Thomas Stimpel, Ewald Dötsch
Tz. 49
Stand: EL 107 – ET: 09/2022
Seit der Umsetzung der sog Verschmelzungs-RL (s RL 2005/56/EG v 26.10.2005, ABl EG Nr L 310,1) ermöglichen die damals neu eingefügten §§ 122aff UmwG die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kap-Ges aus einem Mitgliedstaat der EU bzw des EWR und damit die Verschmelzung von Gesellschaften unterschiedlichen Rechts (s UmwStG Einf Tz 12). Zulässig sind sowohl eine grenzüberschreitende Hinaus- als auch eine grenzüberschreitende Hereinverschmelzung. Grenzüberschreitend ist eine Verschmelzung, wenn mind eine der beteiligten Gesellschaften dem Recht eines anderen EU- oder EWR-Staats unterliegt (dazu näher s § 1 UmwStG Tz 20ff). Wegen der gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen und der kollisionsrechtlichen Fragen s § 1 UmwStG Tz 89ff.
Gerade im Hinblick auf den Brexit und wegen des damit uU einhergehenden Verlustes der inl Rechtsfähigkeit einer nach britischem Recht gegründeten Kö sind Hereinverschmelzungen derzeit verstärkt im Blickpunkt der Gestaltungsberatung. S Wolff (GmbHR 2019, 52) am Bsp einer britischen LLP.
Am 27.11.2019 ist vom Europäischen Parlament die EU-RL 2019/2121 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen verabschiedet worden (sog UmwRL), die vom nationalen Ges-Geber bis zum 31.01.2023 in dt Recht umzusetzen ist. Die UmwRL schafft erstmals einheitliche Vorgaben für grenzüberschreitende Spaltungen zur Neugründung und den grenzüberschreitenden Formwechsel (dazu näher s Bungert/Becker, DB 2019, 1609).
Das BMJ hat zu der oa gebotenen Umsetzung der UmwRL in nationales Recht am 20.04.2022 einen RefEntw zu einem "Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtinie" vorgelegt. Hierin ist vorgesehen, die gesamte Thematik der grenzüberschreitenden Umwandlungen in einem neuen sechsten Buch des UmwG (§§ 305–345 UmwG) zu regeln. Damit sollen dann auch die zivilrechtlichen Grundlagen für die Umwandlung unter Beteiligung einer in einem Drittstaat ansässigen Kö geschaffen werden, die das UmwStG seit der mit dem KöMoG vollzogenen Globalisierung bereits vorsieht (s Tz 3 und 51).
Tz. 50
Stand: EL 107 – ET: 09/2022
Die entspr Öffnung des Anwendungsbereichs des UmwSt-Rechts für grenzüberschreitende und ausl Umwandlungsvorgänge erfolgte in Umsetzung der FRL durch das SEStEG v 07.12.2006 (BGBl I 2006, 2782). Dazu näher s UmwStG Einf Tz 96ff. Mit dem vierten UmwÄndG v. 19.12.2018 (BGBl I 2018, 2694) ist insoweit eine weitere Öffnung erfolgt, dass eine Pers-Handelsgesellschaft aufnehmender Rechtsträger einer grenzüberschreitenden Verschmelzung sein kann.
Das UmwStG findet auch auf Verschmelzungen im EU- bzw. EWR-Ausl Anwendung, wenn inl BV oder inl AE von einer solchen Ausl-Verschmelzung betroffen sind.
§ 13 UmwStG gilt sogar bei Drittstaaten-Verschmelzungen weltweit (s § 12 Abs 2 S 2 KStG und s § 13 UmwStG Tz 5; weiter s Tz 10). Nach urspr Verw-Auff (s R 12 KStR-E) setzt die St-Neutralität einer Drittstaatenverschmelzung auf Ebene des inl AE voraus, dass die übertragende ausl Kö in D beschr stpfl ist (dazu s § 13 UmwStG Tz 15). AA s Becker/Loose (BB 2015, 1435), s Grundke/Feuerstein/Holle (DStR 2015, 1653); und s Klepsch (IStR 2016, 15). Als Reaktion auf diese berechtigte Kritik hat die Fin-Verw ihre Sichtweise geändert (s BMF-Schr v 10.11.2016, BStBl I 2016, 1252), durch das Rn. 13.04 des UmwSt-Erl 2011 angepasst worden ist.
Ab dem 01.01.2022 ist das UmwStG in Gänze auch bei Hinaus- bzw Hereinverschmelzung in bzw aus Drittstaaten anwendbar, da durch das KSt-Modernisierungsges (KöMoG) v 25.06.2021 (BGBl I 2021, 2056) das UmwStG im 2.--5. Teil durch Aufhebung von § 1 Abs 2 UmwStG globalisiert worden ist (s § 27 Abs 18 UmwStG).
Die Anwendung des UmwStG auf grenzüberschreitende Verschmelzungen und auf Ausl-Verschmelzungen setzt gem § 1 Abs 2 UmwStG einen stlichen Vergleichbarkeitstest voraus (dazu im Einzelnen s § 1 UmwStG Tz 95ff).
Wegen einer evtl St-Entstrickung bei einer Hinausverschmelzung s § 11 UmwStG Tz 66ff. Wegen des Wertansatzes des übergehenden BV bei einer Hereinverschmelzung s § 12 UmwStG Tz 21.
Ein grenzüberschreitender Formwechsel innerhalb des EU bzw. EWR-Raum ist ges bisher nicht geregelt, eine entspr Regelung muss jedoch bis zum 31.01.2023 geschaffen werden (s Tz 50). Seine Zulässigkeit leitet sich aber aus dem europarechtlichen Primärrecht ab, s Tz 6a.
Tz. 51
Stand: EL 107 – ET: 09/2022
Bei grenzüberschreitenden Umwandlungen kann die Anwendung des § 50d Abs 9 EStG erforderlich sein, wenn der Umwandlungsvorgang zB bei divergierender Ausübung von Wahlrechten oder bei Unterschieden in den Besteuerungskonzepten der beteiligten Fisci zu unterschiedlichen Besteuerungsfolgen führt (dazu im Einzelnen s Benecke/Beinert, FR 2010, 1120, 1131).