Tz. 19
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Nach § 8 Abs 7 S 1 Nr 1 KStG sind die Rechtsfolgen der vGA iSd § 8 Abs 3 S 2 KStG bei BgA iSd § 4 KStG nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben. Ein Dauerverlustgeschäft iSd § 8 Abs 7 S 2 KStG setzt eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung voraus, die den Tatbestand einer vGA erfüllt. Insoweit liegt die Beweislast bei der FinVerw (s § 8 Abs 3 KStG Teil C Tz 700ff). Die Feststellungslast, dass es sich hierbei um ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft iSd § 8 Abs 7 S 2 KStG handelt, trifft den Stpfl (s Schr des BMF v 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303 Rn 35).
Tz. 20
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Die (politischen) Gründe für die Nichterhebung eines kostendeckenden Entgelts, die die wirtsch Betätigung zu einem begünstigten Dauerverlustgeschäft machen, sind in § 8 Abs 7 S 2 KStG abschließend aufgezählt (s Hidien, Ubg 2023, 300). Unter die einzelnen Gründe (Oberbegriffe) können eine Vielzahl von Einzelbetätigungen subsumiert werden. UE ist bei der Auslegung der Vorschrift nicht zu eng zu verfahren, um den Bedürfnissen der öff Hand bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben gerecht zu werden (ebenso s Fiand/Klaiber, KStZ 2009, 41; s Urt des FG Sn v 15.12.2010, Az: 4 K 635/08; aA s Kohlhepp, in Sch/F, KStG, 2. Aufl, § 8 Rn 832). Hierunter fallen zB (hierzu s auch Schr des BMF v 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303 Rn 40ff und s Schiffers, GmbH-StB 2009, 67):
Verkehrsbereich
ÖPNV, Güternah- und -fernverkehr, Flughafenbetriebe, Parkraumbewirtschaftung, Hafen- und Fährbetriebe. Von der Fin-Verw nicht allg entschieden ist die Frage, ob unter § 8 Abs 7 S 2 KStG nur der öff Verkehr iSd § 4 Abs 3 KStG oder zB auch Gelegenheitsverkehre iSd § 46 Abs 2 PBefG (hierzu s § 4 KStG Tz 62) fallen. Nach Kohlhepp (in Sch/F, KStG, 2. Aufl, § 8 Rn 869) und Bürstinghaus (in H/H/R, KStG, § 8 Rn 564) fallen hierunter auch die Netzinfrastruktur (Schienen und Wegenetz) und die Konzessionierung. AA insoweit s Paetsch (in R/H/N, KStG, 2. Aufl, § 8 Rn 1852); nach der dort (uE zutr) vertretenen Rechts-Auff stellt die alleinige Bewirtschaftung der Infrastruktur (Schienen- und Straßennetz), wenn die Beförderungsleistungen von Dritten erbracht werden, kein begünstigtes Dauerverlustgeschäft dar, da die begünstigte Tätigkeit von der Kö selbst ausgeübt werden muss (hierzu s Tz 23a; zur stlichen Behandlung iRe Betriebsaufspaltung s Tz 23b).
Umweltbereich
Gewerbemüllentsorgung (soweit im Einzelfall nicht hoheitlich). Nach Bürstinghaus (in H/H/R, KStG, § 8 Rn 565) gehören hierzu auch Begrünungen, Bepflanzungen und Landschaftspflege einschl der Unterhaltung von Parks und Gärten. Zur "umweltfreundlichen Energieerzeugung" s Tz 23. Nach Verw-Auff stellen auch Beratungsleistungen zur Durchführung umweltpolitischer Maßnahmen durch Dritte eine unmittelbare Tätigkeit zur Erfüllung der begünstigten Tätigkeit "Umweltpolitik" dar.
Sozialbereich
Kindergärten, Tageseinrichtungen für Kinder, Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenhilfe, Senioreneinrichtungen. Nach Neugebauer (s DB 2019, 1765) fällt hierunter auch der Verbraucher- und Mieterschutz.
Nach RechtsAuff der FinVerw ist auch der dauerdefizitäre Kantinen-BgA von Verwaltungshochschulen als begünstigtes Dauerverlustgeschäft anzusehen, soweit eine verbilligte Speisenabgabe an in § 53 AO genannte Bedürftige in dem sich nach § 66 Abs 3 AO ergebenden Umfang erfolgt (vgl hierzu auch AEAO zu § 66, Nr 5). Nach Schiffers (s DStZ 2022, 337) ist auch die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine dem "Sozialbereich" zuzuordnen; nach Schiffers (DStZ 2023, 380) ist jedoch fraglich, ob insoweit ein "Dauerverlustgeschäft" vorliegt.
Nach Rechtsauff v Göbel/Westermann (DStR 2023, 911) und Menke (DStR 2023, 2269) stellt der aus sozialen Gründen erfolgte Verzicht eines Versorgungsunternehmens auf Einstellung der Energielieferung wegen Nicht-Zahlung durch den Verbraucher ("Sperrmoratorium") ggf eine vGA dar. Menke (aaO) spricht sich dafür aus, in diesen Fällen das Vorliegen eines begünstigten Dauerverlustgeschäfts (sozialpolitische Gründe) zu prüfen.
Kulturbereich
Bibliotheken, Zoologische Gärten, Museen, kulturelle Ausstellungen, Kinos, Opern, Theater, Bühnen, Orchester. Leippe (s DStZ 2010, 106) rechnet hierzu – uE tw zu weit gehend (s Tz 21) – auch Stadthallen, Bürgerhäuser, Stadtfeste, Gartenschauen, Wochenmärkte, Weihnachtsmärkte uä. Nach Pinkos (DStZ 2010, 96) zählen hierzu auch historische Volksfeste; dem ist uE zuzustimmen, wenn diese Feste die Möglichkeit bieten, Einblicke in die kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt der Stadt bzw Region zu nehmen. Entspr gilt uE für Veranstaltungen wie zB den "RP-Tag" oder den "Tag der dt Einheit". Wegen der Behandlung derartiger Veranstaltungen als einheitlicher BgA s § 4 KStG Tz 109 "Veranstaltungen".
Bildungsbereich
Schulen und Kurstätigkeit von Kammern (soweit nicht hoheitlich) oder Volkshochschulen, Musikschulen. Zur Zurechnung von als BgA zu behandelnden forschungsnahen Tätigkeiten der Hochschulen (s...