2.3.1 Von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze
Tz. 29
Stand: EL 111 – ET: 09/2023
Die wirtsch Tätigkeit der jur Pers d öff Rechts muss von einigem Gewicht sein, um als BgA beurteilt zu werden. Schon der RFH (s Urt des RFH v 22.10.1929, RStBl 1929, 666) verlangt zur Annahme eines Betriebs einer KöR, dass die von diesem entfaltete Tätigkeit von einigem Gewicht ist, so etwa, dass auch eine einzelne Pers als Inhaber gedacht werden könne. In einem weiteren Urt (s Urt des RFH v 09.12.1932, RStBl 1933, 53) verlangt der RFH für die Annahme eines Betriebs der öff Hand, dass das Unternehmen umfangreich genug ist, um einer einzelnen Pers eine wenn auch bescheidene Existenzmöglichkeit zu gewähren. Der BFH ist in seiner Rspr dem gefolgt und nahm eine Einrichtung von einigem Gewicht dann an, wenn die Einnahmen ausreichten, um einer Privatpers eine bescheidene Existenz zu ermöglichen (s Urt des BFH v 26.02.1957, BStBl III 1957, 146).
Tz. 30
Stand: EL 111 – ET: 09/2023
Im Urt v 11.01.1979 (BStBl II 1979, 746) stellte der BFH für die wirtsch Bedeutung einer selbständigen Einrichtung auf eine vergleichende Betrachtung mit dem Umfang der Gesamtverwaltung der jur Pers d öff Rechts ab. Demggü sei ein Abstellen auf die absolute Höhe der Umsätze ungeeignet. So könne eine bestimmte wirtsch Tätigkeit einer kleinen Gemeinde den Wettbewerb empfindlich stören, während die gleiche Tätigkeit im selben Umfang im Gebiet einer Großstadt für die privatwirtsch Konkurrenz bedeutungslos sei. Auch für das Kriterium des "wirtsch Heraushebens" könne nicht auf eine feste Umsatzgrenze abgestellt werden, sondern auf das Verhältnis zum Gesamthaushalt der jur Pers d öff Rechts.
Tz. 31
Stand: EL 111 – ET: 09/2023
In einem weiteren Urt (s Urt des BFH v 02.03.1983, BStBl II 1983, 386) hat der BFH diese Aussagen jedoch wieder relativiert und ausgeführt, es komme für die Gewichtigkeit der Betätigung einer jur Pers d öff Rechts nicht darauf an, in welchen Vomhundertsätzen des Gesamthaushaltes sich das Ergebnis der gew Tätigkeit niederschlage.
Nach dem Urt des BFH v 14.04.1983 (BStBl II 1983, 491) kommt es für das wirtsch Gewicht der Einrichtung auf das Verhältnis der Einnahmen zum betroffenen Bereich der gemeindlichen Verwaltung und nicht zum Gesamthaushalt der Gemeinde an. Das FG B-Bbg (s Urt v 13.07.2017, Az: 9 K 11 318/15) stellt bzgl des wirtsch Heraushebens einer Tätigkeit darauf ab, ob die betreffende erwerbswirtsch Tätigkeit der öff Hand die Wettbewerbsneutralität beeinträchtigen kann, und hält insoweit die Überschreitung der von der Fin-Verw angewandten Umsatzgrenze von (früher) 35 000 EUR (s Tz 32ff) für ein geeignetes Indiz.
Zu einer Tätigkeit "von einigem Gewicht" bei einem Verpachtungsbetrieb s Tz 67.
Zur Frage, ob Versorgungsbetriebe iSd § 4 Abs 3 KStG stets – also ohne dass sie sich wirtsch herausheben – einen BgA darstellen, s Tz 59.
2.3.2 Rechtsauffassung der Finanzverwaltung
Tz. 32
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Nach Rechts-Auff der Fin-Verw ist ein wichtiger Anhaltspunkt für eine Tätigkeit von einigem Gewicht darin zu sehen, dass der Jahresumsatz iSv § 1 Abs 1 Nr 1 UStG (Nettoeinnahmen ohne USt) aus der wirtsch Tätigkeit den Betrag von 45 000 EUR nachhaltig übersteigt (s R 4.1 Abs 5 S 1 KStR 2022; bis einschl VZ 2021 betrug diese Umsatzgrenze 35 000 EUR; s R 4.1 Abs 5 S 1 KStR 2015). Bei diesem Jahresumsatz könne daher idR davon ausgegangen werden, dass sich die Tätigkeit innerhalb der Gesamtbetätigung der jur Pers d öff Rechts wirtsch heraushebe. Im Falle eines Verpachtungs-BgA ist nach Rechts-Auff der Fin-Verw insoweit nicht die Höhe der Pachteinnahmen, sondern es sind die Umsätze des Pächters maßgeblich (s Tz 67). Die Fin-Verw hält somit an (praktikablen) Umsatzgrenzen als Abgrenzungsmerkmal für die Annahme eines BgA fest. Auf die Höhe des von der Einrichtung erzielten Gewinns kommt es dem gegenüber nicht an.
2.3.3 Bedeutung der in den KStR genannten Umsatzgrenzen
Tz. 33
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Wird ein nachhaltiger Jahresumsatz von über 45 000 EUR im Einzelfall nicht erreicht, ist ein BgA nur anzunehmen, wenn hierfür besondere Gründe von der jur Pers d öff Rechts vorgetragen werden, zB wenn die jur Pers d öff Rechts erklärt, dass sie mit der Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt (s R 4.1 Abs 5 S 4 KStR 2022). Diese Verw-Regelung enthält für die jur Pers d öff Rechts eine Art Wahlrecht:
Tz. 34
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Bei Umsätzen unter 45 000 EUR können die jur Pers d öff Rechts die Behandlung einer Tätigkeit als BgA dadurch erreichen, dass sie die Wettbewerbssituation zu anderen gew Unternehmen vortragen. Die Fin-Verw wird von sich aus bei Umsätzen unter 45 000 EUR jedoch – auch bei eindeutig gew Tätigkeit – idR keinen BgA annehmen (ebenso s Schiffers, DStZ 2022, 337).
Das FG Münster (s Urt des FG Münster v 21.04.2021, EFG 2021, 1140) geht bei Umsätzen, die die genannte Umsatzgrenze unterschreiten, jedoch stets von einer StPflicht aus, wenn die jur Pers d öff Rechts mit ihrer Tätigkeit zu Unternehmen der Privatwirtschaft unmittelbar in Wettbewerb tritt.
Wurde die frühere Umsatzgrenze des R 4.1 Abs 5 S 4 KStR 2015 iHv 35 000 EUR überschritten und liegen die Umsätze a...