Lars Leibner, Ewald Dötsch
Ausgewählte Literaturhinweise:
Dieterlen/Winkler, Konzernsachverhalte iRd neuen "Mantelkauf"-Regelung des § 8c KStG, GmbHR 2007, 815;
Sistermann/Brinkmann, Verlustuntergang aufgrund konzerninterner Umstrukturierungen, DStR 2008, 897.
Tz. 211
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des WachstumsBG (dazu s Tz 406) sieht das Ges eine Ausnahmeregelung für Beteiligungserwerbe innerhalb eines Konzerns nicht vor und die Fin-Verw lehnt eine Billigkeitsregelung ab.
Nach Rn 11 des mittlerweile überholten BMF-Schr v 04.07.2008 ist der unmittelbare Erwerb auch schädlich, wenn er mittelbar nicht zu einer Änderung der Beteiligungsquote an der Verlustgesellschaft führt. Die Fin-Verw übertrug damit auf § 8c Abs 1 KStG nicht die frühere Sonderregelung zu § 8 Abs 4 KStG, wonach die erfolgsneutrale Umstrukturierung mittelbarer in mittelbare Beteiligungen nach Maßgabe der §§ 11ff bzw 20ff UmwStG 1995 innerhalb verbundenen Unternehmen iSd § 271 Abs 2 HGB nicht als st-schädlicher AE-Wechsel gewertet wurde (dazu s § 8 Abs 4 KStG Tz 56). Wie sich aus dem Antwortschr des BMF v 31.10.2008 (s Ubg 2009, 71) auf eine entspr Anfrage des IDW (s Ubg 2009, 71) ergibt, sah die B-Reg zum damaligen Zeitpunkt auch in der Ende 2008 eingetretenen Finanzmarktkrise keinen Anlass, von der oa Verw-Auff abzurücken.
Auch bloße Verkürzungen und Verlängerungen der Beteiligungskette oberhalb der Verlustgesellschaft können damit bei schädlichen Beteiligungserwerben vor dem 01.01.2010 zum Verlustuntergang führen. Gegen diese ausnahmslose Anwendung des § 8c Abs 1 KStG richten sich die Stellungnahmen fast aller Verbände. Wegen der Kritik im Schrifttum stellvertretend s Breuninger/Schade (Ubg 2008, 261, 266); s Sistermann/Brinkmann (DStR 2008, 897); s Schick/Franz (DB 2008, 1987); s Neyer (Der Mantelkauf, 2008, 125ff; weiter in BB 2012, 615); s Ballwieser/Frase (BB 2009, 1502); s Hierstetter (BB 2014, 727); und s Hinder/Hentschel (GmbHR 2015, 742).
Abl s auch Urt des FG Bln-BB v 18.10.2011 (BB 2012, 1327; Rev-Az BFH: I R 5/19, ehemals I R 79/11). Der BFH hatte das Verfahren zunächst bis zur Wirksamkeit einer rückwirkenden ges Neuregelung des § 8c KStG (spätestens bis zum 31.12.2018) mit Beschl v 25.10.2017 nach § 74 iVm § 121 S 1 FGO ausgesetzt. Mit BFH-Beschl v 16.01.2019 wurde das Verfahren I R 5/19 bis zur Entsch des BVerfG in dem Normenkontrollverfahren 2 BvL 19/17 zur Verfassungsmäßigkeit des § 8c Satz 2 KStG idFd UntStRefG 2008 erneut ausgesetzt. Abl s auch Urt des FG Ddf v 09.02.2015 (EFG 2015, 768; Rev aus formalen Gründen mit Beschl des BFH v 31.07.2015 abgewiesen; dazu s Urt-Anm Lüdicke, DStR 2015, 744, 746 und s Urt-Anm Graw, EFG 2015, 768, 770). Danach findet § 8c Abs 1 KStG bei einer verhältniswahrenden Verkürzung der Beteiligungskette, mit der sich eine mittelbare in eine unmittelbare Beteiligung verändert, keine Anwendung. S dazu auch Roth (DB 2012, 1768); s Neyer (FR 2012, 858); s Hierstetter (BB 2014, 727); und s Hinder/Hentschel (GmbHR 2015, 742).
Dadurch, dass das mittlerweile überholte BMF-Schr v 04.07.2008 auch Beteiligungserwerbe zwischen konzernzugehörigen Gesellschaften als stschädlich ansieht, hat es uE, da diese Gesellschaften wegen ihres Nahestehens zueinander wohl stets einen sog Erwerberkreis bilden, auch die Frage mitbeantwortet, dass Beteiligungserwerbe innerhalb eines Erwerberkreises ebenfalls st-schädlich sind, wenn dadurch die Quote der mittelbaren Beteiligung eines dem Erwerberkreis zugehörigen Rechtsträgers aufgestockt wird (glA s van Lishaut, FR 2008, 789, 795 und Möhlenbrock, Ubg 2008, 595, 597; s dazu auch Tz 99ff).
Tz. 212
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Nach dem Wortlaut des § 8c Abs 1 S 1 KStG sind, dargestellt an dem nachstehenden Ausgangssachverhalt, ohne Unterschied folgende Fälle als schädlicher Beteiligungserwerb erfasst (ebenso s Neyer, BB 2007, 1415; s Dieterlen/Winkler, GmbHR 2007, 815; und s Schmidt-Fehrenbacher, Ubg 2008, 469, 477):
Beispiel:
Ausgangssachverhalt (alles 100%ige Beteiligungen):
Fall 1: TG 1 veräußert die V-Beteiligung an E (= unmittelbarer Erwerb durch Dritte).
Fall 2: MG veräußert die TG 1-Beteiligung an E (= mittelbarer Erwerb durch Dritte).
Fall 3: TG 1 überträgt die V-Beteiligung durch Veräußerung oder durch Einbringung an TG 2 (= unmittelbarer Erwerb im Konzern).
Fall 4: MG überträgt die TG 1-Beteiligung an TG 2. Obwohl aus der Sicht der V-GmbH sowohl der unmittelbare AE (TG 1) als auch der mittelbare AE (MG) unverändert bleiben, tritt TG 2 als neuer mittelbarer AE hinzu.
Fall 5: Wie Ausgangssachverhalt, aber zwischen TG 1 und der V-GmbH befinden sich zwei weitere Beteiligungsstufen, nämlich die EG und die UEG.
Alt 1: TG 1 wird auf MG verschmolzen.
Alt 2: TG 1 spaltet die EG-Beteiligung auf MG ab.
In beiden Fällen wird die mittelbare Beteiligungskette verkürzt, wobei der unmittelbare AE der V- GmbH und der oberste mittelbare AE unverändert bleiben. Nach dem Ges-Wortlaut ist uE von einem schädlichen Beteiligungserwerb auszugehen. Dieterlen/Winkler (GmbHR 2007, 815, 816; ebenso in E & Y, Die UntStRef 2008, 160) sprechen...