Ewald Dötsch, Torsten Werner
6.2.2.1 Allgemeines
Tz. 196
Stand: EL 63 – ET: 06/2008
§ 27 Abs 5 KStG idF vor dem SEStEG enthält eine zusätzliche Haftungsvorschrift, die neben die Haftungsregelungen der AO und anderer Gesetze tritt. Danach haftet der Aussteller einer Bescheinigung, die den Voraussetzungen des § 27 Abs 3 und 4 KStG nicht entspricht, für die auf Grund der Bescheinigung verkürzten St oder zu Unrecht gewährten St-Vorteile. Die Haftung verlagert sich vom Aussteller auf die betroffene Kö, wenn diese im Falle des § 27 Abs 4 KStG gegenüber der Zahlstelle unrichtige Angaben macht. Die Haftung setzt grds kein Verschulden des Ausstellers voraus. Allerdings ist die Haftung ausgeschlossen, wenn der Aussteller die ihm bei unrichtigen Bescheinigungen obliegenden Verpflichtungen erfüllt hat. Die Haftungsregelung in § 27 Abs 5 KStG idF vor dem SEStEG lehnt sich an ähnliche Regelungen im LSt-Verfahren an.
Hat der Aussteller einer unrichtigen St-Besch eine St-Hinterziehung begangen, haftet er für die verkürzten St oder die zu Unrecht gewährten St-Vorteile nach § 71 AO.
6.2.2.2 Haftungsvoraussetzungen
Tz. 197
Stand: EL 63 – ET: 06/2008
Die Haftung nach § 27 Abs 5 KStG idF vor dem SEStEG setzt voraus, dass
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eine St-Besch nach § 27 Abs 3 oder 4 KStG erteilt worden ist, |
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die St-Besch nicht den Voraussetzungen des § 27 Abs 3 oder 4 KStG entspricht und |
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auf Grund der unrichtigen Bescheinigung tats St verkürzt oder St-Vorteile zu Unrecht gewährt worden sind. |
Tz. 198
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Da Aussteller und ausschüttende Kö nicht übereinzustimmen brauchen, spricht das Gesetz vom Aussteller einer Bescheinigung. Die Haftung erstreckt sich auch auf andere Personen, die eine St-Besch ausgestellt haben.
Bei der weiteren Voraussetzung für den Eintritt der Haftung, dass die Bescheinigung nicht den Voraussetzungen des § 27 Abs 3, 4 KStG entspr, handelt es sich um die gleichen Tatbestandsmerkmale, die nach § 45a Abs 6 EStG den Aussteller einer Bescheinigung verpflichten, die Bescheinigung zu berichtigen und zurückzufordern.
Tz. 199
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Die Unrichtigkeit der Bescheinigung allein führt bei Haftung nach § 27 Abs 5 KStG idF vor dem SEStEG noch nicht zur Haftung des Ausstellers. Hinzutreten muss, dass auf Grund der Bescheinigung St verkürzt oder St-Vorteile zu Unrecht gewährt worden sind. Zu Unrecht gewährte St-Vorteile sind nach § 370 Abs 4 S 2 AO anzunehmen, wenn St-Vergütungen zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Eine St-Verkürzung konnte bei einer zu Unrecht als Einlagerückzahlung bescheinigten Leistung deshalb eintreten, weil in dieser Höhe die Besteuerung von Kap-Erträgen nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG unterblieben ist. Eine St-Verkürzung ist nach § 370 Abs 4 AO gegeben, wenn St nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn St vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden.
Gehaftet wird nach § 27 Abs 5 KStG idF vor dem SEStEG ggf iHd verkürzten St. Es muss grds eine Vergleichsrechnung erfolgen, um den auf Grund der unrichtigen St-Besch eingetretenen Schaden des Fiskus zu ermitteln. Das kann zu erheblichen praktischen Problemen führen, wenn eine Vielzahl von Bescheinigungsempfängern betroffen ist. Der Gesetzgeber hat jedoch bei der Haftung nach § 27 Abs 5 KStG davon abgesehen, wie seinerzeit bei der Haftung nach § 44 Abs 6 KStG 1999 oder der Haftung des Ausstellers einer unrichtigen Spendenbescheinigung nach § 10b Abs 4 S 3 EStG oder § 9 Nr 5 S 10 GewStG einen bestimmten Prozentsatz als Haftungsbetrag vorzugeben oder entspr § 40 Abs 1 Nr 2 EStG dem Haftungsschuldner im Einvernehmen mit dem FA eine Pauschalierung zu gestatten.
Nach Auff des FG HH (s rkr Urt des FG HH v 17.04.2013, EFG 2013, 1520) ist von einer Inanspruchnahme der Kap-Ges als Haftungsschuldnerin nicht deshalb abzusehen, weil dadurch möglicherweise eine Doppelbesteuerung ausgelöst werden kann. Eine Doppelbesteuerung erfolgt nicht durch die Inanspruchnahme der Klägerin auf der Grundlage von § 27 Abs 5 KStG 2002, sondern kann zu einem späteren Zeitpunkt eintreten – dann allerdings nicht bei demselben St-Subjekt, sondern nur dasselbe St-Substrat betreffend –, wenn der ausschüttbare Gewinn in vollem Umfang ausgeschüttet und besteuert wird.
Tz. 200
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Die Haftung des Ausstellers der St-Besch setzt voraus, dass St-Verkürzungen oder ungerechtfertigte St-Vorteile auf Grund der von ihm ausgestellten Bescheinigung erfolgen. Treten St-Verkürzung oder ungerechtfertigte St-Vorteile dadurch ein, dass der Empfänger die Bescheinigung fälscht, trifft den Aussteller keine Haftung.
Tz. 201
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Die Haftung nach § 27 Abs 5 KStG idF vor dem SEStEG setzt grds ein Verschulden der Kö nicht voraus. Es kommt deshalb – abweichend von § 69 AO – nicht auf ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Ausstellers der Bescheinigung an. Ein schuldloses Verhalten ist aber bei der Beurteilung der Frage zu würdigen, ob eine Inanspruchnahme der ausschüttenden Kö durch Haftungsbescheid iRd Ermessens liegt (glA s Frotscher, in F/D, § 27 KStG ...