Ewald Dötsch, Alexandra Pung
1.1 Einführung
Tz. 1
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Das dt StR geht im Grundsatz davon aus, dass jedes Rechtssubjekt eigenständig für sich stpfl ist. Eine Ausnahme gilt für die Besteuerung sog Organschaften bei der KSt, bei der GewSt und bei der USt. Durch das Rechtsinstitut der Organschaft wird das Einkommen einer TG (OG) dem Einkommen des Gesellschafter-Unternehmens (OT) zugerechnet und bei diesem der Einkommensbesteuerung (KSt oder ESt) unterworfen.
Das Organschaftsrecht verdrängt für die Dauer der Organschaft in Teilbereichen das "normale" KSt-Recht, wobei die Voraussetzungen für die Anwendung des in den §§ 14–19 KStG geregelten Sonderrechts sehr stark an das HR anknüpfen, inbes bei den Regelungen zum GAV.
"Auf den Punkt" gebracht regeln die Organschaftsbestimmungen eine getrennte Eink-Ermittlung für alle dem Organkreis zugehörigen Unternehmen (Ausnahmen s § 15 KStG) iVm mit einer zusammengefassten Besteuerung beim OT.
Während grds jedes gew Unternehmen OT sein kann, können OG nur Kap-Ges sein. OG können auch ausl Kap-Ges mit inl Geschäftsleitung sein, wobei sich der Sitz der OG in einem Mitgliedstaat der EU bzw des EWR befinden muss. Ausl Unternehmen können OT sein, wenn die OG-Beteiligung einer inl BetrSt zuzuordnen ist.
Anders als in anderen Staaten gibt es in D keinen zwangsweisen Einbezug in eine Konzernbesteuerung. Die Organschaft kann stattdessen gewählt werden.
Tz. 2
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Das Organschafts-StR beruht auf Richterrecht. Es hat seinen Ursprung in der Rspr des Preußischen OVG (s Entsch des Preuß OVG v 31.05.1902, OVGSt Bd 10, 391, sowie nachfolgende Entsch aus den Jahren 1904, 1909, 1913 und 1914). Fortentwickelt wurde es vom RFH und anschließend vom BFH.
Nach dieser Rspr wurden mehrere Unternehmen trotz ihrer zivilrechtlichen Selbstständigkeit bei besonders enger Verflechtung stlich als wirtsch Einheit behandelt. Innerhalb der einzelnen St-Arten waren dabei jedoch die theoretische Basis sowie die Zielsetzung unterschiedlich.
Tz. 3
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Ges kodifiziert wurde die Organschaftsbesteuerung erstmals:
- für die USt: im Jahre 1934 (§ 2 Abs 2 Nr 2 UStG, Ges v 16.10.1934, RGBl I 1934, 942),
- für die GewSt: im Jahre 1936 (§ 2 Abs 2 Nr 2 S 2 GewStG, Ges v 01.12.1936, RGBl I 1936, 979),
- für die KSt: im Jahre 1969 (§ 7a KStG idF des Ges zur Änderung des KStG ua Ges v 15.08.1969, BGBl I 1969, 1182).
Tz. 4
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Bei der KSt haben die Sondervorschriften zur Organschaftsbesteuerung inzwischen zwei grundlegende Systemwechsel nahezu unverändert überlebt, nämlich zum Ersten den Systemwechsel vom klassischen System zum kstlichen Vollanrechnungsverfahren zum 01.01.1977 und zum Zweiten den Systemwechsel vom Vollanrechnungs- zum Halb-Eink-Verfahren zum 01.01.2001 (ab 2009: Teil-Eink-Verfahren).
Tz. 5
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In VZ vor 1977 dienten die Organschaftsregelungen (§ 7a KStG aF) in erster Linie der Vermeidung der vollen Doppelbesteuerung des Einkommens bei OG und OT. Nach Einführung des Anrechnungsverfahrens durch das KStG 1977 (Ges v 31.08.1976, BGBl I 1976, 2597) hatte diese Wirkung an Bedeutung verloren. Als Vorteile blieben in erster Linie die mögliche Verrechnung von Verlusten der OG mit Gewinnen des OT und die mögliche Weiterleitung stfreier oder mit ermäßigter KSt belasteter Einkommensteile an den OT. Nach Einführung des Halb-/Teil-Eink-Verfahrens haben die Organschaftsregelungen insbes wegen der möglichen Verrechnung von Gewinnen der OG mit Verlusten des OT bzw umgekehrt wieder an Bedeutung gewonnen (hierzu s Tz 53). Die Zahl der Organkreise in D ist permanent im Steigen begriffen.
Wegen der stlichen Vor- und Nachteile der kstlichen Organschaft im Einzelnen s Tz 50ff.
Wegen der weiteren Rechtsentwicklung bei der kstlichen Organschaft s Tz 13ff.
Tz. 6
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Bei der GewSt wurden durch das UntStFG v 20.12.2001 (BGBl I 2002, 35) die Organschaftsvoraussetzungen an die kstlichen Regelungen angeglichen, so dass sich die gewstliche von der kstlichen Organschaft wohl nur noch dadurch unterscheidet, dass für die GewSt die Sonderregelung des § 16 KStG (Besteuerung eines eigenen Einkommens bei der OG iHv 20/17 der geleisteten Az) nicht gilt.
Nach § 2 Abs 2 S 2 GewStG gilt die OG bei Vorliegen der Organschaftsvoraussetzungen als BetrSt des OT, dh die OG ist im GewStR kein eigenes StSubjekt. Die OG und der OT bleiben aber selbstständige Gew, deren Gewerbeerträge getrennt nach allg Grundsätzen des § 7 und der §§ 8 und 9 GewStG ermittelt werden. Erst auf einer zweiten Stufe kommt es zu einer Zusammenfassung des Gewerbeertrags der OG mit dem Gewerbeertrag des OT (gebrochene Einheitstheorie). Aus der Zusammenfassung der getrennt ermittelten Gewerbeerträge dürfen sich weder doppelte gewstliche Belastungen noch ungerechtfertigte Entlastungen ergeben, die mit der BetrSt-Fiktion nicht vereinbar sind (hierzu zB s Urt des BFH v 30.10.2014, BFH/NV 2015, 227). Infolgedessen kommt es für Zinsen aus Verbindlichkeiten zwischen organschaftlich verbundenen Unternehmen nicht zu einer Hi...