3.8.4.1 Bezugsrecht und Abspaltungstheorie
Tz. 38
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Die Beteiligung an einer Kap-Ges (Gesellschaftsanteil) umfasst ein Bündel von sog Mitgliedschaftsrechten. Dazu gehört ua das Bezugsrecht. Es bestimmt den Anspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft auf Erwerb eines seiner bisherigen Beteiligung entspr Anteils am erhöhten Nennkap (allg Meinung zum GmbH-Anteil: s Bayer, in Lutter/Hommelhoff, 21. Aufl, § 55 GmbHG Rn 19 mwNachw; ges Bezugsrecht bei der AG: s § 186 Abs 1 S 1 AktG; s Koch, in Koch, 17. Aufl, § 186 AktG Rn 4ff). Ist ein Gesellschafter zB mit 20 % am Nennkap einer Kap-Ges beteiligt, steht ihm grds das Recht zu, an einer Erhöhung des Kap im Umfang von 1/5 teilzunehmen. Solange eine Kap-Erhöhung aber noch nicht wirksam beschlossen ist, bleibt das (sog allg) Bezugsrecht ein immanent vorhandenes und nicht konkretisiertes Recht der Mitgliedschaft. Mit Kap-Erhöhungsbeschl wird das Bezugsrecht konkretisiert. Es beinhaltet einen der Kap-Erhöhung entspr Teil der Vermögenssubstanz der Altanteile, die von diesen abgespalten und dem Bezugsrecht zugeordnet wird (sog Abspaltungstheorie; s Urt des BFH v 06.12.1968, BStBl II 1969, 105; Bestätigung in Urt des BFH v 08.04.1992, BStBl II 1992, 761 unter II. 2.b); v 21.01.1999, BStBl II 1999, 638 unter B. II. 2.; v 19.12.2000, BStBl II 2001, 345; und v 19.04.2005, BStBl II 2005, 762 unter II. 3. a). Wenn das Bezugsrecht durch Bezug der neuen Anteile realisiert wird und diese einen Ausgabekurs haben, der unter dem Wert der Geschäftsanteile vor Kap-Erhöhung liegt, wird über das Bezugsrecht ein Teil der Substanz an die neuen Gesellschaftsanteile weitergegeben. Dieser Teil des Gesellschaftsvermögens wurde bis dahin durch die Altanteile allein repräsentiert (s Urt des BFH v 20.02.1975, BStBl II 1975, 505 (509) für AG und GmbH).
Tz. 39
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Mit dem Übergang der Substanz von den Altanteilen auf die jungen Anteile wird auch ein entspr Teil der ursprünglichen AK der Altanteile abgespalten (s Tz 49).
3.8.4.2 Mitverstrickung von Anteilen durch Überspringen stiller Reserven
3.8.4.2.1 Altanteile sind einbringungsgeborene Anteile
Tz. 40
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Hält der AE von Anteilen an einer Kap-Ges einbringungsgeborene Anteile iSd § 21 UmwStG, weil dieser
- die Beteiligung durch eine Sacheinlage vor Inkrafttreten des UmwStG idF des SEStEG zum Bw oder Zwischenwert erworben hat (Einbringender),
- einbringungsgeborene Anteile vom Einbringenden oder seiner Rechtsnachfolger unentgeltlich erworben hat (s Tz 33),
- eine Beteiligung hält, die bei Gründung oder vorherigen Kap-Erhöhungen nach § 21 UmwStG mitverstrickt ist (derivative einbringungsgeborene Anteile) oder
- AE "fiktiver" einbringungsgeborener Anteile aus einer Weitereinbringung von Anteilen iSd § 21 UmwStG unter Geltung des UmwStG idF ab SEStEG ist (s §§ 20 Abs 3 S 4 und 21 Abs 2 S 6 UmwStG idF des SEStEG, s § 20 UmwStG Tz 146ff),
verkörpern diese Anteile insoweit die stillen Reserven des Sacheinlagegegenstands und der späteren Wertentwicklung der Beteiligung. Diese stillen Reserven sind in besonderer Weise nach § 21 UmwStG st-verhaftet. Erfolgt bei der übernehmenden Gesellschaft eine Kap-Erhöhung gegen Bareinlage (oder Sachwerte), gehen stille Reserven von diesen speziell st-verstrickten Anteilen auf die jungen Anteile über, wenn
- entweder die Bareinlage (nur) dem Nennwert der Neuanteile entspr oder
- die Bareinlage einschl Aufgelder unter dem Wert der Sacheinlage und den bis zur Kap-Erhöhung eingetretenen Wertveränderungen der Altanteile (dh [Kurs-])Wert der Altanteile zum Zeitpunkt der Kap-Erhöhung) bleibt.
"Transportmittel" für den Übergang der stillen Reserven ist die Substanzabspaltung von den Altanteilen auf das Bezugsrecht, die sich sodann in den jungen Anteilen fortsetzt (s Tz 38 und s Urt des BFH v 08.11.2016, BStBl II 2017, 1002 unter Rn 23).
Zu einer derartigen Verschiebung (Verwässerung) stiller Reserven bei Kap-Erhöhungen von einbringungsgeborenen Anteilen auf durch Bareinlage erworbene Anteile kommt es bei einem Alleingesellschafter oder bei mehreren (fremden) Gesellschaftern, wenn jeder sein Bezugsrecht selbst realisiert und damit die Beteiligungsquote gleichbleibt. Eine Verschiebung der vermögensrechtlichen Position der Mitglieder tritt in diesem Fall nämlich nicht ein.
Bei Kap-Ges, an denen Angehörige als AE beteiligt sind (Familien-Kap-Ges), kann es iRv Kap-Erhöhungen zur Übertragung von Vermögenswerten alter Gesellschaftsanteile auf neue Anteile sowohl des oder der Altgesellschafter als auch der durch die Kap-Erhöhung hinzugetretenen Angehörigen kommen (s Werneburg, in H/M/B, 5. Aufl, Anh § 21 aF Rn 33). Dies ist entweder die Folge der abw von der (alten) Beteiligungsquote in Anspruch genommenen Bezugsrechte (Änderung der Beteiligungsverhältnisse unter den bisherigen Gesellschaftern) oder der Verzicht des Altgesellschafters auf sein Bezugsrecht oder Teilen davon zugunsten seiner Angehörigen (Änderung von Beteiligungsverhältnissen durch Erweiterung des Gesellschafterverbands; ebenso s Rabback, in R/H/vL, 3. Aufl, § 27 UmwStG Rn 70).
Tz. 40a
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Es ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Erhöhung des Nennkap ...