1.3.1 Spezialgesetzliche Anwendung des § 21 UmwStG im Fall der Realisierung der stillen Reserven der Geschäftsanteile
Tz. 3
Stand: EL 77 – ET: 04/2013
§ 21 Abs 1 S 1 UmwStG bestimmt als Gewinn iSd § 16 EStG den Differenzbetrag zwischen dem Veräußerungspreis für die einbringungsgeborenen Anteile abz der Veräußerungskosten und den AK. Die Regelungen des § 21 UmwStG betreffen nur die Substanz in den Anteilen, dh die Erfassung der stillen Reserven. Besteuert werden die stillen Reserven der Anteile im Zeitpunkt der Veräußerung bzw der Vorgänge nach § 21 Abs 2 S 1 UmwStG, die anstelle einer Veräußerung treten. Hieraus resultiert eine Verhaftung der stillen Reserven, die beim Erwerb der Anteile infolge einer Sacheinlage im eingebrachten Vermögen vorhanden waren, zuz aller Wertveränderungen bis zum Veräußerungszeitpunkt (bzw den Eintritt der in § 21 Abs 2 S 1 UmwStG genannten Ersatzrealisationstatbestände). Der Zeitraum zwischen Erwerb der Anteile und der Realisierung der stillen Reserven in den Anteilen ist unbegrenzt. Eine Enthaftung von einbringungsgeborenen Anteilen durch (bloßen) Zeitablauf sieht § 21 UmwStG nicht vor (dh keine Behaltens-, Verbleibens- oder Sperrfristen). Hieran hat auch die Novellierung des UmwStG durch das SEStEG nichts geändert (s § 27 Abs 3 Nr 3 S 1 UmwStG idF des SEStEG; s Vor §§ 20–23 UmwStG Tz 5).
Tz. 3a
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Die Aufzählung derjenigen Vorgänge, die zur Aufdeckung der stillen Reserven in den einbringungsgeborenen Anteilen führen (Realisationsakte), ist in § 21 Abs 1 und 2 UmwStG abschl geregelt (s Urt des BFH v 12.10.2011, BStBl II 2012, 445 und v 29.02.2012, BFH/NV 2012, 1340 unter II. 2. Buchst c Doppelbuchst aa). Wegen des enumerativen Charakters der in § 21 UmwStG aufgezählten Realisationsakte ist deshalb die Schaffung dort nicht aufgeführter, anderer oder gänzlich neuer Realisationstatbestände im Wege der Analogie bzw aufgrund allgemeiner Erwägungen nicht zulässig. Hieraus folgt:
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die Bestimmungen des § 21 UmwStG gehen in den Fällen der dort genannten Realisationsakte den allgemeinen (Gewinnrealisierungs-)Vorschriften für derartige Sachverhalte als speziellere Norm vor, soweit der Regelungsbereich des § 21 UmwStG geht (zB s Tz 63, 183ff, 210); |
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ein Realisationsakt ist unter den in § 21 UmwStG bestimmten Tatbestandsmerkmalen zwingend anzunehmen, auch wenn es nach allgemeinen Eink-Ermittlungsvorschriften für einen solchen Sachverhalt gar keine Gewinnrealisierungsvorschrift gibt (Antragsversteuerung gem § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG); |
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sieht § 21 UmwStG für einen Vorgang keine Realisierung in Bezug auf die stillen Reserven der Anteile vor, kann nicht ein Realisierungsakt unter Anwendung der allgemeinen Eink-Ermittlungsvorschriften greifen (zB Entnahme einbringungsgeborener Anteile aus einem BV, s Tz 90). |
1.3.2 Allgemeine Grundsätze für die "laufende" Besteuerung der Anteile (Betriebsvermögenszugehörigkeit, Ausschüttungen, Erbschaftsteuer)
Tz. 4
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Die Anordnung, dass gem § 21 Abs 1 S 1 UmwStG der Gewinn aus einer Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile als VG nach § 16 EStG zu behandeln ist, stellt eine auf den Veräußerungsfall beschr ges Fiktion dar. Geht es nicht um die Substanz der Anteile und die Sicherstellung der Erfassung deren stiller Reserven, besitzen die einbringungsgeborenen Anteile keinen "Sonderstatus". Die Beteiligung ist grds wie jede andere Beteiligung an einer Kap-Ges nach den entspr allgemeinen Regelungen zu behandeln. Das UmwStG jedenfalls enthält insoweit keine abweichenden und vorrangigen Bestimmungen. Dies bedeutet im Einzelnen:
Tz. 5
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Zugehörigkeit der Anteile zum BV oder PV: Einbringungsgeborene Anteile iSd § 21 UmwStG gehören nicht schon deshalb zum BV einer natürlichen Person iSv § 4 Abs 1 und § 5 EStG, weil der Gewinn aus ihrer Veräußerung stpfl ist und zu den Eink aus Gew gehört. Die Fiktion in § 21 Abs 1 S 1 UmwStG, dass der Gewinn aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile als VG iSd § 16 EStG gilt, hat nur den Sinn, die stillen Reserven zu sichern und den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an den Begünstigungen der §§ 34 Abs 1 und 16 Abs 4 EStG teilnehmen zu lassen. Der Begriff der "St-Verstrickung" gem § 21 UmwStG ist folglich nicht mit dem Begriff des "BV" deckungsgleich. Ob die Anteile BV oder PV sind, und ob demgemäß Vorschriften anzuwenden sind, die eine BV-Eigenschaft voraussetzen (zB § 6b EStG im Fall der Veräußerung der Anteile), richtet sich nur nach den allgemeinen für die Unterscheidung zwischen BV und PV maßgeblichen estlichen Grundsätzen, wie insbes auch die Vorschrift des § 21 Abs 4 UmwStG beweist, welche die Einlage von Anteilen iSd § 21 UmwStG aus dem PV in das BV des AE regelt (s Urt des BFH v 19.03.1981, BStBl II 1981, 527 unter 2. b; v 29.04.1982, BStBl II 1982, 738 unter 1 b und v 13.01.2005, BStBl II 2005, 360 unter II. 1. a). Daher stellt das bloße Halten und Verwalten von einbringungsgeborenen Anteilen an Kap-Ges keine gew Betätigung iSd § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG dar (s Urt des BFH v 28.04.1988, BStBl II 1988, 829 unter 1. b). Notwendiges BV ist gegeben, wenn die einbringungsgeborenen Anteile zum Gesellschaftsvermögen einer Kö oder einer mitunternehmerischen Pers-Ges gehören oder bei einer natürlichen... |