Helmut Krämer, Lukas Gläßer
3.3.2.1 Allgemeines
Tz. 41
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
In entspr Anwendung des § 36 Abs 2 Nr 2 EStG ist auf die festzusetzende KSt die durch St-Abzug erhobene KSt, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Eink (§ 36 Abs 2 Nr 2 Buchst a EStG; hierzu s Urt des BFH v 19.07.1994, BStBl II 1995, 362 und s Urt des BFH v 18.09.2007, BFH/NV 2008, 290) oder auf nach § 8b Abs 1, 2 und 6 S 2 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Bezügen (§ 36 Abs 2 Nr 2 Buchst b EStG) entfällt und nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist, anzurechnen. Bei KStPflicht kommt insoweit eine Anrechnung von KapSt (s Tz 42ff) und von St-Abzugsbeträgen nach § 50a EStG (s Tz 72) in Betracht. Aus der Vorschrift des § 36 Abs 2 Nr 2 EStG folgt in zeitlicher Hinsicht, dass die Anrechnung auf die St desjenigen VZ bezogen werden muss, in dem die entspr Eink im St-Bescheid angesetzt worden sind (s Urt des BFH v 26.11.1997, BFH/NV 1998, 581).
In Ausnahmefällen hat der St-Abzug jedoch Abgeltungswirkung, dh die St auf die dem St-Abzug unterliegenden Eink ist durch den St-Abzug abgegolten und eine Einbeziehung der Eink in eine Veranlagung (mit Anrechnung der St-Abzugsbeträge) findet nicht statt. Hierzu s Tz 45 und s § 32 KStG.
3.3.2.2 Anrechnung von Kapitalertragsteuer einschließlich Abgeltungsteuer
3.3.2.2.1 Allgemeines
Tz. 42
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Im Bereich der KSt-Veranlagung ist der häufigste Fall von St-Anrechnung die Anrechnung von einbehaltener KapSt. Zu den allg Voraussetzungen für die Anrechnung s Tz 41. Weitere Voraussetzung für die Anrechnung ist, dass die in § 45a Abs 2 oder Abs 3 EStG genannte Bescheinigung vorgelegt wird (s § 36 Abs 2 Nr 2 S 2–4 EStG). Zu den Rechtsfolgen eines späteren Widerrufs oder der Rückgabe einer einmal vorgelegten Bescheinigung s Urt des BFH v 20.10.2010 (BFH/NV 2011, 641) und s Beschl des Hess FG v 08.10.2012 (EFG 2013, 47; die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entsch angenommen, Beschl v 15.07.2013, 2 BvR 2594/12). Die durch St-Abzug erhobene KSt (= KapSt) wird auch insoweit angerechnet, als sie auf Bezüge entfällt, die nach § 8b Abs 1, 2 und Abs 6 S 2 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben (s § 36 Abs 2 Nr 2 Buchst b EStG). Zur Anrechnung von auf einen (st-freien) VG iSd § 8b Abs 2 KStG in Ausnahmefällen einzubehaltender KapSt iRd Veranlagung s § 8b KStG Tz 144.
Nach der Rspr (s Urt des FG Münster v 13.05.2009, EFG 2009, 1552) ist die im Einklang mit dem geltenden Recht erhobene KapSt auch dann als "erhoben" iSd § 36 Abs 2 Nr 2 EStG anzusehen (und damit anzurechnen), wenn das FA die KapSt ohne rechtliche Grundlage an den Abzugsverpflichteten (ausschüttende Kap-Ges) zurückzahlt und die ausschüttende Kap-Ges die zurückgezahlte KapSt tw an den Gläubiger der Kap-Erträge weiterleitet. Dieses Urt steht im Zusammenhang mit der Anerkennung des sog "Rücklagenmanagements" zur Mobilisierung von KSt-Guthaben beim Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeink-Verfahren; hierzu s Urt des BFH v 28.06.2006 (BFH/NV 2006, 2207). Der BFH hat in der Rev gegen das Urt des FG Münster v 13.05.2009 (EFG 2009, 1552) die Sache an das FG zurückverwiesen. Nach Rechtsauff des BFH (s Urt v 20.10.2010, BFH/NV 2011, 641) ist das in § 36 Abs 2 Nr 2 S 1 EStG enthaltene Tatbestandmerkmal, wonach eine durch St-Abzug erhobene St nur angerechnet werden könne, wenn "nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist", "wirtsch" zu verstehen. Nach diesem wirtsch Verständnis sei in den beschriebenen Fällen, in denen der Abzugsverpflichtete die (an ihn erstattete) St an den St-Schuldner weiterleitete und Letzterer dies als Auskehrung des Abzugsbetrags erkennen konnte, eine Erstattung der St iSd § 36 Abs 2 Nr 2 S 1 EStG erfolgt. In der Rev im zweiten Rechtszug dieses Verfahrens hat sich der VII. Senat des BFH der Rspr des I. Senats angeschlossen (s Urt des BFH v 07.07.2015, BFH/NV 2015, 1683) und die Weiterleitung der an den Abzugsverpflichteten erstatteten KapSt an den St-Schuldner unter wirtsch Gesichtspunkten als Erstattung angesehen, die eine Anrechnung ausschließt.
Tz. 43
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Aufgr der Rspr des EuGH (u. a. Urt v 27.06.1996, C234/94, DB 1996, 1400 und Berichtigungsbeschl hierzu v 10.07.1997, C-234/94, DB 1997, 1513) und des BGH (ua Urt v 12.01.1998, BGHZ 137, 378), der sich der BFH und die FinVerw angeschlossen haben, bestand eine Aktivierungspflicht für den bei einer Konzerngesellschaft, die allein an einer GmbH beteiligt ist, den bei der TG erzielten und zur Ausschüttung vorgesehen Gewinn noch für das gleiche Geschäftsjahr in ihrer Bil und der G + V-Rechnung ("phasengleiche Vereinnahmung"). Für die Voraussetzungen s Vfg der OFD Ffm v 15.07.1992 (DStR 1992, 203) und s Vfg der OFD Hannover v 29.01.1992 (BB 1992, 466).
Im Falle der vorgezogenen Aktivierung ("phasengleiche Vereinnahmung") eines Anteils am Gewinn (Dividende) ist die KapSt bereits in dem VZ anzurechnen, in dem auch der Gewinnanspruch versteuert wird.
Diese Rspr ist durch den Beschl des GrS des BFH v 07.08.2000 (BStBl II 2000, 632) überholt. Er entschied, dass eine Kap-Ges, die mehrhe...