Tz. 720b
Stand: EL 98 – ET: 02/2020
Ansprüche in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einer vGA können auf unterschiedlichen zivilrechtlichen Grundlagen beruhen; dazu s Neumann (in Sch/F, § 8 Rn 1095):
- Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 GmbHG (§ 31 Abs 1 GmbHG),
- unzulässige Kreditgewährung an den Geschäftsführer aus gebundenem Vermögen (§ 43a GmbHG),
- Pflichtverletzungen bei der Geschäftsführung (§ 43 GmbHG),
- Verbot von vGA bei AG nach § 57 AktG,
- Herausgabeanspruch nach § 812 BGB aus ungerechtfertigter Bereicherung zB bei mangelnder Zustimmung der ggf benachteiligten anderen Gesellschafter oder bei gesellschaftsrechtlichem Kompetenzverstoß,
- Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung iSv § 823 BGB,
- Verstoß gegen allg Treuepflichten,
- Satzungsregelung, wonach vGA zurückzuzahlen sind; eine solche Satzungsklausel liegt vor, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Kap-Ges eine Regelung enthält, die die Gewährung von vGA verbietet und den Empfänger (also den Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person) zur Rückgewähr verpflichtet. Zu den zivilrechtl Abwägungsgesichtspunkten einer solchen "vGA-Klausel" s Wollweber (GmbHR 2019, 874/881).
Die letztgenannte Fallgruppe ist von einer sog Steuerklausel zu unterscheiden, nach der ein Vorgang rückgängig zu machen ist, wenn das FA eine vGA annimmt. Da dies eine echte aufschiebende Bedingung ist, kann eine solche Klausel stlich keine Wirkung haben, da sie gegen das og stliche Rückwirkungsverbot verstößt; dazu s Frotscher (in F/D, Anh zu § 8 KStG Rn 290).
IÜ muss das St-Recht in den og Konstellationen allerdings vom Bestehen der wirksamen Ansprüche ausgehen. Daraus folgt aber noch nicht, dass eine vGA durch die Einbuchung solcher Rückgewähransprüche auch tats rückgängig gemacht werden könnte; Frotscher (in F/D, Anh zu § 8 KStG Rn 291) bezeichnet die Gleichung "Zivilrechtlicher Anspruch = Vermeidung einer vGA durch Bilanzierung des Rückgewähranspruchs" als Missverständnis. Auf diesem Missverständnis beruht offenkundig die Auff von Wichmann (Stbg 2019, 268 und DStZ 2019, 157) und von Schwedhelm/Binnewies (GmbHR 2005, 65 und GmbHR 2006, 1308). Wichmann legt dar, dass eine vGA grds einen Forderungsanspruch der Kap-Ges nach sich ziehe, den diese in H-Bil und St-Bil zeitgleich zu aktivieren habe. Eine vGA läge nur bei missbräuchlichem Inhalt der vGA vor (ggf über die Anwendung v § 42 AO).
Tz. 720c
Stand: EL 98 – ET: 02/2020
Dem steht die uE zutr und langjährige Rspr des BFH ggü, die in einem aktivierten Rückforderungsanspruch eine Einlageforderung sieht; grundlegend für die Ebene der Kap-Ges s Urt des BFH v 29.05.1996 (BStBl II 1997, 92). Allein aus dem Umstand, dass ein Rückforderungsanspruch besteht und zu aktivieren ist, kann also noch nicht geschlossen werden, dass vGA dadurch mit allen ihren Wirkungen rückgängig gemacht bzw von vornherein vermieden werden könnten.
Der Anspruch auf Rückforderung entsteht erst eine logische Sekunde nach Entstehung der vGA und ist auf Ebene der Kap-Ges idR (st-neutral) als Einlageanspruch zu aktivieren. Der bei der Einbuchung eines solchen Einlageanspruchs entstehende Ertrag wird dabei (außerbilanziell) nach § 8 Abs 3 S 3 KStG korrigiert. Die Rechtsfolgen der vGA bleiben unverändert bestehen. Der Rückforderungsanspruch stellt einen actus contrarius zur vGA dar. Dies gilt sowohl auf Ebene der Kap-Ges als auch auf Ebene des Gesellschafters. Auf den Grund für die Entstehung des Rückforderungsanspruchs kommt es dabei nicht an. Dazu s Urt des BFH v 23.05.1984 (BStBl II 1984, 723), v 29.05.1996 (BStBl II 1997, 95), v 13.10.1999 (BFH/NV 2000, 749) und v 25.05.2004 (BFH/NV 2005, 105).
Die Rückforderung bzw Rückzahlung der vGA ist somit ein eigener Geschäftsvorfall, der getrennt von der vGA zu betrachten. Zu dieser sog "geschäftsvorfallbezogenen Betrachtungsweise" s zB Gosch (in Gosch, 3. Aufl, § 8 KStG Rn 519, 521d) und s Kohlhepp (in Sch/F, 2. Aufl, § 8 KStG Rn 512). Zu den Grenzen der geschäftsvorfallbezogenen Betrachtungsweise (insbes im Zusammenhang mit der Abfindung eines Pensionsanspruchs) allerdings s § 8 Abs 3 Teil D Tz 690ff, insoweit aA s Gosch (in Gosch, 3. Aufl, § 8 KStG Rn 398, 521d und 1075).
Tz. 720d
Stand: EL 98 – ET: 02/2020
In diesem Zusammenhang ist außerdem aus bilanzstlicher Sicht zu prüfen, zu welchem Zeitpunkt ein Rückforderungsanspruch überhaupt aktiviert werden kann bzw muss. In aller Regel wird ein Anspruch vor Aufdeckung einer vGA nämlich nicht in der Bilanz des "vGA-Jahres" aktiviert sein. Somit stellt sich die Frage, ob eine nachträgliche Aufdeckung einer vGA zu einer Berichtigung der H-Bil und – über den Maßgeblichkeitsgrundsatz – auch zu einer Berichtigung der St-Bil führen kann. Der BFH hat diese Frage eindeutig verneint; nach seiner – uE zutr – Auff kann eine GmbH, die erst nach Bejahung einer vGA aufgrund einer Satzungsklausel Rückgewähransprüche gegen den begünstigten Gesellschafter geltend macht, ihre H-Bil nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung nicht in der Weise ändern, dass...