Tz. 9
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Im UmwStG idF des SEStEG ist in den §§ 20–23 als Regelbewertung und zugleich betragsmäßige Bewertungsobergrenze für übergehendes Vermögen der Ansatz der gW eingeführt worden (s §§ 20 Abs 2 S 1, 21 Abs 1 S 1, 22 Abs 1 S 3 und Abs 2 S 3 UmwStG). Dies gilt nicht nur für diese Einbringungsvorschriften, sondern generell bei den übrigen im UmwStG geregelten Umstrukturierungen (s §§ 3 Abs 1 S 1, 11 Abs 1 S 1, 13 Abs 1 und 24 Abs 2 S 1 UmwStG). Der Tw als (bisherige) Bewertungsobergrenze im UmwStG 1995 ist damit im geltenden UmwSt-Recht (nahezu) durchgängig abgelöst worden (einzige Ausnahme: "Pensionsrückstellungen", s § 20 UmwStG Tz 199 aE, 205; s § 23 UmwStG Tz 35). Durch das StÄndG 2015 ist die Bewertung des iRv §§ 20 Abs 1, 21 Abs 1 S 2 UmwStG eingebrachten Vermögens neu gefasst worden, wenn neben den neuen Anteilen sonstige Gegenleistungen gewährt werden. Der Bw-Ansatz – und damit die St-Neutralität der Einbringung – ist eingeschr, wenn und soweit der Wert der sonstigen Gegenleistung bestimmte Grenzen überschreitet; mindestens ist jedoch der Wert der Zusatzleistung anzusetzen (s Tz 11 und s § 20 UmwStG Tz 224ff). Um diese Bewertungseinschränkung zu ermitteln, sind die sonstigen Gegenleistungen mit ihrem gW umzurechnen (s §§ 20 Abs 2 S 2 Nr 4 und S 4, 21 Abs 1 S 2 Nr 2 und S 4 UmwStG).
Der "gW" war vor den SEStEG ein im ErtrStR wenig verbreiteter Bewertungsmaßstab (zB als universeller Wert beim Tausch, bei Betriebsveräußerungen oder -Aufgaben, s § 16 Abs 2 und 3 EStG, und bei der verdeckten Einlage in eine Kap-Ges, s § 17 Abs 2 S 2 EStG); die Einführung des gW im UmwStG bedeutet im gewissen Sinne eine Renaissance dieses Bewertungsmaßstabs und "Aufwertung" des Allg Teils des BewG (s Tz 10; zust s Gabert-Pipersberg, in H/H/R, § 6 EStG Rn 423). Die Verwendung des gW (gleichbedeutend mit "Verkehrswert" oder "Marktwert") im UmwStR dürfte die Vorschriften auch "europatauglicher" machen (zust s Herlinghaus, in R/H/vL, 3. Aufl, § 20 UmwStG Rn 13). Der Tw (s § 6 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG) stellt aus europäischer Sicht eine Besonderheit im StR der B-Rep dar, wohingegen der gW wohl eher den in der EU gebräuchlichen Fremdvergleichspreisen entspr dürfte (s Klingberg/van Lishaut, DK 2005, 704; zur Abgrenzung von gW und Fremdvergleichswert s Hiller, Ubg 2016, 341). Hierfür spricht auch die Festschreibung des gW in den Fällen der durch das SEStEG eingeführten allg ertrstlichen Ver- und Entstrickungstatbeständen (s §§ 6 Abs 1 Nr 4 S 1 Hs 2, 6 Abs 5a EStG, 12 Abs 1 S 1 KStG), der speziellen Ver- und Entstrickungstatbestände der Einbringungsvorschriften (s §§ 20 Abs 3 S 2, 21 Abs 2 S 2 UmwStG) sowie die Einbringung zum gW in den Sonderfällen des § 50i Abs 2 EStG (dazu s § 20 UmwStG Tz 227aff). Der gW entspr grds auch dem in der internationalen Rechnungslegung verwendeten Begriff des sog Fair-value (s Knittel, in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 9 BewG Rn 4). Ley (FR 2007, 109/112f) sieht in der Einführung des gW auch Parallelen zur hr-lichen Bewertung gem § 252 Abs 1 Nr 2 HGB.
Der Tw spielt bei Einbringungssachverhalten (nur) noch eine Rolle, wenn in den §§ 20ff UmwStG auf den "Bw" abgestellt wird (s § 1 Abs 5 Nr 4 UmwStG iVm § 6 Abs 1 Nr 1 S 4 und Nr 2 S 3 EStG; Stichwort: Wertaufholung), als Maßstab für die Aufteilung des gW für die gesamte betriebliche Einheit der Einbringung auf deren einzelne WG (s UmwSt-Erl 2011 Rn 20.17 iVm 03.09, und zu § 50i Abs 2 EStG s Patt, EStB 2014, 377) und bei Pensionsrückstellungen (so).
Tz. 10
Stand: EL 103 – ET: 09/2021
Trotz weitreichender Einführung des Wertmaßstabs "gW" in der bedeutsamen Frage der Aufdeckung stiller Reserven bei Umstrukturierungen des UmwStG findet sich weder eine Legaldefinition des Begriffs im UmwStG oder in den ertragstlichen Einzel-St-Ges (EStG, KStG, GewStG) noch ein Verweis auf eine Begriffserklärung im Ges. Daher gelten gem § 1 Abs 1 BewG die allg Bewertungsvorschriften der §§ 2 bis 16 BewG für Zwecke des §§ 20 Abs 2 S 1, Abs 2 S 2 Nr 4, Abs 2 S 4, Abs 3 S 2 und 3, Abs 4 S 1; 21 Abs 1, Abs 2 S 2, Ab 3 S 1; 22 Abs 1 S 3, Abs 2 S 3; 23 Abs 1, 3 und 4 UmwStG (hier insbes § 9 Abs 2 BewG; s Knittel, in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 1 BewG Rn 30; s Herlinghaus, in R/H/vL, 3. Aufl, § 20 UmwStG Rn 241; s Urt des BFH v 12.07.2017, BFH/NV 2018, 58 unter Rn 18; zum Begriff des gW s § 20 UmwStG Tz 199ff).
In den meisten Fällen dürften Tw und gW übereinstimmen. Da ein Einzelveräußerungspreis von WG (insbes UV) höher sein kann als ein Wiederbeschaffungspreis (dh ohne Gewinnmarge), den ein gedachter Erwerber des gesamten (Teil-)Betriebs für das einzelne WG zu zahlen bereit wäre (Tw iSd § 6 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG), kann der (absatzmarktorientierte) gW höher als der Tw sein (s Rödder, in R/H/vL, 3. Aufl, § 11 UmwStG Rn 160; s Hiller, Ubg 2016, 345 unter 3.3.1). Auch der umgekehrte Fall ist möglich. Bei der Tw-Ermittlung von WG iRe fiktiven Gesamtbetriebserwerbs (s § 6 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG) sind nämlich unter der Prämisse der Unternehmensfortführung in die Bewertu...