Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
1.7.1 § 12 Abs 1 KStG
1.7.1.1 KStG
1.7.1.1.1 Beginn und Erlöschen einer Steuerbefreiung (insbesondere § 5 KStG)
Tz. 61
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Die Gewährung einer StBefreiung, zB nach § 5 KStG oder § 16 REITG, stellt keinen Anwendungsfall des § 12 Abs 1 KStG dar. Die Folgen bei Beginn oder Erlöschen einer StBefreiung ergeben sich daher aus § 13 KStG. Im Umkehrfall stellt dann die Beendigung einer StBefreiung, zB nach § 18 REITG, auch keine Begr des dt Besteuerungsrechts und demgem keine Verstrickung iSd § 4 Abs 1 S 7 EStG iVm § 8 Abs 1 S 1 KStG dar.
1.7.1.1.2 Abgrenzung verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage(§ 8 Abs 3 S 2 und 3 KStG)
Tz. 62
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Innerhalb der Vorschriften des KStG ist die Entstrickung nach § 12 Abs 1 KStG insbes ggü der vGA nach § 8 Abs 3 S 2 KStG sowie der verdeckten Einlage nach § 8 Abs 3 S 3 KStG abzugrenzen.
Ausweislich der Ges-Begr werden ausschl "betrieblich veranlasste Vorgänge" von der Regelung erfasst. Durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vorgänge sollen nicht erfasst sein (s BT-Drs 16/2710, 30f). Demzufolge besteht zwischen § 12 Abs 1 KStG und der vGA nach § 8 Abs 3 S 2 KStG sowie der verdeckten Einlage nach § 8 Abs 3 S 3 KStG keine Konkurrenz, da sich der Anwendungsbereich dieser Vorschriften nicht überschneidet (glA s zB Pfirrmann, in Blümich, § 12 KStG Rn 23 mwNachw; für einen weitergehenden Anwendungsbereich des § 12 Abs 1 s IntGA Tz 66).
Tz. 63
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
In den Fällen der verdeckten Einlage muss es dabei uE unbeachtlich sein, ob es sich um einen einlagefähigen oder einen nicht einlagefähigen Nutzungsvorteil handelt, da andernfalls die Wirkung des § 1 AStG auf das Inl ausgeweitet würde.
Beispiel:
Die X-AG mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Berlin ist alleinige AE der Y-AG mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Dresden. Die X-AG gewährt der Y-AG ein zinsloses Darlehen.
Lösung:
Die zinslose FK-Gewährung ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und unterfällt damit nicht dem Anwendungsbereich des § 12 Abs 1 KStG. Mangels Geschäftsbeziehung zum Ausl ist § 1 AStG nicht anwendbar.
1.7.1.1.3 Liquidation (§ 11 KStG)
Tz. 64
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
§ 11 KStG ist lex specialis zu § 12 Abs 1 KStG. Beide Vorschriften haben daher an sich keine überschneidenden Regelungsbereiche (s Pfirrmann, in Blümich, § 12 KStG Rn 23 mwNachw). Die Auflösung einer unbeschr stpfl Kö iSd § 1 Abs 1 Nr 1 bis 3 ohne Abwicklung stellt für sich genommen weder einen Anwendungsfall des § 11 KStG noch des § 12 Abs 1 KStG dar.
1.7.1.1.4 Körperschaftsteuer-Erhöhung (§ 38 KStG)
Tz. 65
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Verlegt eine unbeschr stpfl Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse ihren Sitz oder Ort der Geschäftsleitung ins Ausl und scheidet sie dadurch aus der unbeschr StPflicht im Inl aus, werden nach § 38 Abs 9 S 1 KStG alle entstandenen und festgesetzten KSt-Erhöhungsbeträge an dem 30.09. des Kj fällig, der auf den Zeitpunkt des Wegzugs folgt. Dies gilt nicht, wenn die Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse nach dem Wegzug weiterhin in einem Mitgliedstaat der EU unbeschr stpfl ist.
Für die Fälle, in denen zB aufgrund eines Antrags nach § 34 Abs 16 KStG die §§ 38 und 40 KStG idF des SEStEG weiterhin anzuwenden sind, gilt § 40 Abs 5 und Abs 6 KStG (s § 40 KStG Tz 54ff).
1.7.1.2 EStG
1.7.1.2.1 Nachversteuerung von Verlusten (§ 2a EStG)
Tz. 66
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Nach § 2a Abs 4 iVm § 52 Abs 3 S 8 EStG führt die Beendigung der unbeschr KSt-Pflicht infolge der Verlegung des Sitzes oder des Orts der Geschäftsleitung sowie die Beendigung der abkommensrechtlichen Ansässigkeit im Inl zur Nachversteuerung eines noch nicht hinzugerechneten Verlustabzugsbetrags iSd § 2a Abs 3 S 5 EStG. Gleiches gilt für Umwandlungs- und Einbringungssachverhalte iSd § 2a Abs 4 iVm § 52 Abs 3 S 5ff EStG sowie § 2 Abs 2 iVm § 8 Abs 5 S 2 AuslInvG.
1.7.1.2.2 Verhältnis zur Entstrickung nach § 4 Abs 1 S 3 EStG sowie zur Entnahme nach § 4 Abs 1 S 2 EStG
Tz. 67
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
§ 12 Abs 1 KStG stellt die kstliche Spezialregelung zum estlichen Entstrickungstatbestand dar; sein Wortlaut stimmt weitgehend mit § 4 Abs 1 S 3 EStG überein.
Infolge der systematischen Einordnung der Entstrickungsregelung von § 12 Abs 1 KStG und § 4 Abs 1 S 3 EStG als Gewinnermittlungsvorschriften auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung (s Tz 29) sind – zumindest für den Bereich der betrieblichen Einkommensermittlung – die Rechtsfolgen beider Vorschriften deckungsgleich, so dass § 12 Abs 1 KStG als lex-specialis-Norm an sich als überflüssig angesehen werden könnte (s Wassermeyer, DB 2008, 430, 431); so war auch im Reg-Entw eines Dritten St-Reformgesetzes (s BT-Drs 7/1470) keine kstliche Spezialregelung vorgesehen.
Tz. 68
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
§ 12 Abs 1 KStG stellt im Unterschied zu § 4 Abs 1 S 3 EStG jedoch die weitergehende Vorschrift dar. Er gilt subjektbezogen und findet daher im Grundsatz auch bei nicht betrieblichen Eink Anwendung, während § 4 Abs 1 S 3 EStG – entspr der Definition des BV-Vergleichs in § 4 Abs 1 S 1 EStG – nur betriebsbezogen und damit für die im jeweiligen BV befindlichen WG gelten kann (s Tz 30).
Bedeutung dürfte dies im Wes – aufgrund des durch das URefG 2008 eingeführten § 20 Abs 2 EStG – für nicht wes Beteiligungen bei unbeschr stpfl Kö iSd § 1 Abs 1 Nr 4 und 5 KStG haben; zu wes Beteiligungen iSd § 17 EStG s Tz 91ff. Zu beachten ist, dass zB § 20 Abs 2 Nr 1 EStG gem § 52a Abs 10 S 1 EStG erst bei nach dem 31.12.2008 erworbenen ...