Besteuerung auch bei demselben St-Subjekt erfolgt, während man von einer (nur) wirtsch Doppelbesteuerung (schon) dann spricht, wenn derselbe Sachverhalt bei verschiedenen St-Subjekten besteuert wird. Generalisierend ist festzustellen, dass der dt Gesetzgeber die wirtsch Doppelbesteuerung (soweit sie durch ausl St verursacht wird) nur in bestimmten Fällen beseitigen möchte, während dies bei der rechtlichen Doppelbesteuerung flächendeckend angestrebt wird.
Tz. 5
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Dieser unterschiedliche Ansatz liegt daran, dass wirtsch Doppelbesteuerung bei Ausl-Sachverhalten
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entweder durch bewusste "Zwischenschaltung" ausl (idR jur) Personen |
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oder durch abw Eink-Zurechnung durch den ausl Staat |
verursacht wird. In beiden Fällen hat der Gesetzgeber für bestimmte Fallgruppen zu Recht gewisse Vorbehalte bei der Beseitigung der Doppelbesteuerung:
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So sind (idR geringe) St, die bei zwischengeschalteten ausl "Briefkastengesellschaften" anfallen, in D als sog Kosten des Missbrauchs nicht stmindernd zu berücksichtigen, wenn die durch die Briefkastengesellschaft erzielten Eink kraft des § 42 AO der dahinterstehenden Person zuzurechnen sind und soweit die ausl St ohne den Missbrauch nicht angefallen wäre. Diese wirtsch Doppelbesteuerung wird also grds nicht vermieden (s Tz 115). |
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Zwar kein Missbrauch, aber Briefkastenkonstruktionen strukturell nicht unähnlich und wegen der drohenden St-Ausfall- bzw -aufschubwirkung gleichfalls besonders behandelt wird der Fall der "passiven" Zwischengesellschaft iSd § 8 AStG: Bei der dort fingierten sofortigen Ausschüttung des Gewinns der Zwischengesellschaft (Hinzurechnungsbetrag iSd §§ 7 Abs 1, 10 Abs 1 AStG) wird zwar wahlweise ein Abzug oder eine Anrechnung der ausl KSt und der ausl KapSt gewährt (s §§ 10 Abs 1, 12 AStG; s Tz 41). Jedoch werden die weitergehenden nationalen (s § 8b Abs 1 KStG, § 3 Nr 40 EStG) bzw internationalen (DBA-Schachtelprivi... |