Alexandra Pung, Ewald Dötsch
5.1.1 Grundsätzliches
Tz. 7
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Ein GAV, den eine AG (einschl der SE) oder KGaA als OG mit ihrem Hauptgesellschafter abschließt, muss nach § 304 Abs 1 AktG für außenstehende Aktionäre einen angemessenen Ausgleich durch eine auf die Aktiennennbeträge bezogene wiederkehrende Geldleistung (Az) vorsehen. Ohne eine solche Vereinbarung ist der GAV hr-lich nichtig. Wie Frotscher (in F/D, § 16 KStG Rn 8) zutr ausführt, ist eine Az ihrem Wesen nach keine Beteiligung am Gewinn der OG, da wegen des GAV ein H-Bil-Gewinn bei der OG nicht entstehen kann. Die Az ist vielmehr ein Ausgleich dafür, dass die OG für die Dauer des GAV keinen Gewinn mehr erzielt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der außenstehende Minderheitsgesellschafter die Az als Kap-Ertrag iSd § 20 Abs 1 Nr 1 EStG versteuern muss (s Tz 71).
Tz. 8
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Der Begriff des außenstehenden Aktionärs ist unklar. Wenn § 304 AktG den Begriff "außenstehend" verwendet, ist das uE so zu verstehen, dass damit "außerhalb des Konzernverbunds stehend" gemeint ist (glA s Frotscher, in F/D, § 16 KStG Rn 13 und s Walter, in B/W, § 16 KStG Rn 7). Nach hM sind vom OT abhängige oder ihn beherrschende Unternehmen dann keine außenstehenden Aktionäre, wenn die Abhängigkeit bzw die Beherrschung zu 100 % besteht oder wenn die in Frage stehenden Aktionäre mit dem OT aktiv oder passiv durch einen Beherrschungsvertrag und/oder GAV verbunden sind (s Nick/Reuter/Bächle, Hdb der AG, Rn 2376 mwNachw; allerdings wollen die genannten Autoren entgegen der hM in Anlehnung an die Lit zu § 295 AktG den Begriff des außenstehenden Aktionärs noch enger fassen). UE gebührt der hM der Vorzug, die damit begründet wird, dass es Zweck der §§ 304, 305 AktG sei, die Aktionäre zu schützen, deren Gewinnaussichten durch Beherrschungsvertrag und/oder GAV beseitigt oder geschmälert werden.
Baldamus (ZGR 2007, 819, 822ff) geht in Fällen von aufsteigenden und absteigenden 100 %-Beteiligungen des OT, in Fällen von Schw-Ges sowie in Fällen, in denen der Gesellschafter der OG die 100 %-Beteiligung am OT mittelbar hält, nicht von außenstehenden Gesellschaftern aus.
Nach Auff von Rödder/Joisten (in R/H/N, 2. Aufl, § 16 KStG Rn 55) kann "Außenstehend" nur ein unmittelbar Beteiligter sein, der nicht Vertragspartei des GAV ist. Ebenso s Neumann (in Gosch, 4. Aufl, § 16 KStG Rn 4) und s Dallwitz (in Sch/F, 2. Aufl, § 16 KStG Rn 31ff).
In diesen Fällen führt das Fehlen von Az nicht zur Nichtigkeit des GAV (s Urt des BFH v 04.03.2009, BStBl II 2010, 407).
Tz. 9
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
UE sind in den nachstehenden Fällen die konzernzugehörigen Minderheitsgesellschafter der OG nicht als außenstehende Aktionäre iSd § 304 AktG anzusehen (s Dötsch, DK 2004, 716):
wenn die Anteile an der betr Gesellschaft (Minderheitsaktionär) entweder unmittelbar oder mittelbar zu 100 % dem OT gehören oder wenn diese Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar 100 % der Anteile an dem OT hält:
Beispiele:
Wenn die als Minderheitsgesellschafter an der OG beteiligte ZwiGes nicht zu 100 % dem Konzern angehört, an ihr selbst also ebenfalls Minderheitsgesellschafter beteiligt sind, muss die OG Az leisten;
wenn die betr Gesellschaft (Minderheitsaktionär) mit dem OT aktiv oder passiv durch einen Beherrschungsvertrag oder durch einen GAV verbunden ist:
Da entspr Regelungen sowohl im HR als auch im StR fehlen, entspr uE bei konzernangehörigen Minderheitsgesellschaftern sowohl die Gewährung als auch die Nichtgewährung von Az dem Verhalten eines gewissenhaften und ordentlichen GF, sodass für die Annahme einer verdeckten Einlage oder einer vGA grds kein Raum ist (glA s Sauter/Heurung, GmbHR 2001, 754; s Walter, in B/W, § 16 KStG Rn 13 und s Frotscher, in F/D, § 16 KStG Rn 22–25). AA s Dallwitz (in Sch/F, 2. Aufl, § 16 KStG Rn 30). Zu Recht krit zu der Höhe nach unangemessenen Az s Neumann (in Gosch, 4. Aufl, § 16 KStG Rn 19).
Tz. 10
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Fraglich erscheint, ob in dem Fall, in dem eine KG zB mit 94,9 % als OT und deren MU zusammen mit 5,1 % an einer AG (= OG) beteiligt sind, die MU einen Anspruch auf Az haben. Hr-lich handelt es sich bei einer Pers-Ges und deren Gesellschaftern – abweichend vom ESt-Recht – um getrennte Rechtspersonen, was uE für eine Ausgleichspflicht spricht. Als Obergesellschaft kommt jedes Unternehmen in Betracht, das nach Maßgabe des § 291 AktG Partei des GAV sein kann (s Stephan, in Schmidt/Lutter, Komm zum AktG, 3. Aufl, § 304 AktG Rn 29).
Tz. 11
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Die Frage, auf welchen Zeitpunkt zu bestimmen ist, ob ein AE außenstehend iSd § 304 AktG ist, beantwortet sich uE entspr den Ausführungen in Tz 29, dh es kommt auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Entstehens des Ausgleichsanspruchs an. Ebenso s Baldamus (ZGR 2007, 819, 833), s Rödder/Joisten (in R/H/N, 2. Aufl, § 16 KStG Rn 60 und s Frotscher, in F/D, § 16 KStG Rn 17). Dallwitz (in Sch/F, 2. Aufl, § 16 KStG Rn 35) will hingegen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Abschluss des GAV abstellen. Wegen der Beend...