Tz. 64
Stand: EL 102 – ET: 06/2021
Es stellt sich die Frage, ob bei einer Verschmelzung einer Schwester-Kap-Ges, an der die nach § 8b Abs 4 KStG aF sperrfristbehafteten Anteile bestehen, auf eine andere Schwester-Kap- Ges (sog sidestep-merger) die vorher gegebene Eigenschaft "Anteil iSd § 8b Abs 4 KStG aF" im Nachhinein wegen des verschmelzungsbedingten Untergangs der Schwester-Kap-Ges wegfallen kann.
Beispiel: (die Zahlen bedeuten die Reihenfolge der Schritte)
Zu entscheiden ist, ob infolge der Verschmelzung der T1-GmbH auf die T2-GmbH die Eigenschaft "Anteil iSd § 8b Abs 4 KStG aF" von den Anteilen an der T1-GmbH auf die Anteile an der T2-GmbH "überspringt" oder ob die bisherige Eigenschaft "Anteil iSd § 8b Abs 4 KStG aF" untergeht und somit die Anteile an der T2-GmbH (damit mittelbar auch die stillen Reserven des eingebrachten Teilbetriebs) bereits vor Ablauf von sieben Jahren nach der Einbringung stfrei veräußert werden können.
Bei der Verschmelzung zwischen Schwester-Kap-Ges ist idR vor Inkrafttreten des 2. Gesetzes zur Änderung des UmwG eine Kap-Erhöhung vorzunehmen.
Nach § 13 Abs 1 UmwStG aF gelten die in einem BV gehaltenen Anteile an der übertragenden Kö als zum Bw veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile an der Übernehmerin als zum Bw angeschafft. Handelt es sich bei den Anteilen an der übertragenden Kö um einbringungsgeborene Anteile, ist nicht § 13 Abs 1 UmwStG aF, sondern § 13 Abs 3 UmwStG aF einschlägig (s Schr des BMF v 16.12.2003, BStBl I 2003, 786 Rn 18). Auch Kroschewski (GmbHR 2002, 761, 763) geht offensichtlich bei Anteilen im BV von der Anwendbarkeit des § 13 Abs 3 UmwStG aF aus. GlA s Widmann (Wpg-Sonderheft 2003, 3, 13).
UE betrifft § 13 Abs 1 UmwStG aF nur die iRd Kap-Erhöhung bei der aufnehmenden SchwGes neu entstandenen Anteile. Dies hat der BFH zu § 13 Abs 4 UmwStG aF ausdrücklich bestätigt (s Urt des BFH v 07.11.2007, BStBl II 2008, 604 unter II.2 Buchst a der Urt-Gründe). Die bereits vor der Verschmelzung bestehenden Anteile können daher nicht infolge der Verschmelzung von § 8b Abs 4 KStG aF erfasst werden, da diese weder einbringungsgeboren sind, noch von einem nicht von § 8b Abs 2 KStG begünstigten Stpfl unter dem Tw erworben worden sind. Da die Kap-Erhöhung bei der aufnehmenden SchwGes nicht den gesamten übertragenen Vermögenswert umfassen muss, kann dies bei einer nur minimalen Kap-Erhöhung dazu führen, dass die Altanteile auch stille Reserven des übertragenen Vermögens repräsentieren. Diese können dann ohne Beachtung einer Sperrfrist durch Veräußerung der Anteile an der aufnehmenden Kap-Ges mittelbar stfrei realisiert werden. Handelt es sich bei den Anteilen an der übertragenden SchwGes um einbringungsgeborene Anteile, ist eine Infizierung der Altanteile der aufnehmenden SchwGes mit einer St-Verhaftung nach § 21 UmwStG aF nicht denkbar.
Auf die durch die Kap-Erhöhung neu geschaffenen Anteile ist § 8b Abs 4 KStG aF ebenfalls nicht anwendbar, soweit es sich nicht um einbringungsgeborene Anteile handelt. GlA s Schmitt (BB 2002, 435, 437).
- Handelt es sich bei den Anteilen an der übertragenden SchwGes um einbringungsgeborene Anteile (s § 8b Abs 4 S 1 Nr 1 KStG aF), können die neuen Anteile an der aufnehmenden SchwGes nicht ohne Beachtung einer Mindestbehaltefrist stfrei veräußert werden, da § 13 Abs 3 UmwStG aF regelt, dass auch die neu erhaltenen Anteile einbringungsgeborene Anteile sind.
- Handelt es sich bei den Anteilen an der übertragenden SchwGes um Anteile, die von einem nicht unter § 8b Abs 2 KStG fallenden Stpfl unter dem Tw erworben worden sind (s § 8b Abs 4 S 1 Nr 2 KStG aF), können diese ohne Beachtung einer Mindestbehaltefrist stfrei veräußert werden, da hier § 13 Abs 1 UmwStG aF nicht regelt, dass die Qualität "Anteil, der von einem nicht unter § 8b Abs 2 KStG fallenden Stpfl unter dem Tw erworben worden ist" auf die Neuanteile übergeht. Ein Fall des § 8b Abs 4 S 1 Nr 1 KStG aF liegt ebenfalls nicht vor.
Nach Inkrafttreten des SEStEG geht die Eigenschaft "Anteil iSd § 8b Abs 4 KStG aF" bei einem Ansatz der Anteile zu Bw unstr nach § 13 Abs 2 S 2 UmwStG über.
Tz. 65
Stand: EL 102 – ET: 06/2021
Die vorgenannte Problematik stellt sich uE nicht nur iRd Verschmelzung einer Schwester-Kap-Ges auf eine andere Schwester-Kap-Ges (sog sidestep-merger) sondern auch iRd Verschmelzung einer Tochter-Kap-Ges auf ihre Mutter-Kap-Ges (sog upstream-merger).
Beispiel: (die Zahlen bedeuten die Reihenfolge der Schritte)
Zu entscheiden ist, ob infolge der Verschmelzung der T-GmbH auf ihre nicht 100%ige MG die Eigenschaft "Anteil iSd § 8b Abs 4 KStG aF" von den Anteilen an der T-GmbH auf die Anteile an der M-GmbH "überspringt" oder ob die bisherige Eigenschaft "Anteil iSd § 8b Abs 4 KStG aF" mit der Verschmelzung der T-GmbH untergeht und somit die Anteile an der M- GmbH (damit mittelbar auch die stillen Reserven des eingebrachten Teilbetriebs) bereits vor Ablauf von sieben Jahren nach der Einbringung stfrei veräußert werden können.
Bei der Verschmelzung einer nicht 100%igen TG auf ihre MG müss...