7.1 Allgemeines
Tz. 66
Stand: EL 102 – ET: 06/2021
Bis zum 01.07.2004 musste auf Grund EU-rechtlicher Vorgaben eine rechtliche und organisatorische Entflechtung (Legal and Organisational Unbundling) von Erdgasnetzbetreibern in nationales Recht umgesetzt werden. Danach müssen Netzbetreiber hinsichtlich ihrer Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt unabhängig von den übrigen Tätigkeitsbereichen über- oder nachgeordneter Energieversorgungsunternehmen sein (s Hummeltenberg/Grube/Behrendt, Versorgungswirtschaft 2005, 173). Da diese Verpflichtung zur Entflechtung regelmäßig Umstrukturierungsmaßnahmen zur Folge hat, enthält § 6 Abs 2 EnWG (BGBl I 2005, 1970) stliche Erleichterungen.
Nach § 6 Abs 2 S 4 EnWG findet § 8b Abs 4 KStG aF auf Maßnahmen nach § 6 Abs 2 S 1 EnWG keine Anwendung, sofern diese Maßnahmen bis zum 31.12.2007 bzw bis zum 31.12.2008 ergriffen worden sind.
Nach § 118 Abs 6 EnWG ist § 6 Abs 2 EnWG bereits ab dem 26.06.2003 anzuwenden. Damit sollen bereits vorgenommene Entflechtungsmaßnahmen stlich nicht benachteiligt werden (s Hummeltenberg/Grube/Behrendt, Versorgungswirtschaft 2005, 173, 174).
7.2 Nichtanwendung des § 8b Abs 4 KStG aF
Tz. 67
Stand: EL 102 – ET: 06/2021
Nach § 8b Abs 4 KStG aF gilt die StFreiheit nach § 8b Abs 2 KStG in bestimmten Fällen nicht. Wegen Einzelheiten s Tz 4ff. Nach § 6 Abs 2 S 4 EnWG aF ist § 8b Abs 4 KStG aF auf Maßnahmen iSd § 6 Abs 2 S 1 EnWG aF nicht anwendbar, sofern diese Maßnahmen bis zum 31.12.2008 ergriffen werden. Bei den Maßnahmen iSd § 6 Abs 2 S 1 EnWG aF handelt es sich um Umstrukturierungsmaßnahmen, die durch das EnWG bedingt sind.
Fraglich ist, ob § 6 Abs 2 S 4 EnWG aF zu einer Nichtanwendung des § 8b Abs 4 KStG aF nur in den Fällen führt, in denen ansonsten durch die Entflechtungsmaßnahme selbst die StPflicht nach § 8b Abs 4 KStG aF ausgelöst würde (sog vergangenheitsbezogene Betrachtung, zB iRd Entflechtung werden Anteile iSd § 8b Abs 4 KStG aF stwirksam übertragen) oder auch in den Fällen, in denen ein der Entflechtungsmaßnahme nachfolgender Vorgang die Rechtsfolgen des § 8b Abs 4 KStG aF auslöst (sog zukunftsbezogene Betrachtungsweise, zB Veräußerung von iR einer Entflechtungsmaßnahme entstandenen einbringungsgeborenen Anteilen innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung). Sinn der ges Regelung ist, dass die durch die Änderungen des EnWG bedingten Entflechtungsmaßnahmen selbst keinen stlichen Sanktionen unterliegen. Nicht begünstigt sein sollen offensichtlich die Folgen von sonstigen Maßnahmen oder wirtsch sinnvollen Umstrukturierungen, die aber keine Entflechtungsmaßnahme im oa Sinne darstellen. Hierfür spricht auch der Wortlaut des Gesetzes. Demgemäß verhindert § 6 Abs 2 S 4 EnWG aF nur in den Fällen die Anwendung des § 8b Abs 4 KStG aF, in denen ansonsten durch die Entflechtungsmaßnahme selbst die StPflicht nach § 8b Abs 4 KStG aF ausgelöst würde, dh es muss sich um eine Veräußerung von Anteilen iSd § 8b Abs 4 KStG aF als Entflechtungsmaßnahme handeln (sog vergangenheitsbezogene Betrachtung). Dabei erfolgt eine Veräußerung iR einer Entflechtungsmaßnahme, wenn sie in wirtsch engem Zusammenhang mit der rechtlichen oder operationellen Entflechtung steht. Dies entspr auch der Verw-Auff. Dh § 6 Abs 2 S 4 EnWG aF ist nicht auf einbringungsgeborene Anteile anwendbar, die erst iR der Entflechtung neu entstehen. Dies gilt auch dann, wenn die Einbringung und die (spätere) Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile als einheitliche Entflechtungsmaßnahme zu werten ist. AA s Hummeltenberg/Grube/Behrendt (Versorgungswirtschaft 2005, 173, 177), s Hummeltenberg/Behrendt/Schlereth (BB 2006, 241) und s Behrendt/Schlereth (BB 2006, 2050, 2053).
Tz. 68
Stand: EL 102 – ET: 06/2021
Liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs 2 S 4 EnWG aF vor, dh erfolgt eine Anteilsveräußerung iR einer Entflechtungsmaßnahme, ist ein Gewinn auch dann nach § 8b Abs 2 KStG stfrei, wenn die Voraussetzungen des § 8b Abs 4 KStG aF vorliegen.