Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 202
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Die stliche Behandlung des Erwerbs, der Weiterveräußerung bzw der Einziehung eigener Anteile hat seit jeher Diskussionen ausgelöst, die in vd Bereichen bis heute nicht zu einer überzeugenden Lösung geführt haben. So hat sich insbes die Thiel'sche Theorie, wonach die Einziehung erworbener eigener Anteile als Teilliquidation der Kap-Ges zu behandeln ist (s Thiel, in FS L Schmidt, 1993, 569; weiter in DB 3998, 1583), nicht durchgesetzt.
Das zentrale Problem ist die fehlende Spiegelbildlichkeit bei der stlichen Behandlung des Erwerbs eigener Anteile durch eine Kap-Ges. Auf AE-Seite liegt dem ein Veräußerungsvorgang zugrunde, dessen Besteuerung sich nach allgemeinen Grundsätzen (insbes § 17 EStG) richtet. Eine korrespondierende stliche Behandlung auf der Ebene der erwerbenden Kap-Ges wäre gegeben, wenn die erworbenen eigenen Anteile mit allen Konsequenzen wie "fremde" Kap-Beteiligungen behandelt würden. Aber genau da liegt das Problem. Eigene Anteile sind nämlich keine "normalen" Kap-Beteiligungen. Mit eigenen Anteilen sind, wie bereits ausgeführt (s Tz 99) weder Gewinnansprüche noch Stimmrechte verbunden; sie vermitteln auch keine Ansprüche auf einen Anteil am Liquidationserlös. Mit der Kaufpreiszahlung hat die Kap-Ges Vermögen weggegeben, ohne dafür einen Gegenwert zu erhalten. Da der Erwerb eigener Anteile ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang im Gewand eines kaufrechtlichen Vertrags ist, wird er auf der Ebene der erwerbenden Kap-Ges nach den Regeln des BilMoG wie eine Kap-Herabsetzung behandelt; die Weiterveräußerung wird wie eine Kap-Erhöhung behandelt.
Wie bereits in Tz 182 ausgeführt, erscheint angesichts des Doppelcharakters der eigenen Anteile das Idealziel der spiegelbildlichen stlichen Behandlung des Erwerbs eigener Anteile bei der Kap-Ges und ihren AE nicht erreichbar.
Bereits in Tz 183 Buchst a) ist ausgeführt, dass das BMF-Schr in Abweichung vom Gesetzeswortlaut beim Erwerb eigener Anteile die Nicht-Minderung des Sonderausweises regelt, um insoweit einen Gleichklang zur stlichen Behandlung bei den AE herzustellen.
Angreifbar erscheint die Aussage in Rn 13 des Schr des BMF v 27.11.2013 (BStBl I 2013, 1615), wonach die Weiterveräußerung eigener Anteile keinen Veräußerungsvorgang darstellt, was zur Nichtanwendbarkeit des § 8b Abs 2, 3 KStG führt. Wie bei § 8b KStG Tz 175 näher ausgeführt, ändert uE das in § 272 Abs 1a, 1b HGB geregelte Verbot der Aktivierung eigener Anteile nichts daran, dass es sich bei den eigenen Anteilen zumindest für Zwecke des § 8b KStG um "WG" und bei deren Weiterveräußerung um ein Veräußerungsgeschäft handelt (glA im Ergebnis, wenn auch mit anderer Begr s Siebert/Irzhenko-Siebert, FR 2012, 285). So inzwischen auch s FG Münster, rkr Urt v 13.10.2016 (EFG 2017, 423). Weiter hierzu s Unterberg (GmbHR 2017, 603) und s Ott (GmbH-StPraxis 2017, 193 und Stbg 2017, 340).
Schiffers (GmbHR 2014, 79, 81, 82) kritisiert, dass die gefundene Lösung dem Erwerb eigener Anteile bei einer mittelständischen GmbH in vielen Fällen nicht gerecht wird, weil die stliche Behandlung nicht mit dem wirtsch Gehalt des Erwerbs eigener Anteile harmoniert, und zwar insbes deshalb nicht, weil auf der Ebene der Kap-Ges Veränderungen im Sonderausweis und im stlichen Einlagekonto vorgenommen werden, ohne dass dies eine Entsprechung auf AE-Ebene findet.
Hinzuweisen ist schließlich auch noch auf die nicht überzeugenden Auswirkungen des Erwerbs eigener Anteile auf den ausschüttbaren Gewinn iSd § 27 Abs 1 S 5 KStG (s Tz 185).