Lars Leibner, Ewald Dötsch
Tz. 65
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Für die Frage, ob die Kö einen weiteren Geschäftsbetrieb aufgenommen (schädlich) oder lediglich ihren bisherigen Geschäftsbetrieb erweitert hat (unschädlich) gelten die vorstehenden Ausführungen zum Branchenwechsel entspr (s Tz 61ff). So stellt auch die Ges-Begr (s BR-Drs 544/16, 9) für § 8d Abs 2 S 2 Nr 2 und 3 KStG auf dieselben Grundsätze ab.
Frey/Thürmer (s GmbHR 2016, 1083, 1085) und Suchanek/Rüsch (s Ubg 2016, 576, 583) gehen zutr davon aus, dass jede Tätigkeit, die die bisherige ergänzt und fördert, zum bisherigen Geschäftsbetrieb gehören sollte. Es handelt sich nicht um einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb, soweit diese Tätigkeit vom bisherigen satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand umfasst ist; insbes ist die Errichtung einer neuen Produktionsstätte unschädlich.
Unschädlich ist es uE auch, wenn die Kö mit einem bestehenden Produkt bzw bestehenden Dienstleistungen neue Kunden und zusätzliche Marktanteile gewinnt (glA s Bakeberg/Krüger, BB 2016, 2967, 2971 und s Dörr/Reisich/Plum, NWB 2017, 573, 576).
Nach Auff von Förster/von Cölln (s DStR 2017, 8, 11) sollte die Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs nur bei ganz grundlegender "Aufpropfung" der unternehmerischen Aktivitäten um neue Geschäftsbereiche angenommen werden.
Auch nach Auff der FinVerw (s Rn 33 des BMF-Schr v 18.03.2021) liegt keine schädliche Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs vor, wenn die zusätzliche Betätigung entweder in einem Förder- und Sachzusammenhang mit dem vorhandenen Geschäftsbetrieb steht (s Tz 39b) oder wirtsch nicht ins Gewicht fällt (s Tz 39c).
Organische Veränderungen eines wachsenden Unternehmens sollen nach Verw-Auff keine schädliche Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs darstellen. Damit greift die FinVerw die Zusage des BMF (s BT-Drs 18/10495, 12) auf, wonach der Begriff des Geschäftsbetriebs eine gewisse Flexibilität aufweisen müsse (s Tz 36).
Leider wurde im Ges-Gebungsverfahren die Prüfbitte des BR (s BR-Drs 544/16 (B), 3) nach klarstellenden Formulierungen zur Abgrenzung einer schädlichen Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs zur unschädlichen Geschäftserweiterung nicht umgesetzt. Zur besseren Abgrenzung hat die FinVerw zwar die nachstehenden Bsp angeführt, diese sind aber nach Auff von Neumann/Höffer (s GmbHR 2021, 413, 421) nur unzureichend. IE ist das nachstehende Bsp 1 eher ein Ausnahmefall, das Bsp 2 aber durchaus zu begrüßen, da eine Produkterweiterung als unschädlich eingestuft wird.
Beispiel 1 (in Anlehnung an Bsp 15 in Rn 33 des BMF-Schr v 18.03.2021):
Eine Verlust-Kö betreibt seit 01 in der Großstadt A ein Restaurant. Im Jahr 03 eröffnet sie ein weiteres Restaurant in der Großstadt B. Beide Restaurants werden unter einem einheitlichen Markennamen mit gleichem Speise- und Getränkeangebot betrieben. Es gelten auch einheitliche Qualitäts- und Servicestandards. Der Einkauf erfolgt für beide Restaurants zentral.
Lösung:
Die Eröffnung des zweiten Restaurants stellt keine schädliche Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs dar. Die angebotenen Dienstleistungen und Produkte geben dem Geschäftsbetrieb in diesem Fall das Gepräge. Einheitliche Qualitäts- und Servicestandards sollen zudem für einen hohen Wiedererkennungswert bei den Kunden sorgen. Die beiden Restaurants stehen daher in einem gegenseitigen Förder- und Sachzusammenhang.
Somit ist im Jahr 03 kein schädliches Ereignis iSd § 8d Abs 1 S 2 Nr 3 KStG eingetreten.
Beispiel 2 (in Anlehnung an Bsp 16 in Rn 33 des BMF-Schr v 18.03.2021):
Eine Verlust-Kö produziert und vertreibt seit dem Jahr 01 Fahrräder. Aufgr der steigenden Nachfrage nach E-Bikes stellt die Verlust-Kö ab dem Jahr 08 zusätzlich auch E-Bikes unter demselben Markennamen her. Für die Entwicklung eigener Batterien und Elektromotoren wird eine neue Fabrikhalle an einem neuen Standort errichtet und es werden entspr qualifizierte Mitarbeiter eingestellt. Im Übrigen wird bei der Produktion der E-Bikes auf das Know-how der bisherigen Fahrrad-Produktion zurückgegriffen.
Lösung:
Die E-Bikes stellen zwar ein neues Produkt dar. Insges kommt es dadurch aber nicht zu einer signifikanten Änderung der qualitativen Merkmale des § 8d Abs 1 S 4 KStG. Zudem stehen die Produkte nach allg Verkehrsanschauung in einem klaren Förder- und Sachzusammenhang.
Mit der Produkterweiterung liegt somit im Jahr 08 keine schädliche Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs iSd § 8d Abs 1 S 2 Nr 3 KStG vor.
Sofern eine weitere, vom vorhandenen Geschäftsbetrieb unabhängige Betätigung zunächst nicht wirtsch ins Gewicht gefallen ist (dazu s Tz 39c), später derart ausgeweitet wird bzw sich dahingehend entwickelt, dass sie ab diesem Zeitpunkt wirtsch nicht mehr nur unwes ist, liegt eine schädliche Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs iSd § 8d Abs 2 S 2 Nr 3 KStG vor (auch s Rn 34 des BMF-Schr v 18.03.2021). In diesem Zusammenhang weisen Engelen/Heider (s DB 2020, 2536, 2539) zutr darauf hin, dass die relative Grenze von 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse schwer steuerbar s...