Tz. 125

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

Bei der Wertpapierleihe überträgt der Verleiher dem Entleiher börsennotierte Anleihepapiere oder Aktien. Der Entleiher verpflichtet sich, nach Ablauf der Leihfrist Wertpapiere der gleichen Ausstattung rückzuübertragen.

Bei der sog Wertpapierleihe handelt es sich rechtlich nicht um eine Leihe iSv § 598 BGB, sondern um ein Sachdarlehen iSd §§ 607 ff BGB. Die Darlehenshingabe bedeutet die Pflicht des Verleihers, dem Entleiher das Eigentum an den Aktien zu übertragen (s § 929 ff BGB). Der Entleiher tritt in alle Rechte aus den Aktien ein. Ihm stehen während seiner Besitzzeit insbes das Dividenden- und das Stimmrecht zu. Der Entleiher ist als zivilrechtlicher Eigentümer auch berechtigt, die Aktien weiterzuverleihen, zu verkaufen oder zu verpfänden. Ebenso s Urt des FG HH v 24.11.2011 (EFG 2012, 351). Das Risiko eines Kursverfalls geht bei der Wertpapierleihe zu Lasten des Verleihers (s Häuselmann, NWB F 3, 8707).

Die Wertpapierleihe führt zivilrechtlich zur Übertragung des Eigentums an den Aktien auf den Entleiher. Der Entleiher wird auch wirtsch Eigentümer der entliehenen Aktien iSd § 39 AO. Sämtliche Erträge aus den darlehensweise übertragenen Aktien stehen dem Darlehensnehmer zu. Ebenfalls hierzu s § 8b KStG Tz 33, 474.

 

Tz. 126

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

Nach früherer Praxis waren die Ziele der Beteiligten eines Pensionsgeschäfts und einer Wertpapierleihe gegenläufig. Das Wertpapier-Pensionsgeschäft diente traditionell dem Pensionsgeber zur Verschaffung von Liquidität. Bei der Wertpapierleihe stand aber die Überlassung der Papiere im Vordergrund, die der Entleiher für seine Zwecke benötigt. Heute haben sich beide Wertpapierüberlassungsformen stark angenähert. Auch für die Wertpapierleihe rückt zunehmend die Liquidität des Kap-Markts in den Vordergrund (s Oho/v Hülst, DB 1992, 2582).

Die Bilanzierungsvorschriften für Wertpapier-Pensionsgeschäfte (s § 340b HGB) finden auf Wertpapierleihgeschäfte keine Anwendung (s Hartung, BB 1993, 1175). Das Schr des BMF v 03.04.1990 (DB 1990, 863) kommt aber doch zu einer im Ergebnis vergleichbaren Regelung. Danach sind die Wertpapiere beim Darlehensgeber auszubuchen, jedoch ist iHd Bw ein Rückforderungsanspruch (Surrogat) auf der Aktivseite zu bilanzieren, so dass es aus Anlass der Darlehensgewährung nicht zu einer Gewinnrealisierung kommt. Entspr ist umgekehrt beim Darlehensnehmer zu verfahren. AA s Prahl/Naumann (WM 1992, 1178) und der Versicherungsfachausschuss des IDW (IDW RSVFA 1, Wpg 2000, 380 Rn 14), die zumindest beim standardisierten Wertpapierleihgeschäft (hierzu s Tz 127) das wirtsch Eigentum weiterhin beim Verleiher annehmen.

Das Bayerische LSt (s Vfg v 20.07.2010, DB 2010, 1672) und die OFD Ffm (s Vfg v 19.11.2013, DB 2014, 454) führen zur bil-stlichen Behandlung aus: "Mit der zivilrechtlichen Übertragung des Eigentums ist die Darlehensvaluta auch stlich dem Darlehensnehmer (Entleiher) zuzurechnen, da er auch im wirtsch Sinne Eigentümer ist. Eine Zurechnung beim Darlehensgeber ist demgem ausgeschlossen. Durch diese Behandlung wird auch vermieden, dass bei einer anschließenden Übereignung der Wertpapiere durch den Darlehensnehmer an einen Dritten die Wertpapiere doppelt – nämlich sowohl beim Darlehensgeber als auch bei dem Dritten – erfasst werden. Bei dem Darlehensgeber tritt an die Stelle der Wertpapiere eine Forderung auf Wertpapiere gleicher Art, Güte und Menge. Die Sachforderung ist das Surrogat für die Sache selbst. Unter diesem Blickwinkel ist die Sachforderung mit dem Bw der hingegebenen Wertpapiere anzusetzen. Eine Gewinnrealisierung aufgrund der ggf in den Wertpapieren enthaltenen stillen Reserven (zB durch Kurssteigerungen) tritt durch diesen Aktivtausch nicht ein."

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