Helmut Krämer, Lukas Gläßer
Tz. 46
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Mit Einführung des § 36a EStG, der erstmals auf Kap-Erträge anzuwenden ist, die ab dem 01.01.2016 zufließen (s Tz 58), durch das InvStRefG v 19.07.2016 wurden die Voraussetzungen zur Anrechnung von KapSt für bestimmte Fallkonstellationen wes verschärft. Diese Verschärfung soll verhindern, dass die Besteuerung von Dividenden mittels sog "Cum-/Cum-Geschäfte" umgangen wird.
Diese "Cum-/Cum-Geschäfte" sind dadurch gekennzeichnet, dass die Veräußerung/Übertragung bzw der Erwerb von Aktien mit (cum) Dividendenanspruch und die Lieferung der Aktien vor dem Dividendenstichtag ebenfalls mit (cum) Dividendenanspruch erfolgt. Bei Cum-/Cum-Geschäften handelt es sich regelmäßig um Inhabergeschäfte, dh der Verkäufer/Verleiher ist auch der zivilrechtliche Eigentümer der Aktien.
Cum-/Cum-Geschäfte treten in den Var der Wertpapierleihe oder der Kassa-Geschäfte (Termingeschäfte; Verkauf von Aktien vor dem Dividendenstichtag und gleichzeitige Rückveräußerung nach dem Dividendenstichtag) auf; ausführlich hierzu s Fiand (NWB 2016, 344). Mit diesen Geschäften können zB St-Ausländer die Besteuerung der Dividenden mit definitiver inl KapSt vermeiden (zu einer entspr Anwendung bei inl Verkäufern/Verleihern mit Streubesitz-Anteilen s Tz 48). Diese Transaktionen sind so ausgestaltet, dass auf der Seite des Verkäufers/Verleihers anstelle von Dividenden im Inl nicht stpfl VG anfallen. Auf Seiten des Käufers bzw Entleihers werden zwar stpfl Dividenden erzielt, aber gleichzeitig entstehen Verluste aus einer späteren Rückveräußerung der Aktien oder Aufwendungen aus einer Wertpapierleihgebühr. Im Ergebnis kommt es bei dem Aktienkäufer/Entleiher zu fast keiner St-Last auf die erzielten Dividenden, während die einbehaltene KapSt in voller Höhe angerechnet werden kann. Die St-Ersparnis teilen sich Verkäufer und Käufer/Entleiher.
Tz. 47
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Beispiel zu einem Kassa-Geschäft (s BT-Drs 18/8045, 133):
Ein St-Ausländer verkauft A-Aktien zu einem Preis von 1 000 EUR spätestens zwei Tage vor dem Dividendenstichtag an eine inl Bank. Die Aktien werden rechtzeitig vor dem Dividendenstichtag geliefert, so dass der inl Bank Dividenden iHv 100 EUR abzgl von 25 EUR KapSt zufließen. Üblicherweise reduziert sich der Kurs einer Aktie nach der Dividendenausschüttung um den Betrag der Ausschüttung (sog Dividendenabschlag), so dass die A-Aktien grds einen Wert von 900 EUR haben.
Wie vorher vereinbart verkauft die inl Bank nach dem Dividendenstichtag die Aktien zu einem Preis von 903 EUR zurück an den St-Ausländer.
Die inl Bank erhält einen Kaufpreis von |
+ 903 EUR |
eine Netto-Dividende iHv |
+ 75 EUR |
eine St-Gutschrift iHv |
+ 25 EUR |
und zahlte vorher einen Kaufpreis von |
./. 1 000 EUR |
Gewinn |
+ 3 EUR |
Faktisch muss die inl Bank nicht die Dividende, sondern nur den Gewinn iHv 3 EUR versteuern, kann aber die KapSt in voller Höhe von 25 EUR anrechnen. Das heißt, auf die 3 EUR Gewinn entfallen bei einer St-Belastung von 30 Prozent 0,90 EUR KSt und GewSt. Ggü dem Fiskus entsteht ein Netto-Erstattungsanspruch iHv 24,10 EUR.
Der St-Ausländer erhält einen Verkaufspreis von |
+ 1 000 EUR |
und zahlt beim Rückkauf |
./. 903 EUR |
verbleibender von dt St unbelasteter Ertrag |
+ 97 EUR |
Bei dem St-Ausl verbleiben keine in D stpfl Eink. Die Dividenden sind in einen Aktien-Veräußerungsgewinn "umgewandelt" worden, der in D regelmäßig nicht stpfl ist. Es ist international üblich und entspr dem OECD-MA, dass die Regelungen der DBA das Besteuerungsrecht für Aktien-Veräußerungsgewinne nur dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zuweisen.
Tz. 48
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Dieses Modell kann jedoch auch bei inl Kap-Ges als (urspr) Eigentümer oder Verleiher der Aktien angewandt werden, wenn es sich um Streubesitz-Anteile iSd § 8b Abs 4 KStG handelt. Durch die Veräußerung bzw den Verleih dieser Aktien zB an ein Kreditinstitut nach der beschriebenen Vorgehensweise kann auch eine solche inl Kap-Ges Dividenden, die wegen § 8b Abs 4 KStG stpfl wären, in einen zu 95 % st-freien VG verwandeln (s Kußmaul/Klosters, DB 2016, 849).
Zu den Zahlungsströmen bei einer Wertpapierleihe s Fiand (NWB 2016, 344).
Tz. 49
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Diese Modelle setzen jedoch voraus, dass bei dem Aktienkäufer/Entleiher (zB Bank) für den Verlust aus dem (späteren) Verkauf der Aktien das Abzugsverbot des § 8b Abs 3 S 3 KStG nicht greift, einhergehend mit der StPflicht der Dividende; idR werden hier Anwendungsfälle des § 8b Abs 7 oder Abs 8 KStG vorliegen. Andere Kap-Ges kommen idR (Übertragung von weniger als 10 % der Anteile an einer anderen Kap-Ges) als Erwerber/Entleiher der Aktien nicht in Betracht, da in derartigen Fällen die Dividende aus den Streubesitzaktien zwar nach § 8b Abs 4 KStG stpfl ist, der Veräußerungsverlust aus den Aktien aber nach § 8b Abs 3 KStG nicht abgezogen werden kann.
Tz. 50
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
In der Gesamtbetrachtung wird bei Cum-/Cum-Geschäften in D einmal einbehaltene und abgeführte KapSt genau einmal angerechnet bzw erstattet (zu den hiervo...