Lars Leibner, Ewald Dötsch
4.1 Einschränkungen nach § 8d Abs 1 S 1 KStG
Tz. 14
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Wie bereits ausgeführt (s Tz 9), setzt die Verlustrettung nach § 8d KStG nach seinem Abs 1 S 1 kumulativ voraus, dass
- die Verlust-Kö seit ihrer Gründung oder zumindest seit dem Beginn des dritten vorangegangenen VZ "ausschl denselben Geschäftsbetrieb unterhält" (s Tz 14b und s Tz 38ff) und
- "in diesem Zeitraum bis zum Schluss des VZ des schädlichen Beteiligungserwerbs kein Ereignis iSd Abs 2 stattgefunden hat".
- Zudem darf kein Ausschluss des Anwendungsbereiches iSd § 8d Abs 1 S 2 KStG vorliegen (s Tz 18ff).
Die Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liegt bei der Verlust-Kö (glA s Suchanek/Rüsch, in H/H/R, § 8d KStG Rn 22 und s Neumann/Höffer, GmbHR 2021, 413, 415).
Das bedeutet, dass bereits während des zeitlich vorgelagerten Beobachtungszeitraums bis zum Ende des VZ des schädlichen Beteiligungserwerbs (= Beobachtungszeitraum B) der Geschäftsbetrieb der Verlust-Kö nicht eingestellt, nicht ruhend gestellt oder einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt sein darf, dass die Kö keinen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufgenommen, sich nicht an einer MU-Schaft beteiligt und keine OT-Stellung eingenommen haben darf und dass auf die Kö nicht WG zu einem unterhalb des gW liegenden Werts übertragen worden sind. Zu den einzelnen schädlichen Ereignissen iSd § 8d Abs 2 KStG s Tz 54ff.
Der Eintritt eines solchen Ereignisses iSd § 8d Abs 2 KStG vor dem Beginn des vorgelagerten Beobachtungszeitraums ist dagegen – vorbehaltlich § 8d Abs 1 S 2 KStG (s Tz 18ff) – unschädlich für eine Antragstellung nach § 8d Abs 1 S 5 KStG (s Suchanek/Rüsch, Ubg 2017, 7, 9).
Vorgelagerter Beobachtungszeitraum:
Der vorgelagerte Beobachtungszeitraum beginnt entweder mit der Gründung der Kö oder mit dem Beginn des dritten VZ, der dem VZ des schädlichen Beteiligungserwerbs vorausgeht, wenn die Gründung der Kö bereits länger zurückliegt.
Von diesem Zeitpunkt an bis zum schädlichen Beteiligungserwerb darf die Kö ausschl denselben Geschäftsbetrieb unterhalten (diesen Zeitraum bezeichnet die Fin-Verw als "Beobachtungszeitraum A", s Rn 13 des BMF-Schr v 18.03.2021). In einem AdV-Verfahren hat das FG SnA mit Beschl v 15.11.2022 (s EFG 2023, 793 mit Urt-Anm Falk; s auch Rüsch, GmbHR 2023, 659, 662) uE zutr entschieden, dass die Vorschrift des § 8d Abs 1 S 1 KStG eine Zeitraumbetrachtung erfordert, so dass die Entwicklung des Geschäftsbetriebs während des gesamten Beobachtungszeitraums A betrachtet werden muss. Ein reiner Zeitpunktvergleich des Geschäftsbetriebs zu Beginn des Beobachtungszeitraums A und zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs kommt nach Auff des FG aufgr des eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht und könnte auch zu unsachgem Ergebnissen führen, wenn sich der Geschäftsbetrieb über die Jahre strukturell fortentwickelt hat.
Zudem darf von diesem Zeitpunkt an bis zum Schluss des VZ des schädlichen Beteiligungserwerbs kein schädliches Ereignis iSd § 8d Abs 2 KStG stattgefunden haben (diesen Zeitraum bezeichnet die FinVerw als "Beobachtungszeitraum B", s Rn 13 des BMF-Schr v 18.03.2021).
Liegt der Gründungszeitpunkt der Kö weniger als drei VZ vor dem VZ der Antragstellung, reduziert sich der Dreijahreszeitraum auf den Zeitraum seit der Gründung. Maßgeblich ist also immer der jeweils kürzere Zeitraum (s Suchanek/Rüsch, Ubg 2017, 7). Für den Zeitpunkt der Gründung ist uE nicht erst auf die Eintragung im HReg, sondern bereits auf den Zeitpunkt des formgültigen Abschlusses des notariellen Gesellschaftsvertrags abzustellen (= Vorgesellschaft, die ebenfalls bereits der KStPflicht unterliegt; s H1.1 "Beginn der StPflicht" KStH 2022; dem folgt auch die FinVerw, s Rn 14 des BMF-Schr v 18.03.2021; glA s Beschl des FG SnA v 15.11.2022, EFG 2023, 793). Badde (s Ubg 2024, 200, 203) ist uE insoweit zuzustimmen, dass die in § 8d Abs 1 S 1 KStG enthaltene Formulierung "ausschl denselben Geschäftsbetrieb unterhält" nicht dazu führt, dass ab der rechtlichen Gründung der Kö sofort ein Geschäftsbetrieb unterhalten werden muss. Insbes ist eine anfängliche Phase, in der kein Geschäftsbetrieb unterhalten wird, unschädlich, wenn der anschließend aufgenommene Geschäftsbetrieb bis zum Schluss des VZ des schädlichen Beteiligungserwerbs unverändert und ununterbrochen fortgeführt wird. Zum Vorliegen eines Geschäftsbetriebs bei Neugründungen und Vorratsgesellschaften s Tz 35.
Der gesamte Beobachtungszeitraum B beträgt grds vier VZ und damit vier volle Kj, soweit kein späterer Gründungszeitpunkt der Kö vorliegt (s Tz 16 und s Suchanek/Rüsch, Ubg 2017, 7, 9). Ein abgekürzter Beobachtungszeitraum kann sich auch in dem Fall der Sitzverlegung einer ausl Kö nach D ergeben (glA s Förster/von Cölln, DStR 2017, 8, 11).