1.6.1 Verhältnis von Steuerrecht und Zivilrecht
Tz. 17
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Das allg Verhältnis zwischen ZivR und StR war in der Lit lange umstritten. So ist nach Tipke/Lang (StR, 24. Aufl, 6ff) das ZivR zwar das rechtliche Instrument für den Rechtsverkehr, an dessen wirtsch Ergebnisse das StR anknüpft. Gleichwohl sei es aber "irreführend, das ZivR als Mutterrecht des StR zu bezeichnen oder von einem Primat des ZivR über das StR zu sprechen". AA s Crezelius (St-Rechtliche Rechtsanwendung und allg Rechtsordnung, Herne/Berlin 1983, 178ff), der das StR als Recht ohne eigenen Rechtswert und Annexrecht des ZivR bezeichnet. Inzwischen hat sich aber in der Lit die Meinung durchgesetzt, dass ZivR und StR gleichrangig dem Verfassungsrecht untergeordnet sind, woraus folgt, dass zivilrechtliche Vorgaben nicht zwingend und in jedem Fall eine entspr stliche Konsequenz nach sich ziehen (vgl zB Kalbfleisch in B/W, KStG, Rn 74 zu § 1). Zwar hat die Rspr des BFH wiederholt die Bedeutung der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung für die stliche Beurteilung betont (s Urt des BFH v 18.03.1966, BStBl III 1966; 197 sowie Beschl des GrS des BFH v 25.06.1984, BStBl II 1984, 751). Die Bedeutung der zivilrechtlichen Gestaltung geht jedoch in diesen Urt letztlich nicht über die vom BVerfG, s Urt des BVerfG v 24.01.1962 (BVerfGE 13, 331) dargelegte Indizwirkung für das StR (dazu etwas abschwächend s Urt des BVerfG v 25.07.1968, BVerfGE 24, 112ff und v 11.11.1964 BVerfGE 18, 224ff) hinaus, die auch in der Entsch (s Urt des BVerfG v 26.03.1969, BVerfGE 25, 309ff) bestätigt wurde. Tenor dieser Urt ist, dass der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung vorgeht. Ungeachtet dessen erfolgt die Zuordnung jur Pers iSd § 1 in enger Anlehnung an die zivilrechtlichen Regelungen. Das StR definiert insoweit beispielsweise keine eigenständige Kap-Ges oder Gen (s dazu Tz 18). Eine Durchbrechung erfährt dies durch das Optionsmodell nach § 1a KStG, das für Pers-Handelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften sowie ab dem 01.01.2024 auch für die eigetragene GbR eine – rein für stliche Zwecke – fiktive Behandlung als Kap-Ges ermöglicht (s § 1a KStG Tz 1ff).
Die unbeschr StPflicht ist grds allein nach dt StR zu bestimmen (s Urt des BFH v 03.02.1988, BStBl II 1988, 588).
1.6.2 Zivilrecht und Körperschaftsteuer
Tz. 18
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Entsch für die Zuordnung eines inl Rechtsgebildes zu den einzelnen Gr des § 1 Abs 1 Nrn 1–6 KStG ist somit zunächst grds seine Rechtsform. So ist eine Kap-Ges iSd § 1 Abs 1 Nr 1 KStG nur ein solches Gebilde, das die Rechtsform einer AG, KGaA oder GmbH hat (s Beschl des GrS des BFH v 25.06.1984, BStBl II 1984, 751 unter Hinw ua auf den Beschl des BFH v 10.11.1977, BStBl II 1978, 15; Urt des BFH v 02.12.1970, BStBl II 1971, 187; Urt des RFH v 21.03.1944, RStBl 1944, 396; Urt des BFH v 04.11.1958, BStBl III 1959, 50; v 16.09.1958, BStBl III 1958, 462; v 14.03.1961, BStBl III 1961, 363). Die verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs 1 Nr 1 KStG gebietet es, die Ordnungsstruktur des ZivR zu wahren (s Urt des BFH v 20.10.1976, BStBl II 1977, 96). Fehlt einer Gesellschaft die zivilrechtliche Rechtsform einer Kap-Ges, dann besteht keine KSt-Pflicht, wenn sie sich nicht – wie etwa bei Pers-Vereinigungen iSd § 1 Abs 1 Nr 5 iVm § 3 KStG – aus anderen Gründen ergibt (s Beschl des GrS des BFH v 25.06.1984, BStBl II 1984, 759 sowie v 23.06.1992, BStBl II 1992, 972).
Zu den Besonderheiten in diesem Zusammenhang bei Kap-Ges aus dem Bereich der EU und bei sonstigen ausl Gesellschaften aber s Tz 68ff. Zur fiktiven Behandlung als Kap-Ges entspr dem Optionsmodell nach § 1a KStG, s Tz 33a ff.
Tz. 19
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Die KSt-Subjektfähigkeit einer GmbH beginnt stets ab ihrer zivilrechtlich wirksamen Gründung und wirkt solange fort, wie die GmbH zivilrechtlich besteht (s Urt des BFH v 13.12.1989, BStBl II 1990, 468). Zur sog Vorgesellschaft aber s Tz 108ff. Eine ausgeprägte kstliche Organisation macht eine KG noch nicht zur Kö (s Urt des BFH v 04.11.1958, BStBl III 1959, 50). Daher hat der BFH, s Beschl des BFH v 25.06.1984 (aaO) auch die KStPflicht einer kapitalistisch geprägten GmbH & Co KG verneint. Dem ggü sind aber Einpers-Kap-Ges sowie Familien-Kap-Ges – soweit sie die zivilrechtlichen Voraussetzungen erfüllen – KSt-Subjekte iSd § 1 Abs 1 Nr 1 KStG (ebenso hierzu s Tz 60, 61 sowie zu Besonderheiten bei ausl Kap-Ges s Tz 68ff).