Joachim Patt, Fabian Bernhagen
8.1 Zweck der Regelung und Tatbestand
Tz. 109
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Die Regelung in § 22 Abs 7 UmwStG dient ebenso wie die Bestimmung zum fiktiven Einbringenden im Fall der unentgeltlichen Anteilsübertragung gem § 22 Abs 6 UmwStG (s Tz 106) der Sicherstellung der vollständigen Sperrfristverhaftung aller stillen Reserven der maßgebenden Anteile (erhaltene bzw eingebrachte Anteile) aus einer Einbringung. Anders als bei der für Zwecke des § 22 Abs 1, Abs 2 UmwStG "unschädlichen" unentgeltlichen Übertragung der sperrfristverhafteten Anteile selbst, die gem § 22 Abs 6 UmwStG zur stlichen Rechtsnachfolge beim neuen AE führt, gehen in den von § 22 Abs 7 UmwStG erfassten Fällen der Gesellschaftsgründung oder der Kap-Erhöhung "nur" stille Reserven von den sperrfristverhafteten Anteilen auf andere Anteile unentgeltlich über. Ohne eine Regelung für diese Fälle, könnten in den bereicherten Anteilen (seien es andere Anteile des Einbringenden, seiner Angehörigen oder dritter Rechtsträger) die abgeflossenen ("sperrfristverhafteten") stillen Reserven nach den allg Besteuerungsgrundsätzen innerhalb der Sperrfrist realisiert werden, ohne dass der Tatbestand des § 22 Abs 1, Abs 2 UmwStG und damit eine rückwirkende Einbringungsgewinnbesteuerung "ausgelöst" würde. Einerseits würde die Anwendung des § 22 Abs 1, Abs 2 UmwStG daran scheitern, dass die bereicherten anderen Anteile nicht zu den aus der Einbringung stammenden bzw eingebrachten sperrfristverhafteten Anteile rechnen (dh fehlender sachlicher Anwendungsbereich, s Tz 5ff). Im Fall der Mitverstrickung von Anteilen Dritter kommt hinzu, dass auch der pers Regelungsbereich des § 22 Abs 1, Abs 2 UmwStG nicht gegeben wäre, weil eine Verfügung der dritten Pers, die nicht "Einbringender" ist (oder als solcher gilt), irrelevant ist (s Tz 20). Ein derartiges Ergebnis steht dem Regelungszweck des § 22 UmwStG (s Tz 1a, 1b) entgegen, da die intendierte Missbrauchsverhinderung nur noch tw möglich wäre, wenn von sperrfristverhafteten Anteilen abfließende stille Reserven nicht auch den Sperrfristregeln unterliegen würden. Aus diesem Grund bestimmt § 22 Abs 7 UmwStG, dass die von sperrfristverhafteten Anteilen bereicherten anderen Anteile (nur) für Zwecke der Sicherstellung der Bestimmungen in § 22 Abs 1 und Abs 2 UmwStG (s Tz 11) insoweit auch von derselben Sperrfristverhaftung wie die originären erhaltenen bzw eingebrachten Anteile erfasst werden (gleichviel, wer AE der bereicherten Anteile ist, s Tz 111).
Tz. 109a
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Zu den Vorgängen, die bei der Gründung einer Kap-Ges/Gen oder einer Kap-Erhöhung zu einer Mitverstrickung "anderer Anteile" iSd § 22 Abs 7 UmwStG führen, s Tz 8–14. Auch einbringungsgeborene Anteile alten Rechts (iSd § 21 UmwStG aF) können nach § 22 Abs 7 iVm Abs 1 und 2 UmwStG mitverstrickt werden und somit "sperrfristverhaftet" sein (s Tz 24a). Der "Abfluss" stiller Reserven in den Fällen des § 22 Abs 7 UmwStG erfolgt von "erhaltenen oder eingebrachten Anteilen". Daher können eine "Mitverstrickung" anderer Anteile nur bewirken: originär aus einer Einbringung erhaltene oder eingebrachte Anteile (s Tz 8a, s Tz 14), auf erhaltenen oder eingebrachten Anteilen beruhende Anteile (s § 22 Abs 7 UmwStG; s Tz 15, 15a), nach der Billigkeitsregelung der FinVerw als solche geltenden Anteile (s Tz 15b; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 565) und nach § 22 Abs 7 UmwStG mitverstrickte Anteile, wenn weitere Kap-Erhöhungen mit Wertverschiebungen folgen.
Auf das subjektive Merkmal der willentlichen Zuwendung stiller Reserven kommt es nicht an (s Tz 9). Werden objektiv (dh rechnerisch) stille Reserven sperrfristverhafteter Anteile verlagert, können auch hierdurch bereicherte Beteiligungen dritter Pers sperrfristverhaftet werden (Bsp s Haase/Nürnberg, Ubg 2022, 642 im "Ausgangssachverhalt"). Auch wenn bei einem Gründungsvorgang stille Reserven des Sacheinlagegenstands auf die neu errichteten Anteile übergehen und nicht – wie es der Wortlaut von § 22 Abs 7 UmwStG erfordert – die stillen Reserven "von den erhaltenen oder den eingebrachten Anteilen" verlagert werden, werden diese Vorgänge ausdrücklich von § 22 Abs 7 UmwStG erfasst (dies entspr auch dem Sinn und Zweck der Regelung; zust s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 335; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 569).
Durch die Bestimmung des § 22 Abs 7 UmwStG werden die von der Rspr zu den einbringungsgeborenen Anteilen alten Rechts (s § 21 UmwStG aF) entwickelten Grundsätze zur Wertabspaltung und infolge dessen zur stlichen Mitverstrickung durch unentgeltlichen Übergang stiller Reserven (s § 21 UmwStG [vor SEStEG] Tz 38ff und s § 20 UmwStG Tz 150ff) ges festgeschrieben und auf sperrfristverhaftete Anteile übertragen (s BT-Drs 16/3369, 13; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 563; s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 330; s Schmitt, DStR 2009, 828; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 94). Hieraus lassen sich auch Erkenntnisse für Zwecke der Auslegung des § 22 Abs 7 UmwStG herleiten (s Schm...