7.1 Allgemeine Grundsätze und Beginn/Ende der Unternehmerstellung
Tz. 160
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Das UmwStG enthält keine (Sonder-)Regelungen zur USt in Einbringungsfällen; weder für den Einbringenden noch für die übernehmende Gesellschaft (s § 20 UmwStG Tz 322). Bei der ustlichen Beurteilung der Einbringungsvorgänge (§§ 20, 21, 24 und 25 UmwStG) kann wegen der unterschiedlichen Zielsetzung von ErtrSt und USt nicht auf die Grundsätze des UmwStG oder EStG/KStG zurückgegriffen werden; für USt-Zwecke ist allein die Zivilrechtslage der konkreten Einbringungsmaßnahme und die Tatbestandsmäßigkeit des UStG unter Berücksichtigung der Sechsten MwSt-RL maßgebend (s Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung zum UStG Rn 893; s Rasche, in R/H/vL, 3. Aufl, Anh 11 Rn 7 mwNachw zu den umwstlich Rückwirkungsregeln).
Die (ertragstliche) Rückbeziehung der Einbringung (s § 20 Abs 5 und 6 UmwStG ggf iVm § 24 Abs 4 HS 2 UmwStG), gilt nicht für Zwecke der USt (s § 20 UmwStG Tz 322). Erfolgt die Einbringung auf eine neu gegründete Kap-Ges oder Gen, ist die Unternehmereigenschaft der Übernehmerin erst mit deren zivilrechtlicher Entstehung mit Eintragung im Reg anzunehmen. Die Umsätze im ertragstlichen Rückbezugszeitraum sind ustlich noch dem einbringenden Unternehmer zuzurechnen (gleiches gilt für die Vorsteuerabzugsberechtigung). Beteiligt sich die übernehmende Gesellschaft jedoch schon vor Eintragung im H-Reg am allg wirtsch Verkehr, ist sie bereits mit Beginn ihrer Außenwirkung Unternehmerin iSd § 2 Abs 1 UStG (s Vfg der OFD Ffm v 17.12.2015, DStR 2016, 539; s Knoll, in W/M, Anh 11 Rn 111). Bei Einbringung in eine bestehende Übernehmerin im Wege der Umwandlung erfolgt eine Zurechnung der Umsätze bei der Übernehmerin ab dem Tag der Eintragung der Umwandlung im Reg (s Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn 604; s Keuthen, in S/H/S, 8. Aufl, Anh E Rn 26) bzw bei Einzelrechtsnachfolge mit Verschaffung der Verfügungsmacht über das eingebrachte BV (s Keuthen, in S/H/S, 8. Aufl, Anh E Rn 26; s Knoll, in W/M, Anh 11 Rn 110.1). Wird ein Einzelbetrieb in eine GmbH (oder andere Kap-Ges, Gen oder Pers-Ges) eingebracht und endet das Unternehmen des übertragenen Betriebs nach den vorgenannten Grundsätzen innerhalb eines Kj, ist hierfür eine USt-Jahreserklärung sowohl für das Einzelunternehmen als auch die aufnehmende Gesellschaft abzugeben (s Vfg der OFD Ffm v 17.12.2015, DStR 2016, 539).
Tz. 161
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Im Fall des Formwechsels einer Pers-Ges in eine Kap-Ges/Gen (s § 190 UmwG, s § 25 UmwStG) folgt das USt-Recht dem zivilrechtlichen Prinzip der Wahrung der Identität des Rechtsträgers (s § 25 UmwStG Tz 8). Für ustliche Zwecke bleiben der Unternehmer und der Umfang des Unternehmens bei einem Formwechsel beim (identischen) Rechtsträger in alter und neuer Rechtsform (unverändert) gleich (s Rau/Dürrwächter, UStG, § 1 Rn 297f und § 2 Rn 605; s Rasche, in R/H/vL, 3. Aufl, Anh 11 Rn 49; s Keuthen, in S/H/S, 8. Aufl, Anh E Rn 17; s Reiß, UR 1996, 357; s Vfg der OFD Ffm v 17.12.2015, DStR 2016, 539: Es ist keine neue USt-IdNr zu vergeben). Die ertragstliche Annahme einer Vermögensübertragung in diesen Fällen gem § 25 UmwStG (s § 25 UmwStG Tz 2) gilt für die USt nicht (ebenso s Keuthen, in S/H/S, 8. Aufl, Anh E Rn 18; s Rasche, in R/H/vL, 3. Aufl, Anh 11 Rn 49). Der Formwechsel selbst ist also kein ustlicher Leistungsaustausch; auch die VorSt-Berechtigung bleibt unberührt (ebenso s Knoll, in W/M, Anh 11 Rn 105; s Keuthen, in S/H/S, 87. Aufl, Anh E Rn 19).
Vollzieht sich der Einbringungsvorgang innerhalb eines ustlichen Organkreises, ist die Vermögensübertragung ustlich irrelevant (s Pyszka, DStR 2011, 545).
Tz. 162
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Bei der Einbringung eines Betriebs im Wege der Verschmelzung oder Aufspaltung gehen die USt-Schuld des einbringenden Unternehmers und alle anderen Forderungen und Schulden aus dem St-Schuldverhältnis auf die Übernehmerin gem (verfahrensrechtlichen) Gesamtrechtsnachfolge iSd § 45 AO über (s Tz 23ff). Erfolgt die Sacheinlage durch Einzelübertragung, Abspaltung oder Ausgliederung, gilt dies nicht (s Knoll, in W/M, Anh 11 Rn 140 und 147). Es kommt jedoch eine Haftung der übernehmenden Gesellschaft gem § 75 AO für die im übertragenen (Teil-)Betrieb begründete USt infrage (s Tz 31). Zum Eintritt der Übernehmerin in die materiellrechtliche ustliche Rechtsposition des einbringenden Unternehmens s Tz 172.
7.2 Leistungsaustausch beim Einbringungsvorgang
7.2.1 Nicht steuerbarer Umsatz des Einbringenden
7.2.1.1 Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs
Tz. 163
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Bei der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs in eine Kap-Ges oder Gen gem § 20 Abs 1 UmwStG, dh im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der Gewährung von neuen Anteilen, im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder Gesamtrechtsnachfolge (außerhalb des Organkreises, s Tz 161) ist ustlich ein Leistungsaustausch. Denn die Sacheinlage wird gegen Entgelt in Gestalt der erworbenen Anteile erbracht (tauschähnlicher Umsatz gem § 3 Abs 12 UStG; zB s Knoll, in W/M, Anh 11 Rn 86; s Rasche, in R/H/vL, 3. Aufl, Anh 11 Rn 9, 51). Aus Sicht des einbringenden Unternehmers ist regelmäßig eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen iSd § 1 Abs 1a UStG gegeben...