5.6.1 Wahlrecht auf Besteuerung bei Zufluss der Bezüge
Tz. 86a
Stand: EL 101 – ET: 03/2021
Werden einbringungsgeborene Anteile gegen wiederkehrende Bezüge (Renten oder Raten) veräußert, ermittelt sich der VG im Zeitpunkt der Übertragung des wirtsch Eigentums gem § 21 Abs 1 S 1 UmwStG. Der Veräußerungspreis in Gestalt der wiederkehrenden Bezüge wird durch deren Barwert bestimmt (s Tz 70). Abw von der in § 21 Abs 1 S 1 UmwStG geregelten Sofortversteuerung (ges "Normalfall") kann der Veräußerer der einbringungsgeborenen Anteile auch eine ("nachgelagerte") Besteuerung bei Zufluss der jeweiligen Bezüge beantragen (Zuflussbesteuerung bei ausdrücklichem Antrag). In diesem Fall ergibt sich ein VG erst, wenn und soweit der Kap-Anteil der Renten- oder Ratenzahlungen den maßgebenden Bw/AK der einbringungsgeborenen Anteile (s Tz 75ff) zuz der Veräußerungskosten (s Tz 73f) übersteigt.
Das aus der BFH-Rspr zur Betriebsveräußerung iSd § 16 EStG abgeleitete Wahlrecht auf Zuflussbesteuerung (ständige Rspr, z. B. s Urt des BFH v 05.11.2019, BStBl II 2020, 262 unter Rn 14 und 15) wendet die Fin-Verw bei der Veräußerung von nach § 17 EStG st-verstrickten Anteilen entspr an (s R 140 Abs 7 S 2 EStR 2003/R 17 Abs 7 S 2 EStR 2005–2012). Aufgr der vergleichbaren Problematik bei der Veräußerung von Anteilen an Kap-Ges nach § 21 Abs 1 S 1 UmwStG und des dort enthaltenen Verweises auf § 16 EStG muss dies uE auch bei einbringungsgeborenen Anteilen gelten, wenn der AE eine natürliche Pers ist (ebenso s Urt des BFH v 14.01.2004, BStBl II 2004, 493 unter II. 1 b) bb); s Widmann in W/M, Anh 15 Rn 323).
Das Wahlrecht auf Zuflussbesteuerung besteht bei Kaufpreisraten nur dann,
- wenn die Raten über einen mehr als zehn Jahre dauernden Zeitraum zu zahlen sind und
- wenn die Ratenvereinbarung sowie die sonstigen vertraglichen Regelungen eindeutig den Versorgungscharakter für den Veräußerer zum Ausdruck bringen (sog Veräußerungszeitrente; s Urt des BFH v 20.07.2010, BStBl II 2010, 969; v 05.11.2019, BStBl II 2020, 262 unter Rn 16).
Werden die einbringungsgeborenen Anteile gegen eine Einmalzahlung und wiederkehrende Bezüge veräußert, ist eine antragsgemäße nachgelagerte Besteuerung möglich. Hinsichtlich des festen Entgelts ist jedoch die Sofortversteuerung gem § 21 Abs 1 S 1 UmwStG zwingend (zB s Urt des BFH v 07.11.1999, BStBl II 1992, 457 unter 3.).
Das Wahlrecht auf Zuflussbesteuerung beruht auf einer teleologischen Reduktion des grds zwingenden Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG iVm dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung (s Urt des BFH v 14.05.2002, BStBl II 2002, 532 mwNachw). Beide Aspekte (nämlich die Tarifermäßigung des § 34 EStG und die Besteuerung des Veräußerers nur nach dem tats erlangten Veräußerungspreis) spielen bei der Besteuerung von Kap-Ges keine Rolle, sodass bei Kap-Ges als AE im Fall der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile die Sofortversteuerung zwingend ist.
Fraglich ist, ob eine Zuflussbesteuerung auch dann zulässig ist, wenn die einbringungsgeborenen Anteile zum BV einer natürlichen Pers gehören. Dies ist zu bejahen, wenn der gesamte Betrieb (oder Teilbetrieb), zu dem die einbringungsgeborenen Anteile gehören, veräußert wird und insgesamt eine Besteuerung nach dem Zufluss der wiederkehrenden Leistungen beantragt wird (s Schr des BMF v 03.08.2004, BStBl I 2004, 1187 unter A.3.; s Widmann in W/M, Anh 15 Rn 323). Wird hingegen nur ein Einzel-WG des BV eines fortbestehenden Betriebs gegen wiederkehrende Leistungen veräußert, ist grds gem §§ 4 Abs 1 und 5 EStG eine Sofortversteuerung auch bei Vereinbarung wiederkehrender Leistungen zwingend (s Loschelder, in Schmidt, EStG, 39. Aufl, § 4 Rn 79). Gleichwohl ist uE bei isolierter Veräußerung einer Beteiligung iSd § 21 UmwStG das Wahlrecht auf Zuflussbesteuerung gegeben. Denn im Gegensatz zu anderen Einzel-WG ermittelt sich der Gewinn aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile nicht nach den allg Gewinnermittlungsvorschriften für das BV, dem die Anteile angehören, sondern (spezialges) gem § 21 Abs 1 S 1 UmwStG (s Tz 63 und s Tz 87). Da dieser Gewinn zusätzlich als Gewinn iSd § 16 EStG bestimmt wird, erhält das Wahlrecht auf Zuflussbesteuerung die gleiche Berechtigung wie bei einer Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen aus dem PV.
5.6.2 Ermittlung des Veräußerungsgewinns
Tz. 86b
Stand: EL 101 – ET: 03/2021
Wählt der AE im Fall der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile gegen wiederkehrende Bezüge die Besteuerung nach dem Zufluss der Leibrenten oder Raten, ist nach Praxis der Fin-Verw zu differenzieren, wann die Veräußerung (dh die Übertragung des wirtsch Eigentums an den Anteilen) erfolgt ist.
Bei Veräußerungen nach dem 31.12.2003 ist aus den einzelnen wiederkehrenden Leistungen (von Anfang an) ein Zinsanteil herauszurechnen (s R 140 Abs 7 S 2 iVm R 139 Abs 11 S 7 EStR 2003 bis 2012; s Schr des BMF v 03.08.2004, BStBl I 2004, 1187 unter A.). Die Aufteilung in einen Zins- und Tilgungsanteil erfolgt nach §§ 12ff BewG oder nach versicherungsmathematischen Grundsätzen; aus Vereinfachungsgründen kann bei Ratenzahlungen die Ertragswerttabelle gem § 55 ...