Tz. 413
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
Nach der Rspr des BFH kann auch die Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren GF für entspr Leistungen gewähren, ein Anhaltspunkt für die Schätzung der Gesamtausstattung sein; zB s Urt des BFH v 22.10.2015 (BStBl II 2016, 219). Es handelt sich hierbei um einen außerbetrieblichen Fremdvergleich. Dieser wird vor allem durch so genannte Gehaltstrukturuntersuchungen konkret.
Tz. 414
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
In der Fach-Lit wird die Aussagekraft derartiger Untersuchungen für die Angemessenheitsprüfung tw angezweifelt. Es wird vor allem bemängelt, dass Fremd-GF, die in keinem gesellschaftsrechtlichen oder verwandschaftlichen Verhältnis zur Kap-Ges oder ihren Gesellschaftern stehen, in den zu Grunde liegenden Umfragen kaum vorkommen. Mangels einer ausreichenden Anzahl vergleichbarer Fremd-GF sei es daher nicht möglich, eine objektive Beurteilung zu erreichen (s Rischar, BB 1997, 2302; Niehues, DB 1996, 2449; Streck, KStG, 9. Aufl, § 8 Anm 5). Die Untersuchungen würden auch zu niedrige Gesamtergebnisse ausweisen, da vorwiegend kleinere und ertragsschwächere Unternehmen an den Umfragen teilgenommen hätten (dazu insbes s Schneider/Altmüller, DB 1996, 1003).
Im Übrigen wird geltend gemacht, dass die Beurteilung der Angemessenheit auf Grund von Umfrageergebnissen angesichts des Oder-Konto-Beschlusses des BVerfG v 07.11.1995, BStBl II 1996, 34, verfassungswidrig sei (s Niehues, DB 1996, 2449; ebenso hierzu s Gosch, DStR 1996, 1970, der sich für eine stark einzelfallorientierte Betrachtung ausspricht, um verfassungsrechtliche Probleme zu vermeiden).
Tz. 415
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
Die Kritik ist nicht völlig von der Hand zu weisen. UE darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass Gehaltsstrukturuntersuchungen wohl auch von der Fin-Verw nur in den seltensten Fällen als ausschließliches Kriterium bei der Angemessenheitsprüfung verwendet werden. Bereits die starken Bandbreiten in den Untersuchungsergebnissen machen die Schwierigkeit deutlich, den zu beurteilenden Fall in die zutreffende Rubrik einzuordnen. Der Schwerpunkt der Angemessenheitsprüfung sollte eindeutig bei den innerbetrieblichen Daten der jeweiligen Kap-Ges liegen (einschließlich der von Niehues, DB 1996, 2449, dargelegten betriebswirtschaftlichen Aspekte). Die Ergebnisse von Strukturuntersuchungen können hierbei vorrangig unterstützenden Charakter haben.
Tz. 416
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
Der BFH hat gegen die Heranziehung von Gehaltsstrukturuntersuchungen zur Beurteilung der Angemessenheit eines Gehalts keine grundsätzlichen Bedenken; s Urt des BFH v 14.07.1999, BFH/NV 1999, 1645, und s Beschl des BFH v 18.03.2002, GmbHR 2002, 752. Er beurteilte dabei in dem erstgenannten Urt die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die allgemein zugänglichen Gehaltsstrukturuntersuchungen auf "kreative" Dienstleistungsgesellschaften anzuwenden sind, vorrangig als Tatfrage. Im Übrigen hatte in dem Streitfall bereits das FG erhebliche Zuschläge (100 % bis 150 %) auf die in der Untersuchung für Unternehmen mit vergleichbarem Arbeitnehmerbestand ausgewiesenen Durchschnittsgehälter vorgenommen; s Urt des FG Hess v 27.03.1998 (EFG 1998, 1538). Der BFH sah daneben die Vorgehensweise des FG als sachgerecht an, auf das früher bezogene Gehalt des damals noch nicht beherrschenden Ges-GF zurückzugreifen und dieses um 40 000 DM bzw 140 000 DM zu erhöhen. Es konnte damit auch dahingestellt bleiben, ob die "ungeprüfte" Verwendung von Gehaltsstrukturuntersuchungen einen Verfahrensfehler iSd § 115 Abs 2 Nr 3 FGO darstellt, da das FG die Ergebnisse der Gehaltsstrukturuntersuchung gerade nicht ohne zusätzliche, erhebliche Anhebung bzw Anpassung übernommen hatte. Zum Umgang mit Gehaltsstrukturuntersuchungen s auch Janssen (GStB 2011, 368) und s Rath/Zimmers (GStB 2012, 135).
Tz. 417
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
Vor allem folgende Gehaltsstrukturuntersuchungen werden derzeit für Angemessenheitsprüfungen herangezogen:
- Vergütungsstudien der Kienbaum Personalberatung GmbH, Edmund-Rumpler-Str. 5, 51 149 Köln;
- Impulse/BBE-Steuerpraxis: Welche Vergütungen GmbH-GF erhalten; BBE-Unternehmensberatung GmbH, Gothaer Allee 2, 50 969 Köln;
- branchenspezifische Veröffentlichungen und Erkenntnisse (zB der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern).
Tz. 418
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
Der BFH hat gegen die Heranziehung von Gehaltsstrukturuntersuchungen allerdings dann Bedenken, wenn die sich daraus ergebenden Beträge der Gesellschaft keine angemessene Gewinnteilhabe mehr ermöglichen; s Urt des BFH v 28.11.2001, GmbHR 2002, 272. In diesem Urt hat der BFH bei einer ertragsschwachen GmbH die vom FG sehr niedrig angesetzte Angemessenheitsgrenze bestätigt. Zur Ermittlung der Angemessenheit der GF-Bezüge durch Gehaltsstrukturuntersuchungen s auch Stelzer (in E & Y, vGA/vE, F 4 "Geschäftsführervergütungen" Rn 54).