Thomas Stimpel, Ewald Dötsch
Tz. 32
Stand: EL 107 – ET: 09/2022
Weil es sich bei einer Verschmelzung von Kö auf Kö nicht um die Übertragung von Einzel-WG, sondern um die Übertragung des gesamten BV der Übertragerin handelt, hat die Bewertung mit dem gW (s UmwSt-Erl 2011 Rn 11.04 iVm Rn 03.07) nicht bezogen auf jedes einzelne übergehende WG, sondern bezogen auf die Gesamtheit der bei einer Verschmelzung übergehenden aktiven und passiven WG einschl eines selbst geschaffenen Geschäftswerts zu erfolgen (Bewertung als Sachgesamtheit). Aus der in § 109 Abs 2 S 2 BewG angeordneten Anwendung des § 11 Abs 2 BewG für die Bewertung des BV einer Kap-Ges folgt, dass der gW des übergehenden BV der Kap-Ges, sofern er nicht aus Verkäufen abgeleitet werden kann, anhand eines allgemein anerkannten ertragswert- oder zahlungsstromorientierten Verfahrens (zB IDW S 1) zu ermitteln ist, welches ein gedachter Erwerber des Betriebs der übertragenden Kö bei der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde (s § 109 Abs 1 S 2 iVm § 11 Abs 2 S 2 BewG), wobei jedoch der Bewertungsvorbehalt für Pensionsrückstellungen (s § 3 Abs 1 S 2 UmwStG) zu beachten ist. Dabei bildet der Substanzwert die Wertuntergrenze (s Tz 35).
In der Praxis wird der gW einer Sachgesamtheit in aller Regel nach dem Ertragswertverfahren ermittelt (s Rödder, in R/H/vL, 3. Aufl, § 11 UmwStG Rn 169ff, mwNachw; weiter s Pawelzik, Ubg 2010, 883). Die Fin-Verw (s Schr des BMF v 22.09.2011, BStBl I 2011, 859) akzeptiert dieses Bewertungsverfahren, bei komplexeren Konzernstrukturen nicht jedoch eine Bewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren iSd §§ 199–203 BewG (s gemeins Ländererl v 05.06.2014, BStBl I 2014, 882). Dazu s auch Hecht/von Cölln (BB 2010, 795); s Drosdzol (DStR 2011, 1258); s Barthel (DB 2010, 2236); s Frey/Rapp/Barthel (DB 2011, 2105); s Eisele (NWB 2011, 2782, 2790); und s Meinert (DB 2011, 2397 und 2455). Wegen der manchmal erheblichen Wertdifferenzen, die sich je nach gewählter Bewertungsmethode ergeben können, insbes im Vergleich zwischen dem Verfahren IDW S 1 und dem vereinfachten Ertragswertverfahren, s Gerber/König (BB 2011, 2856). Im Ergebnis billigt die Fin-Verw den Unternehmen ein Wahlrecht hinsichtlich der Bewertungsmethode zu und macht, wie vorstehend erwähnt, nur hinsichtlich komplexerer Konzernstrukturen einen Anwendungsvorbehalt, ohne jedoch die Kriterien dafür näher zu erläutern.
Tz. 33
Stand: EL 107 – ET: 09/2022
Zu der Frage, wie der für die Sachgesamtheit (übergehendes BV) ermittelte gW sich in der stlichen Übertragungsbil auf den Wertansatz der einzelnen Bil-Positionen auswirkt (dh wie der Aufstockungs bzw. Abstockungsbetrag zu verteilen ist), gelten folgende Grundsätze.
Als erstes ist der gW der Sachgesamtheit (übergehendes BV) zu ermitteln. Das ist die Summe der gW aller übergehenden aktiven und passiven WG, und zwar unabhängig davon, ob dafür stliche Ansatzverbote (s § 5 EStG) gelten (s Tz 24). Der gW ist auch insofern von besonderer stlicher Relevanz, weil der gW den Mindestwertansatz iSv § 11 Abs 2 UmwStG darstellt (s Tz 35). Insoweit kommt es auf den gW der Sachgesamtheit und nicht auf den gW des einzelnen WG an (so ausdrücklich für die gleiche Rechtsfrage im Anwendungsbereich von § 20 UmwStG der BFH mit Urt v 28.04.2016, BStBl II 2016, 913).
Liegt der gW also unter dem Bw, so ist grds verlustrealisierend abzustocken, soweit eine Zuordnung zu den einzelnen WG möglich ist. IRd Verteilung des saldierten Abschreibungspotentials kann es auch bei einzelnen WG zu einem höheren Wertansatz kommen (s auch Birkemeier in R/H/vL, 3. Aufl, § 3 UmwStG Rn 239). Dies kann im Einzelfall insbes in Hinblick auf § 8b KStG erhebliche Auswirkungen haben (s auch Rödder in R/H/vL, 3. Aufl, § 11 UmwStG Rn 188, der hierauf in Kontext der Verteilung des Abstockungbetrags verweist).
Beispiel
Die Wertverhältnisse zum stl Übertragungsstichtag stellen sich wie folgt dar:
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Bw |
gW (Var 1) |
gW (Var 2) |
Grundstück |
300 |
320 |
200 |
Beteiligung an Kap-Ges |
100 |
30 |
150 |
Originärer Firmenwert |
0 |
0 |
0 |
Wert Sachgesamtheit |
400 |
350 |
350 |
Lösung:
Bei Ansatz des gW sind die WG mit dem oa gW anzusetzen. Der Ansatz der Sachgesamtheit mit dem niedrigeren gW ist zudem nach zutr Verw-Auff zwingend (s Tz 35). In beiden Var wird ein Übertragungsverlust von 50 erzielt. Dieser entfällt in Var 1 iHv 70 auf eine Kap-Ges-Beteiligung, so dass gem § 8b Abs 3 S 3 KStG bei der Einkommensermittlung 70 hinzuzurechnen sind. In der Var 2 entfällt auf die Kap-Ges-Beteiligung ein nach § 8b Abs 2 iVm Abs 3 S 1 KStG im Ergebnis zu 95 % stfr Gewinn iHv 50, so dass bei der Einkommensermittlung ein Betrag von 47,5 abzuziehen ist.
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Var 1 |
Var 2 |
Übertragungsverlust |
./.50 |
./.50 |
Einkommenskorrektur § 8b KStG |
+70 |
./.47,5 |
Saldo Einkommensauswirkung |
20 |
./.97,5 |
Sollten die jeweiligen Wertminderungen dauerhaft sein, könnte die einkommenswirksame Gewinnrealisierung der stillen Reserven im Grundstück in Var 1 dadurch vermieden werden, dass die Kap-Ges-Beteiligung in der letzten regulären St-Bil auf 30 abgeschrieben wird. Diese Tw-AfA wäre zwar nach § 8b...