5.7.2.1 Der gesetzliche Tatbestand
Tz. 123
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
§ 7 Abs 8 S 1 ErbStG schließt die sich in den Augen des Ges-Gebers durch die BFH-Rspr entstandene Besteuerungslücke, indem er eine überproportionale Einlage einer Direktzuwendung des Einlegenden zwischen den Gesellschaftern gleichstellt. Die Regelung erfasst auch die Einlage in eine Gesellschaft, an der der Begünstigte nur mittelbar über andere Kap-Ges, Pers-Ges oder sonstige Gesellschaften beteiligt ist. Eine bestimmte Beteiligungsquote ist nicht erforderlich.
§ 7 Abs 8 S 1 ErbStG fingiert eine Schenkung, sobald eine Kap-Ges eine Leistung erhält, für die sie keine angemessene Gegenleistung erbringen muss und die daher den Wert der Gesellschaft erhöht. Begünstigter der fingierten Schenkung ist dabei nicht die Gesellschaft, sondern als beschenkt gelten die Mitgesellschafter, bei denen sich die Wertsteigerung auswirkt. Bei mittelbarer Beteiligung soll Begünstigter diejenige natürliche Pers sein, der über die Beteiligungskette die Geschäftsanteile an der die Leistung empfangenden Gesellschaft wirtsch zuzurechnen sind.
Beispiel
Vater V hält seine 50 %-Geschäftsanteile an der T1-GmbH unmittelbar; die anderen 50 % werden von der M-GmbH gehalten, deren alleiniger Gesellschafter S, der Sohn des V ist. V leistet eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen der T1-GmbH.
Die Einlage des V in das Gesellschaftsvermögen der T1-GmbH gilt nach § 7 Abs 8 S 1 ErbStG als Schenkung des V ("Leistung einer anderen Person") an den an der T1-GmbH über die M-GmbH mittelbar beteiligten S.
Tz. 124
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Nach dem Wortlaut des § 7 Abs 8 S 1 ErbStG ist keine Bereicherungsabsicht erforderlich. Die Vorschrift enthält nach ihrem Wortlaut und entgegen § 7 Abs 8 S 2 ErbStG also keinen subjektiven Tatbestand. Es kommt auch nicht auf die Kenntnis der Unentgeltlichkeit an; maßgebend ist daher nur die mittelbare objektive Wertverschiebung. Dazu s R E 7.5 Abs 10 ErbStR 2019 und s Länder-Erl v 20.04.2018 (BStBl I 2018, 632) Rn 3.1 (Bsp); krit dazu zB s Friz/Grünwald (FR 2012, 911, 919); s Schulte/Petschulat (BB 2013, 471).
Nach der Ges-Begr (s BT-Drs 17/7524, 20; Bericht des FinAussch) soll eine Leistung, die einer Gesellschaft aus wirtsch Gründen – zB zur Abwendung einer Schieflage – von einem Gesellschafter gewährt wird, nicht als eine Bereicherung der Mitgesellschafter iSd Neuregelung gelten; ausgeschlossen werden sollten lediglich "echte Missbrauchsfälle". Die Abgrenzung, wann ein "echter Missbrauchsfall" und wann eine Leistung zur Abwendung einer Schieflage vorliege, dürfte in Praxis zu Problemen führen. In der Ges-Begr steht nämlich auch, dass dann, wenn der leistende und der begünstigte Gesellschafter nahe Angehörige iSd § 15 AO sind, bei disquotalen Leistungen regelmäßig von einer privaten freigebigen Veranlassung auszugehen sein soll. Davon geht auch die FinVerw aus (s Länder-Erl v 20.04.2018, BStBl I 2018, 632), wenn dort zB in Tz 3.3.6 Gestaltungstipps gegeben werden, wie man die Problematik vermeiden kann.
Zu beachten sind in diesem Zusammenhang folgende Aspekte des Länder-Erl:
- Tz. 3.3.2/3.3.3: Eine Leistung von Gesellschaftern oder Dritten an die Kap-Ges führt nicht zu einer stbaren Werterhöhung, soweit dieser Leistung eigene Leistungen der (Mit-)Gesellschafter gegenüberstehen. Sofern also auch die anderen Gesellschafter in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang Leistungen an die Gesellschaft erbringen, die insges zu einer den Beteiligungsverhältnissen entspr Werterhöhung der Anteile aller Gesellschafter führen, ist keine stbare Leistung iSd § 7 Abs 8 S 1 ErbStG gegeben.
Offen ist hier allerdings, was zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bedeutet. In der Praxis sollte jedenfalls für eine klare Dokumentation des Zusammenhangs gesorgt werden.
Beispiel
Erbringen mehrere Gesellschafter Einlagen entspr ihrer Beteiligung ("quotale Einlagen"), liegt keine nach § 7 Abs 8 S 1 ErbStG stbare Leistung vor.
- Tz. 3.3.4: IRd Gesamtbetrachtung sind nicht nur Leistungen der anderen Gesellschafter an die Gesellschaft zu berücksichtigen, sondern auch Leistungen der Gesellschafter untereinander, durch die die Werterhöhung ausgeglichen wird. In derartigen Fällen fällt im Ergebnis keine SchenkSt an, weil die Werterhöhung nach § 7 Abs 8 S 1 ErbStG durch eigene Leistungen ausgeglichen wird.
- Tz. 3.3.5: Leistungen einzelner Gesellschafter führen zu keiner nach § 7 Abs 8 S 1 ErbStG stbaren Werterhöhung der Anteile von Mitgesellschaftern, soweit der Leistende als Gegenleistung zusätzliche Rechte in der Gesellschaft erlangt, wie zB eine Verbesserung seines Gewinnanteils (§ 29 Abs 3 S 2 GmbHG), zusätzliche Anteile an der Gesellschaft oder eine von den Geschäftsanteilen abw Verteilung des Vermögens bei späterer Liquidation. Die Problematik lässt sich also relativieren, wenn im Zusammenhang mit einer Einlage (zB iRe Forderungsverzichts) eine disquotale Gewinnausschüttung für einen späteren Zeitraum vereinbart wird.
- Im Übrigen kann man versuchen, in der Praxis über die Wertfrage die SchenkSt zu vermeiden (s Tz 3.4 des L...