Helmut Krämer, Lukas Gläßer
Tz. 75
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Die Anrechnung ist, auch wenn sie äußerlich mit der St-Festsetzung verbunden wird, nicht Teil der St-Festsetzung, sondern fällt in den Bereich der St-Erhebung (s Urt des BFH v 14.11.1984, BStBl II 1985, 216 und s H 36 "Anrechnung" EStH 2016). Insoweit liegt ein eigenständiger Verwaltungsakt vor, der in seiner rechtlichen Beurteilung von der St-Festsetzung zu trennen ist und hinsichtlich seiner Bestandskraft, Änderbarkeit sowie Anfechtbarkeit unterschiedlichen Vorschriften unterliegt. Von ihrem rechtlichen Gehalt her ist die Anrechnung ein deklaratorischer (bestätigender) Verwaltungsakt, dessen Außenwirkung (s § 118 AO) sich je nach dem Ergebnis der Anrechnung in einem Leistungsgebot oder in einer Erstattungsverfügung äußert (s Urt des BFH v 16.10.1986, BStBl II 1987, 405) und der lediglich die rechnerische Folge aus der Gegenüberstellung der festgesetzten KSt und der auf diese anzurechnenden Vorauszahlungen und St-Abzugsbeträge zieht (s Urt des BFH v 18.07.2000, BStBl II 2001, 133). Der Verwaltungsakt über die Anrechnung unterliegt den Korrekturvorschriften der §§ 129, 130 und 131 AO. Ist abgeführte KapSt in einer Anrechnungsverfügung nicht angerechnet worden, so kann diese Anrechnung nach Ablauf der durch die Anrechnungsverfügung in Lauf gesetzten Zahlungsverjährungsfrist (für die St, die – wegen der Nichtanrechnung der KapSt – noch geschuldet wurde) nicht mehr nachgeholt werden (s Urt des BFH v 12.02.2008, BStBl II 2008, 504). Andererseits ist (bei unveränderter St-Festsetzung) eine isolierte Änderung der Anrechnungsverfügung zur Rückforderung urspr angerechneter KapSt nicht mehr möglich, wenn die fünfjährige Zahlungsverjährung abgelaufen ist (s Urt des FG HH v 14.10.2016, EFG 2016, 1845).
Tz. 76
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Die Anrechnung ausl St nach § 26 KStG und § 12 AStG ist dem ggü Teil der St-Festsetzung (s R 7.2 KStR 2022).
Tz. 77
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Nach dem Urt des FG Sa v 09.02.1990 (EFG 1990, 384) regelt die Anrechnungsverfügung auch, welche Vorauszahlungsbeträge auf die Jahres-St-Schuld angerechnet werden. Wird die Anrechnungsverfügung wegen Eintritts der Zahlungsverjährung bestandskräftig, kann auch die erfolgte Anrechnung der Vorauszahlungen auf die Jahres-St-Schuld nicht mehr korrigiert werden.
Tz. 78
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Die Verfügung über die Anrechnung nach § 36 Abs 2 EStG ist mit dem Rb des Einspruchs nach § 347 Abs 1 AO anfechtbar. Daneben besteht die Möglichkeit, einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs 2 AO zu erteilen (s Urt des BFH v 14.11.1984, BStBl II 1985, 216). Wird ein Abrechnungsbescheid erteilt, ist hiergegen ebenfalls der Einspruch gegeben (s § 347 AO).
Die Zweigleisigkeit des Verfahrens führt jedoch nicht dazu, dass die Kö zwei Entsch über den gleichen Sachverhalt verlangen kann. Wird im Einzelfall sowohl ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs 2 AO beantragt, als auch Einspruch nach § 347 Abs 1 AO gegen die Abrechnungsverfügung eingelegt, ist grds ein Abrechnungsbescheid zu erteilen. Das Verwaltungs- und Klageverfahren über den Abrechnungsbescheid ist vorrangig ggü einer Anfechtung der Anrechnungsverfügung, da es als ges geregeltes Verfahren dazu dient, über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem St-Schuldverhältnis betreffen, endgültig zu entscheiden (s Urt des BFH v 20.10.1987, BFH/NV 1988, 349, und v 28.04.1993, BStBl II 1993, 836). Die Anrechnung von St-Abzugsbeträgen und St-Vorauszahlungen entfaltet eine Bindungswirkung, die auch beim Erl eines Abrechnungsbescheids zu beachten ist. Deshalb kann iRe Abrechnungsbescheids die St-Anrechnung zugunsten oder zuungunsten des Stpfl nur geändert werden, wenn eine der Voraussetzungen der §§ 129–131 AO gegeben ist (s Urt des BFH v 15.04.1997, BStBl II 1997, 787, und – mit ausführlicher Begr – s Urt des FG Köln v 16.03.2000, EFG 2000, 714).
Tz. 79
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung sind bei St-Bescheiden auf die festgesetzte St, vermindert um die anzurechnenden St-Abzugsbeträge und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt (s § 361 Abs 2 S 4, 1. HS, AO). Das bedeutet, dass es im Aussetzungsverfahren grds nicht zu einer Erstattung von Vorauszahlungen oder von St-Abzugsbeträgen kommen kann. Zu Berechnungsbsp hierzu s AEAO zu § 361, Rn 4.1–4.5. § 361 Abs 2 S 4, 2. Hs AO enthält jedoch eine Härteregelung, nach der es zu einer solchen Erstattung kommen kann, wenn dies zur Abwendung wes Nachteile nötig erscheint. Sind die KSt-Vorauszahlungen zu Unrecht auf die St-Schuld eines VZ angerechnet worden und ist für die St-Ansprüche dieses VZ die Zahlungsverjährung bereits eingetreten, so hindert das nicht die rechtlich zutreffende Anrechnung derselben Vorauszahlungsbeträge auf die St-Schuld des VZ, für den sie entrichtet worden sind (s Urt des BFH v 13.11.1990, BFH/NV 1991, 775).