4.2.1 Allgemeines
Tz. 80
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Korrespondierend mit dem zivilrechtlichen Theorienstreit über die Rechtsnatur ausl Gesellschaften hat sich auch der kstliche Meinungsstreit darüber, ob und inwieweit eine nach ausl Recht gegründete Gesellschaft mit Sitz im Inl der unbeschr KStPflicht unterliegen kann, weiterentwickelt.
4.2.2 Rechtslage bis 2005
Tz. 81
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Meinung 1: Eigenständigkeit des KStR
Richtungsweisend bezüglich der kstlichen Qualifikation ausl Gesellschaften war früher das Urt des RFH v 12.02.1930 (RStBl 1930; 444). Dieses wegen der Beteiligung eines Inländers an einer Gesellschaft venezolanischen Rechts oft als "Venezuela-Entsch" zitierte Urt hatte klargestellt, dass ein ausl Rechtsgebilde iR seiner stlichen Bewertung danach zu untersuchen ist, ob es mehr dem Typ einer Kap-Ges oder dem einer Pers-Ges ähnelt. Damit wurde eine Eigenständigkeit des KStR ggü dem ZivR hervorgehoben, die auch der BFH, s Urt des BFH v 03.02.1988 (BStBl II 1988, 588) betonte, in dem er ua ausführte, es richte sich "aber ausschl nach dt StR, ob eine rechtsfähige oder nicht rechtsfähige ausl Gesellschaft der dt KSt oder etwa der dt ESt unterliegt". Ähnlich s auch Urt des BFH v 03.02.1988 (BStBl II 1988, 588).
Tz. 82
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Dem folgend vertrat die hM der Komm-Lit früher die Auff, dass § 1 Abs 1 KStG in eigenständiger stlicher Wertung entscheidet, welche (ausl) Gesellschaften KSt-Subjekte sind.
Tz. 83
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Diese Meinung entsprach der Auff des BVerfG zur Maßgeblichkeit des ZivR für das StR (dazu s Tz 17f). Dazu stellte Debatin (BB 1988, 1155 und BB 1990, 1457) unter Bezugnahme auf das Urt des BFH v 17.07.1968 (aaO) klar, dass zwar eine zivilrechtliche Weichenstellung (Indizwirkung) anzuerkennen sei, dass für die stliche Betrachtung aber letztlich nicht die Rechtsfähigkeit, sondern die wes Strukturmerkmale einer Gesellschaft maßgebend seien.
Tz. 84
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Meinung 2: Maßgeblichkeit des ZivR
Oppermann (DB 1988, 1469) ua gingen hingegen davon aus, dass die KSt eine von der Rechtsform abhängige St ist, die an die zivilrechtliche Qualifikation einer ausl Gesellschaft nach der Sitztheorie anknüpft. Diese Auff hatte sich auch die Fin-erw zu eigen gemacht, die in einem koordinierten Ländererl (s Erl der FinBeh Hbg v 15.01.1985, DB 1985, 258) die KStPflicht einer sog "british non-resident ltd" mit Geschäftsleitung und Betrieb im Inl mit der Begr verneint hatte, nach der zivilrechtlichen Sitztheorie sei eine solche Gesellschaft britischen Rechts im Inl nicht rechtsfähig.
Tz. 85
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Auch Wassermeyer (DB 1990, 244) knüpfte bei der Auslegung des § 1 KStG früher streng formalistisch an das dt Gesellschaftsrecht an und vertrat unter Berufung auf die Rspr des BFH (insbes s Urt des BFH v 29.10.1986, BStBl II 1987; 308, v 29.10.1986, BStBl II 1987, 310; und v 13.09.1989, I R 105/86, BFH/NV 1990, 326) die Auff, das StR habe in § 1 und 2 KStG die KSt-Subjekteigenschaft an das dt ZivR angebunden. Daraus schloss er, dass nur eine Kap-Ges dt Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung im Inl unbeschr kstpfl sein könne. Ausl Kap-Ges wollte er hiernach unabhängig vom Verwaltungssitz nur den Status der beschr KStPflicht zuerkennen. Wegen Kritik daran s Debatin (BB 1990, 1457).
Tz. 86
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Differenzierter urteilte Buyer (DB1990, 1682), der eine ausl Kap-Ges mit Verwaltungssitz im Inl im Gegensatz zu Wassermeyer (aaO) zwar als unbeschr kstpfl ansah, sie jedoch wegen der fehlenden inl Rechtsfähigkeit nicht den Kap-Ges iSd § 1 Abs 1 Nr 1 zuordnete, sondern den Zweckvermögen iSd § 1 Abs 1 Nr 5 KStG.
Tz. 86a
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BFH-Entsch v 23.06.1992 zur "Liechtensteiner AG"
Mit seiner Entsch v 23.06.1992 (BStBl II 1992, 972) hatte der BFH in dem oben dargestellten Meinungsstreit – abw von der Verw-Auff zu den "non resident – limiteds" (s Tz 84) – zumindest vorläufig einen Schlusspunkt gesetzt und folgende Position eingenommen:
"Eine im Ausl gegründete Gesellschaft, die wie eine dt Kap-Ges strukturiert ist, kann der unbeschr KStPflicht nach § 1 Abs 1 Nr 5, § 3 Abs 1 KStG auch dann unterliegen, wenn sie ihre Geschäftsleitung im Inl hat und deshalb nach dt internationalen Privatrecht nicht rechtsfähig ist."
In dem Urt ging es um die KStPflicht einer im Fürstentum Liechtenstein gegründeten AG mit Sitz in Liechtenstein und Geschäftsleitung in D. Der BFH führte in seiner Begr aus, dass die KStPflicht dieser AG sich nicht aus § 1 Abs 1 Nr 1 oder § 1 Abs 1 Nr 4 KStG herleiten lässt, weil die AG im Inl mangels Eintragung ins HReg nicht rechtsfähig ist. Er vertrat die Auff, dass die volle Zivilrechtsfähigkeit im Inl zwingende Voraussetzung für die Qualifikation eines Gesellschaftsgebildes als Kap-Ges iSd § 1 Abs 1 Nr 1 KStG oder als sonstige jur Pers des privaten Rechts iSd § 1 Abs 1 Nr 4 KStG ist. Ungeachtet dessen kam er aber zu dem Ergebnis, dass im Inl nicht rechtsfähige ausl Gesellschaften, die von ihrem Rechtstypus her Kap-Ges oder sonstigen jur Pers iSd § 1 Abs 1 Nrn 1 oder ...