Dr. Rolf Möhlenbrock, Lisa Maiworm
2.3.1 Allgemeines
Tz. 16
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
§ 4h Abs 2 S 1 EStG regelt drei Ausnahmen von der in § 4h Abs 1 EStG enthaltenen Zinsschrankenregelung:
- Nach Buchst a greift das Abzugsverbot nicht, wenn die Nettozinsaufwendungen des Betriebs unter der Freigrenze von 3 Mio EUR liegen.
- Nach Buchst b greift das Abzugsverbot nicht, wenn der Stpfl keiner Pers iSd § 1 Abs 2 AStG (ggf iVm § 1 Abs 1 S 2 AStG) nahesteht oder umgekehrt, und über keine BetrSt außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet (sog Stand-alone-Klausel); Zusatzvoraussetzungen für Kö gelten nicht.
- Nach Buchst c greift bei konzernzugehörigen Betrieben das Abzugsverbot nicht, wenn ihre EK-Quote nicht unter der des Konzerns liegt (sog EK-Escape). Für Kö gelten Zusatzvoraussetzungen gem § 8a Abs 3 KStG.
Ist einer der Ausnahmetatbestände erfüllt, kann der Stpfl die gesamten Zinsaufwendungen abziehen.
Zur Gewährleistung des Mindeststandards nach der ATAD waren Anpassungen erforderlich, da die konkrete Ausgestaltung der Ausnahmeregelungen unmittelbare Auswirkung auf den sachlichen Anwendungsbereich hat.
2.3.2 Freigrenze (§ 4h Abs 2 S 1 Buchst a EStG)
Tz. 17
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Die Zinsschrankenregelung ist weiterhin nicht anzuwenden, wenn die Nettozinsaufwendungen des Betriebs weniger als 3 Mio EUR betragen (s § 4h Abs 2 S 1 Buchst a EStG nF).
Die Freigrenze und ihre Höhe stehen in Einklang mit der ATAD, die in Art 4 Abs 3 Unter-Abs 1 eine Ausnahme von der Abzugsbeschränkung für Nettozinsaufwendungen von bis zu 3 Mio EUR akzeptiert. Nach dem Wortlaut in Erwägungsgrund 8 sieht die ATAD eine "Safe Harbour"-Regel vor, nach der Nettozinsaufwendungen stets bis zu 3 Mio EUR abzb sind. Mit der uE zulässigen Beibehaltung einer Freigrenze geht die dt Zinsschranke über die Mindestvorgaben der ATAD hinaus. Nach Grotherr bleibt damit der "Fallbeilcharakter" der Ausnahmeregelung erhalten (s DStZ 2023, 713, 719), da schon ein geringfügiges Überschreiten der Freigrenze zur Anwendung der Zinsschranken führt.
Zwingender Anpassungsbedarf ergab sich im Hinblick auf den pers Anwendungsbereich der ATAD. Nach Art 4 Abs 3 Unter-Abs 1 ATAD kann die Ausnahme für Nettozinsaufwendungen von bis zu 3 Mio EUR je Stpfl nur einmal gewährt werden. Da die ATAD für KSt-Subjekte gilt, war dies zur Erfüllung der Mindestvorgaben nur für Kö sicherzustellen (s § 8a Abs 1 S 4 KStG nF). Für ESt-Subjekte bleibt es bei der betriebsbezogenen Gewährung der Freigrenze.
2.3.3 Stand-alone-Klausel (§ 4h Ab 2 S 1 Buchst b EStG)
Tz. 18
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Die Zinsschranke ist nach § 4h Abs 2 S 1 Buchst b EStG nF nicht anzuwenden, wenn der Stpfl keiner Pers iSd § 1 Abs 2 des AStG nahesteht und über keine BetrSt außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet (sog Stand-alone-Klausel). Wenngleich die dt Zinsschrankenregelung als solche betriebsbezogen anzuwenden ist, ist ein Nahestehen für den Stpfl zu prüfen. § 4h Abs 2 S 3 EStG nF stellt klar, dass bei Pers-Ges und MU-Schaften, ein Nahestehen iSd § 4h Abs 2 S 1 Buchst b EStG nF für die Pers-Ges oder MU-Schaft zu prüfen ist. Insofern gilt § 1 Abs 1 S 2 AStG iVm § 1 Abs 2 AStG, was durch den Klammerzusatz in § 4h Abs 2 S 1 Buchts b EStG klargestellt wird.
Tz. 19
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Die Anpassung des Ausnahmetatbestands war erforderlich, da er hinter den Vorgaben des Art 4 Abs 3 Unter-Abs 1 Buchst b ATAD zurückblieb. Danach ist Voraussetzung für die Ausnahme von der Abzugsbeschränkung, dass der Stpfl nicht "Teil einer zu Rechnungslegungszwecken konsolidierten Gr ist und weder über ein verbundenes Unternehmen noch über eine BetrSt verfügt" (s "eigenständiges Unternehmen" iSd Art 4 Abs 3 Unter-Abs 3 ATAD). Für die Gewährung der bisher zT als "Konzernklausel" bezeichneten Ausnahme, war es nach § 4h Abs 2 S 1 Buchst b EStG aF ausreichend, dass der Betrieb nicht oder nur anteilig zu einem Konzern gehört. Der Ausnahmetatbestand blieb sowohl hinter der Bestimmung der Begrifflichkeit "zu Rechnungslegungszwecken konsolidierte Gr" (s Erfordernis der Vollkonsolidierung in Art 4 Abs 8 ATAD) zurück und berücksichtigte weder "verbundene Unternehmen" noch die Verfügung über eine BetrSt.
Tz. 20
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
§ 4h Abs 2 S 1 Buchst b EStG nF bezieht sich zur Beschränkung des Ausnahmetabestands auf "eigenständige Unternehmen" vor allem auf "verbundene Unternehmen" iSd Art 2 Abs 4 ATAD. Danach sind Unternehmen verbunden, wenn der Stpfl unmittelbar oder mittelbar eine Beteiligung an Stimmrechten, Kap oder Gewinn an einem anderen Unternehmen iHv min 25 % hält oder umgekehrt. Diese Begriffsbestimmung deckt sich weitgehend mit dem einer "nahestehenden Pers" iSd § 1 Abs 2 S 1 Nr 1 und Nr 3 Buchst a AStG. Da § 1 Abs 2 AStG zuletzt mit dem ATADUmsG 2021 (Ges zur Umsetzung der Anti-StV-RL v 25.06.2021, BGBl I 2021, 2035) an die Mindestvorgaben in Art 2 Abs 4 ATAD angepasst wurde, ist insoweit eine Konsistenz anzunehmen. Ein Auslandsbezug oder eine Fremdfinanzierung durch die "nahestehende Pers" ist für die Zinsschranken...