Tz. 69
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
- Neubildung einer Rücklage durch die Übernehmerin
Die Übernehmerin kann im Fall der Veräußerung des übernommenen Vermögens eine Rücklage nach § 6b EStG unter Anrechnung der Dauer der Zugehörigkeit des veräußerten WG zum BV des Einbringenden/Rechtsvorgängers bilden (s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 23 UmwStG Rn 24). Die Besitzzeitanrechnung hat Auswirkungen auf die Inanspruchnahme der St-Vergünstigungen des § 6b EStG in Form der Übertragung stiller Reserven bestimmter Anlagegüter, wenn die übernehmende Gesellschaft den eingebrachten Betrieb oder einzelne WG innerhalb von sechs Jahren nach der Einbringung veräußert (die alsbaldige Veräußerung des Sacheinlagegegenstands oder Teilen davon als solche ist für die Anwendung des § 20 UmwStG unschädlich, s § 20 UmwStG Tz 68). Denn die Übertragung des VG auf die AK oder HK von Reinvestitionsobjekten oder die Einstellung des VG in eine stfreie Rücklage setzt (ua) voraus, dass die veräußernde Kap-Ges/Gen die entspr WG mind sechs Jahre ununterbrochen im AV einer inl BetrSt gehalten haben muss (s § 6b Abs 4 S 1 Nr 2 EStG). Diese Tatbestandsvoraussetzung kann die Übernehmerin in eigener Pers nicht erfüllen, da ihr die WG erst ab dem stlichen Übertragungsstichtag zuzurechnen sind. Bei einer Bw-Einbringung wird der übernehmenden Gesellschaft die Vorbesitzzeit des Einbringenden angerechnet; dh, die Frist des § 6b Abs 4 S 1 Nr 2 EStG zum Zeitpunkt der Veräußerung des WG durch die Übernehmerin wird durch die Einbringung nicht unterbrochen (einhellige Auff, s UmwSt-Erl 2011 Rn 23.06 iVm 04.15; s Loschelder, in Schmidt, 39. Aufl, § 6b EStG Rn 77; s Marchal, in H/H/R, § 6b EStG Rn 170 unter "Einbringung eines Betriebs in eine Kap-Ges"; dies gilt auch, wenn der Einbringende seinen Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt hat, s § 6c Abs 1 S 1 EStG iVm § 6b Abs 4 S 1 Nr 2 EStG). Aufgr der (betriebsbezogenen) stlichen Rechtsnachfolge verbunden mit der Zurechnung von Besitzzeiten werden die unterschiedlichen Zugehörigkeiten zum AV im (Teil-)Betrieb des Einbringenden (sei es auch in einem Betrieb der L + F oder einem freiberuflichen Unternehmen) und die Besitzzeit bei der Übernehmerin ab dem Einbringungsstichtag zu einer einzigen Zugehörigkeit verbunden (s Urt des BFH v 09.09.2010, BFH/NV 2011, 31 zur vergleichbaren Problematik bei der Vorgängerregelung des § 22 Abs 1 UmwStG aF).
Die Besitzzeitanrechnung des § 6b Abs 10 S 4 EStG für Anteile an Kap-Ges geht ins Leere. Denn die übernehmende Kap-Ges ist pers nicht berechtigt, den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kap-Ges zu übertragen (s § 6b Abs 10 S 1 EStG). §§ 23 Abs 1 iVm 4 Abs 2 S 3 UmwStG vermittelt nur die Anrechnung der Zugehörigkeit von WG zum AV. Nicht erfasst sind die anderen Tatbestandsvoraussetzungen der St-Vergünstigung des § 6b EStG. Diese sind jedoch in der Pers der übernehmenden Gesellschaft zum Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile zu prüfen.
Tz. 70
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
- Übernahme einer durch den Einbringenden gebildeten Rücklage
Eine vom Einbringenden passivierte und im Sacheinlagegegenstand enthaltene Rücklage nach § 6b Abs 3 EStG führt die Übernehmerin nach dem stlichen Rechtsnachfolgeprinzip fort (s Tz 68; s Ritzer, in R/H/vL, 3. Aufl, § 23 UmwStG Rn 71; s Pitzal, DStR 2011, 2373; zur Problematik der Maßgeblichkeit der H-Bil für die St-Bil bei § 6b-Rücklagen in der Übergangszeit bei Einbringungsfällen vor Inkrafttreten des § 5 Abs 1 EStG idF des BilMoG, s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 23 UmwStG Rn 39–41).
Die Übernehmerin kann unter Beachtung der von ihr verwirklichten St-Tatbestände die Rücklage auf Reinvestitionsgüter übertragen, wobei ihr als Rechtsnachfolgerin angerechnet wird, bei welcher "Kategorie" von WG der VG, der zur Rücklagenbildung geführt hat, beim Einbringenden entstanden ist. Die iRd Sacheinlage übernommenen WG können nicht als Reinvestitionsgüter dienen. Der Vorgang ist zwar grds ein entgeltlicher Vorgang (s Tz 18). Für die eingebrachten WG gilt allerdings gem § 23 Abs 1 iVm § 12 Abs 3 Hs 1 UmwStG (den allg Grundsätzen vorrangig) der Erwerb nach dem st-lichen Rechtsnachfolgeprinzip, der gerade keine Anschaffung darstellt (Rückschluss aus § 23 Abs 4 Hs 1 und Hs 2 UmwStG; zust s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 23 UmwStG Rn 42; s Widmann, in W/M, § 23 UmwStG Rn 34).
Tz. 71
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Erfolgt keine Übertragung der Rücklage, ist der Betrag der Rücklage durch Zeitablauf bei der Übernehmerin gewinnerhöhend aufzulösen (s § 6b Abs 3 S 5 EStG). Zu diesem Zweck ist die Zeit von der Einstellung der Rücklage beim Einbringenden an zu berücksichtigen; die Dauer der Bildung der Rücklage im eingebrachten BV wird der Übernehmerin also angerechnet. Im Wj der Auflösung der Rücklage ist gem § 6b Abs 7 EStG bei der Übernehmerin ein Gewinnzuschlag (Verzinsung der Rücklage) zu berücksichtigen. Dieser beträgt 6 % des Auflösungsbetrags für jedes volle Wj, in dem die Rücklage bestanden hat. Der Gewinnzuschlag ist ein Ausgleich für den pauschalierten Gewinn aus der ...