Ewald Dötsch, Alexandra Pung
Tz. 931
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Das KStG regelt in § 14 Abs 3 und 4 sowie in § 27 Abs 6 KStG unterschiedliche Rechtsfolgen für eine in organschaftlicher Zeit oder in vororganschaftlicher Zeit verursachte Mehr- bzw Minderabführung. Die Anwendung dieser Vorschriften wird nicht nur durch die Frage erschwert, ob die in § 14 Abs 4 S 6 KStG enthaltene Legaldefinition der Mehr-/Minderabführung auch für die Anwendung des § 14 Abs 3 und des § 27 Abs 6 KStG gilt (s Tz 920). Hinzu kommt, dass § 14 Abs 4 S 6 KStG nicht regelt, was unter "Verursachung" zu verstehen ist und was der "Zeitpunkt der Verursachung" ist. Dies führt zu Unsicherheiten, nimmt doch das Ges die Abgrenzung zwischen den Abs 3 und 4 des § 14 KStG ausschl nach diesem Kriterium vor.
Tz. 932
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
UE ist in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das Ereignis eintritt, auf dem der Unterschied zwischen der hr-lichen Gewinnabführung und der Vermögensmehrung in der St-Bil beruht. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Mehr-/Minderabführung in vororganschaftlicher Zeit verursacht ist, ist zwischen der unmittelbaren und der letzlich zugrunde liegenden Ursache zu unterscheiden ist (so bereits s Urt des BFH v 18.12.2002, BStBl II 2005, 49; weiter s Beschl des BFH v 06.06.2013, BStBl II 2014, 398 Rn 33, nachfolgend s Beschl des BVerfG v 14.12.2022, BGBl I 2023 Nr 93 und DStR 2023, 683; ebenso s Beschl des BFH v 27.11.2013, BStBl II 2014, 651 Rn 33, nachfolgend s Beschl des BVerfG v 14.12.2022, BGBl I 2023 Nr 93 und DStR 2023, 683). Diese Grundsätze hat der BFH in seinem Urt v 21.02.2022 (DB 2022, 1870) bestätigt. Hierzu auch s Tz 977. Lt Neumann (Ubg 2010, 673, 678) muss die "historische Veranlassung", dh der urspr Grund für die spätere Mehr-/Minderabführung, erforscht werden, indem jeder in organschaftlicher Zeit zu einer Mehr-/Minderabführung führende Geschäftsvorfall bis zu dem Geschäftsvorfall zurückverfolgt wird, von dem aus sich die Kausalkette bis hin in die Organschaftszeit verfolgen lässt (s jedoch Tz 935).
Tz. 933
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Wenn es auf die unmittelbare Ursache ankäme, könnte eine Mehr-/Minderabführung niemals in vororganschaftlicher Zeit verursacht sein, da diese stets in dem Jahr der Gewinnabführung selbst liegt (bei einer Mehrabführung ist der stliche Aufwand höher als der Aufwand lt H-Bil).
Da dem Ges-Geber nicht unterstellt werden kann, dass er unsinnige, weil leer laufende, Regelungen schafft, ist für die Abgrenzung zwischen den Abs 3 und 4 des § 14 KStG nicht auf die unmittelbare, sondern auf die letztlich zugrunde liegende Ursache abzustellen. Das ist die in vororganschaftlicher Zeit erfolgte unterschiedliche Bilanzierung in H-Bil und St-Bil. Wegen der Bestimmung des Zeitpunkts der Verursachung ist deshalb auf den Zeitpunkt der ersten Verbuchung des jeweiligen Geschäftsvorfalls abzustellen. Der Geschäftsvorfall muss vor Wirksamwerden des Ergebnisabführungsvertrags zu bilanzieren gewesen sein (s Urt des BFH v 21.02.2022, DB 2022, 1870 Rn 18). Ebenso s Urt des FG HH v 30.06.2022 (EFG 2022, 1628, Rev-Az: I R 27/22).
Tz. 934
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Wie bereits ausgeführt, ist zwischen der direkten Ursache einer Mehr- bzw Minderabführung, die immer in der organschaftlichen Zeit liegt, und der eigentlichen, tiefer liegenden Ursache zu unterscheiden. Wenn diese letztlich zugrunde liegende Ursache in vororganschaftlicher Zeit liegt und sie mittelbar der Grund für die Mehr- bzw Minderabführung in organschaftlicher Zeit ist, ist § 14 Abs 3 KStG anzuwenden. Wenn zB eine stlich nicht anzuerkennende Drohverlustrückstellung in der H-Bil eines vororganschaftlichen Jahres gebildet wird, der betr Verlust stlich aber erst in organschaftlicher Zeit eintritt, ist die während der Laufzeit des GAV sich ergebende Mehrabführung eine solche iSd § 14 Abs 3 KStG. Erfolgen jedoch sowohl die Einstellung der Drohverlustrückstellung in der H-Bil als auch die stliche Berücksichtigung des Verlusts zwar in unterschiedlichen Jahren, aber beide während der organschaftlichen Zeit, ergibt sich in dem Jahr der hr-lichen Passivierung eine Minder- und im späteren Jahr eine Mehrabführung; es handelt sich um einen Anwendungsfall des § 14 Abs 4 KStG.
Tz. 935
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Prokofiew (Ubg 2021, 438) entwickelt einen eigenen Erklärungsansatz für die Anwendung des § 14 Abs 3 KStG, kommt jedoch für den Regelfall zum gleichen Ergebnis wie von der Fin-Verw und in der Lit vertreten.
Für die Anwendung des § 14 Abs 3 KStG kommt es danach nicht darauf an, ob die eigentliche Ursache einer Minder-/Mehrabführung in der vororganschaftlichen Zeit liegt, dh nach Auff von Prokofiew ist nicht auf die wirtsch Verursachung (Geschäftsvorfall) abzustellen, sondern nur auf die abstrakte Abweichung zwischen Gewinnabführung und BV-Mehrung lt St-Bil. Maßgeblich ist danach nur, ob es zu Beginn der Organschaft eine Differenz zwischen H-Bil und St-Bil bei der OG gibt, die nachträglich wegfällt.
Nach der These von Prokofiew geht es bei den Minder-- un...