Alexandra Pung, Ewald Dötsch
Tz. 27
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Bei einer GmbH als OG können ebenfalls Az an außenstehende Gesellschafter vorkommen (s Verweis in § 17 S 1 KStG auf § 16 KStG). Da es keine ges Vorschriften gibt, die den Abschluss eines GAV und die Gewährung von Az bei einer GmbH als OG ausdrücklich regeln, stellt sich die Frage, ob § 304 AktG in diesem Fall entspr anwendbar ist.
Diese Frage ist bisher zivilrechtlich noch nicht abschließend geklärt (s Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 63 mwNachw). Wenn der BFH in seinem Urt v 10.05.2017 (BStBl II 2019, 278 Rn 19 der Urt-Begr; dazu s Tz 41) aus § 17 S 1 (heute: § 17 Abs 1 S 1) KStG für die Zeit vor Inkrafttreten des § 14 Abs 2 KStG herausliest, dass auch bei einer GmbH als OG die Kombination aus einer festen und einer variablen Komponente bei der Bemessung von Az zur stlichen Nichtanerkennung der Organschaft wegen fehlender Vollabführung des Gewinns führt, kann uE daraus (so zutr s Brühl/Weiss, Ubg 2018, 94, 95) nicht geschlossen werden, dass das Aktienrecht zwingend auf den GAV einer GmbH als OG anzuwenden ist. UE bringt der BFH in der oa Entscheidung lediglich zum Ausdruck, dass, wenn eine GmbH als OG Az vereinbart, diese an den Regeln des § 304 AktG zu messen sind (glA s Badde, DStR 2019, 194, 195). Offenbar leitet der BFH die entspr Geltung des § 304 AktG auch für eine GmbH als OG aus der in § 17 S 1 KStG aF angeordneten entspr Anwendung der §§ 14–16 KStG auch in den Fällen des § 17 KStG ab, dh aus dem Blickwinkel des StR. Für eine entspr Anwendung spricht, dass die Sach- und Interessenlage des Minderheitsgesellschafters einer GmbH derjenigen eines Minderheitsaktionärs entspr (so auch s Krauss, BB 1988, 528, und s Weber, GmbHR 2003, 1347). Dagegen wird zutr eingewandt, dass der GAV nach hM der Zustimmung aller Gesellschafter der abhängigen GmbH bedarf (s § 14 KStG Tz 330), sodass ein ges Minderheitenschutz und damit die analoge Anwendung des § 304 AktG nicht erforderlich ist bzw § 304 AktG nur dann analog anzuwenden ist, wenn – zB auf Grund konkreter Satzungsklauseln – der GAV nicht der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf (s Emmerich, in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 8. Aufl, § 304 AktG Rn 11; s Emmerich, in Scholz, GmbHG, 10. Aufl, Anh, § 13 Rn 158ff; s Baldamus, Ubg 2010, 483, 488 sowie ZGR 2007, 819, 843 und s LG Dortmund v 11.03.1998, GmbHR 1998, 941).
Wegen des Zustimmungserfordernisses ist der außenstehende GmbH-Gesellschafter in der Lage, seine Rechte zu wahren. Wenn er dem GAV zugestimmt hat, gewährleistet dies seinen ausreichenden Schutz mit der Folge, dass bei einem GAV ohne Az kein Grund besteht, entspr § 304 Abs 3 AktG die Nichtigkeit des GAV anzunehmen. Fälle dieser Art kommen in der Praxis häufiger bei kommunalen Eigengesellschaften vor, bei denen die Kommune vorher Alleingesellschafterin war und dann eine Mehrheitsbeteiligung veräußert. Um einen höheren Veräußerungserlös für die veräußerte Mehrheitsbeteiligung zu erzielen, verzichtet die Kommune, die durch die Veräußerung zur Minderheitsgesellschafterin geworden ist, auf Az.
Reicht für den Abschluss des GAV im Einzelfall hingegen eine qualifizierte Mehrheit aus, sind nach hM (s Emmerich, in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 8. Aufl, § 304 AktG Rn 11 und s Paulsen, in MüKo AktG 4. Aufl, § 304 AktG Rn 19) die Minderheitsgesellschafter schutzwürdig, dh § 304 AktG ist dann auch bei einer GmbH als OG zu beachten.
Die Konsequenz der entspr Anwendung des § 304 AktG auch im GmbH-Konzern wäre, dass auch bei einer GmbH als OG ein GAV ohne Vereinbarung erforderlicher Az als nichtig anzusehen und ihm deshalb die stliche Anerkennung zu versagen wäre. UE sollte das StR derart gravierende Folgerungen nicht ziehen, solange die hr-liche Frage höchstrichterlich nicht entschieden ist. Deshalb ist ein GAV mit einer GmbH als OG uE sowohl mit als auch ohne Vereinbarung von Az stlich anzuerkennen (glA s Sauter/Heurung, GmbHR 2001, 754; s Dötsch, DK 2004, 716; s Schöneborn, DB 2010, 245; s Dallwitz, in Sch/F, 2. Aufl, § 16 KStG Rn 21; s Frotscher, in F/D, § 16 KStG Rn 20; s Rödder/Joisten, in R/H/N, 2. Aufl, § 16 KStG Rn 25 und s Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 63).
Wenn auch § 304 AktG bei einer GmbH als OG nicht analog gilt, steht es den Unternehmen frei, im GAV die entspr Anwendung zu vereinbaren. In diesem Fall sind auch die stlichen Vorschriften betr die Az anzuwenden.