1.1 Steuerlicher Sonderstatus einbringungsgeborener Anteile gem § 21 UmwStG
1.1.1 Steuerverstrickung nach § 21 UmwStG zur Sicherstellung der Erfassung stiller Reserven
Tz. 1
Stand: EL 101 – ET: 03/2021
Die Regelungen des § 21 UmwStG gehören zum achten Teil des UmwStG (Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder MU-Anteils in eine Kap-Ges gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen) und ergänzen das System der St-Vergünstigung von Einbringungsvorgängen nach § 20 Abs 1 UmwStG und § 23 UmwStG in Bezug auf die Besteuerung des AE. "Die Vorschriften des UmwStG wollen die Erfassung der stillen Reserven des in die Kap-Ges eingebrachten BV sichern" (so s Urt des BFH v 10.11.1992, BStBl II 1994, 222 unter 2.; ebenso s Urt des BFH v 15.04.2015, BStBl II 2017, 136 unter Rn 20 und 21). In dieser Eigenschaft ist § 21 UmwStG untrennbar in die (geschlossene) Methodik der Möglichkeiten der st-neutralen Umstrukturierungen nach den §§ 20 und 23 UmwStG eingegliedert. Erst die Bestimmungen in § 21 UmwStG stellen sicher, dass die Nichtversteuerung stiller Reserven in den von den §§ 20 Abs 1 und 23 UmwStG geregelten Einbringungsfällen als Besteuerungsaufschub und nicht als Besteuerungsverzicht wirkt (zur Systematik s Vor § 20 UmwStG [vor SEStEG] Tz 6ff). Denn die stillen Reserven des Einbringungsgegenstands setzen sich in der Pers des Einbringenden (= AE) an den aus der Einbringung erworbenen Anteilen fort. Durch die von § 21 UmwStG bewirkte St-Verstrickung der Anteile wird erreicht, dass in den Fällen, in denen der Einbringende sich durch Veräußerung von seiner Beteiligung trennt (oder die stillen Reserven in anderer Weise aufdeckt), die aufgeschobene Besteuerung der stillen Reserven in dem eingebrachten Vermögen nachgeholt wird und somit die im Sacheinlagegegenstand enthaltene St-Substanz (einmal) der Besteuerung unterworfen werden. Nur unter additiver Betrachtung der (unabhängigen) stlichen Zurechnungssubjekte "Einbringender und späterer AE der Beteiligung an der Übernehmerin" und "aufnehmende Kap-Ges" ergibt sich im Fall der Einbringung zum Bw (oder Zwischenwert) eine Verdoppelung der stillen Reserven des Sacheinlagegegenstands. Diese Verdoppelung führt allerdings grds nicht zu einer Mehrfachbesteuerung desselben Besteuerungssubstrats (dazu s Vor § 20 UmwStG [vor SEStEG] Tz 14ff); insbes weil im geltenden Recht die Weiterausschüttung von Veräußerungserlösen der Übernehmerin an den AE der StFreiheit gem § 8b Abs 1 KStG bzw dem Teil-Eink-Verfahren unterliegt (s Urt des BFH v 15.04.2015, BStBl II 2017, 136 unter Rn 19). Daher verstößt das Konzept der st-begünstigten Einbringung mit Entstehung von nach § 21 UmwStG st-verstrickten Anteilen weder gegen das Leistungsfähigkeits- oder Subjektsteuerprinzip noch sind andere Gründe für eine Verfassungswidrigkeit ersichtlich (s Urt des BFH v 15.04.2015, BStBl II 2017, 136 unter Rn 17; dies gilt somit auch für die Beibehaltung der Behandlung alt-einbringungsgeborener Anteile nach Systemänderung im UmwStG idF des SEStEG, s Tz 1a).
Nach der Systematik des § 21 UmwStG wird im Hinblick auf die Sicherstellung der Besteuerung stiller Reserven nicht jede Übertragung der stverhafteten Anteile auf ein anderes St-Subjekt als Realisierungsakt bestimmt. Nur die gewinnrealisierende entgeltliche Übertragung (Veräußerung) wird erfasst. Ein Besteuerungsaufschub wird aber so lange gewährt, wie die stliche Erfassung der stillen Reserven in Gestalt der einbringungsgeborenen Anteile gesichert ist. Zu diesem Zweck enthält § 21 Abs 2 S 1 UmwStG bestimmte Tatbestände, die – neben der Veräußerung der Anteile – zur Beendigung der "St-Stundung" führen, weil der stliche Zugriff beim AE verloren geht und hier die letztmalige Entstrickungsmöglichkeit gegeben ist (Ausnahme: Aufdeckung stiller Reserven auf jederzeitigen Antrag des AE gem § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG). Die unentgeltliche Übertragung der einbringungsgeborenen Anteile zwingt jedoch nicht zur Aufdeckung stiller Reserven, wenn in der Pers des Rechtsnachfolgers die St-Verhaftung der Anteile fortgeführt wird (s § 21 Abs 1 S 1 UmwStG; s Tz 28ff). Der Rechtsnachfolger übernimmt die stliche Qualität der Anteile und die in den Anteilen "gespeicherten" stillen Reserven.
Das Konzept der einbringungsgeborenen Anteile als zeitlich unbegrenzte Sicherstellung der Erfassung stiller Reserven des eingebrachten BV auf der Besteuerungsebene des Einbringenden ist mit Ablösung des Anrechnungsverfahrens durch das Halb-Eink-Verfahren (ab 2002) beim Systemwechsel konsequent weiterverfolgt worden. Hier sind bei den ErtrSt nämlich besondere Vorschriften für die Gewinne aus einbringungsgeborenen Anteilen eingeführt worden. Sinn und Zweck dieser Sonderregelungen für Anteile iSd § 21 UmwStG (s § 3 Nr 40 S 3f EStG und § 8b Abs 4 KStG aF) ist zu verhindern, dass das System der st-neutralen Sacheinlage gem § 20 Abs 1 UmwStG und der Entstehung von einbringungsgeborenen Anteilen dazu verwendet werden könnte, an sich stpfl Betriebsveräußerungsgewinne in die Halb-Eink-Besteuerung bzw Freistellung von der Besteuerung zu transferieren (s § 8b KStG Tz 304ff; typisierende und verfassungskonforme Missbrauchsverhinderungsvorschrift, s Urt des BFH v 15.04.2015, BStBl II...