Lars Leibner, Ewald Dötsch
Tz. 278
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Bei Bestehen einer Organschaft stellt sich, je nachdem, ob die Beteiligung am OT oder an einer OG erworben wird, die Frage, auf welche stillen Reserven in welcher Gesellschaft es für die Anwendung des § 8c Abs 1 S 5 KStG ankommt. Nach umstr Verw-Auff (s Rn 59 des BMF-Schr v 28.11.2017) ist auch in Organschaftsfällen für jede Verlustgesellschaft gesondert zu prüfen, in welcher Höhe stille Reserven vorhanden sind. Danach sind stille Reserven im BV der OG nicht beim OT zu berücksichtigen, und zwar auch nicht für GewSt-Zwecke (krit hierzu s Schneider/Bleifeld/Butler, DB 2018, 464, 467).
Bei einem unmittelbaren oder mittelbaren schädlichen Beteiligungserwerb an einer OG kommt es für die Anwendung des § 8c Abs 1 S 5–8 KStG auf deren eigene stille Reserven an. Bedeutung hat dies nur für die Nutzung von Verlusten des lfd Wj (bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb) und für die Nutzung eines noch nicht verbrauchten vororganschaftlichen Verlustvortrags (s Rn 60 des BMF-Schr v 28.11.2017; s auch Tz 180). Zur Verlustrettung beim OT ist, wie bereits erwähnt, nur auf die stillen Reserven in seinem eigenen BV abzustellen (s Rn 59 S 2 des BMF-Schr v 28.11.2017).
Nahezu das gesamte Fachschrifttum (s Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2631; s Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633, 2636; s Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 23, 29; s Dörr, NWB 2010, 184, 197; s Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73, 84; s Schnitger/Rometzki, Ubg 2013, 1, 3; s Hunkenschröder/Kellersmann/Zwirner, DK 2013, 531; s Ritzer/Stangl, DStR 2014, 977, 985; s Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 419, 426, s Schneider/Sommer, FR 2014, 537, 544; s Fuhrmann/Hoffmann, DB 2014, 738, 741; s Adrian/Weiler, BB 2014, 1303, 1311; und s Seer, FR 2015, 729) kritisiert die Verw-Auff und hält es für sachgerecht, die in den WG der OG vorhandenen stillen Reserven dem OT zuzurechnen. Nach Auff von Frey/Mückl (GmbHR 2010, 71) hat diese Zurechnung der stillen Reserven der OG hin zum OT unabhängig von der Höhe der Beteiligung des OT an der OG zu erfolgen. Die bloße Möglichkeit, dass die stillen Reserven der OG bei ihrer Realisation als lfd Gewinn beim OT besteuert werden, rechtfertige nach Auff v Gläser/Zöller (BB 2018, 87, 92) eine Berücksichtigung der stillen Reserven der OG auf Ebene des OT.
Orth (Ubg 2010, 169, 177) will die stillen Reserven im BV der OG für die Anwendung des § 8c Abs 1 S 5–8 KStG bei der Prüfung eines schädlichen Beteiligungserwerbs von Anteilen am OT nur so lange berücksichtigen, wie die Organschaft fortbesteht und der OT die stillen Reserven der OG nicht durch Veräußerung der Organbeteiligung stfrei realisiert. Um eine Beendigung der Organschaft oder die Veräußerung der Organbeteiligung rückwirkend noch als st-schädlich behandeln zu können, schlägt er vor, die St-Festsetzung beim OT hinsichtlich des Verlustabzugs nach § 165 AO vorläufig durchzuführen, da die Voraussetzungen für die Anwendung des § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO (rückwirkendes Ereignis) nicht vorliegen.
Tz. 279
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
UE entspricht die Verw-Auff der ges Vorgabe. Gleichwohl erscheinen die Forderungen im Schrifttum zumindest für die Fälle nachvollziehbar, in denen es um die weitere Nutzbarkeit der dem OT bereits zugerechneten Organverluste geht, könnte die OG doch vor dem st-schädlichen mittelbaren Beteiligungserwerb die in ihrem BV enthaltenen stillen Reserven durch Veräußerung der WG realisieren, was zu einer höheren organschaftlichen Einkommenszurechnung beim OT und damit zu einer Verlustverwertung führen würde. Denkbar wäre auch die vorherige Ausgliederung eines Teilbetriebs der OG auf eine andere Kap-Ges, wobei über die Wahl eines Zwischenwerts nicht mehr stille Reserven aufgedeckt werden, als es zur "Verlustrettung" beim OT bedarf. UE würde eine solche Zurechnung jedoch der ausdrücklichen Regelung in Hs 2 des § 8c Abs 1 S 6 KStG (dazu s Tz 282ff) zuwiderlaufen; auch das St-Subjektprinzip und die Nichterwähnung der Zurechnung zum OT in § 15 KStG sprechen gegen die Zurechnung der stillen Reserven der OG beim OT. Die im BV der OG'en enthaltenen stillen Reserven sind nämlich über die Beteiligungsansätze in der Bil des OT bereits in den für den OT ermittelten stillen Reserven enthalten und sind kraft ausdrücklicher ges Regelung wegen der St-Freiheit nach § 8b Abs 2 KStG wieder herauszurechnen (s Rn 52 des BMF-Schr v 28.11.2017). Würde den im Schrifttum geäußerten Forderungen entsprochen, würde die Regelung des § 8c Abs 1 S 6 Hs 2 KStG für die Organschaftsfälle ausgehöhlt. Hinzu kommt, dass die Systematik des § 8c Abs 1 KStG eher dafür spricht, die Frage nach dem Verlustuntergang für jede dem Organkreis zugehörige Gesellschaft eigenständig zu beurteilen (s Tz 175ff). UE sind die Forderungen für die Fälle ohnehin nicht überzeugend, in denen es um die Nutzung eines eigenen Verlusts des OT handelt. Zum BV des OT gehört zwar die Organbeteiligung, nicht jedoch das BV der OG.
Tz. 280
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Wie Neumann (s GmbHR 2014, 673, 680; weiter in R/H/N...