1 Besteuerungsrecht bei Arbeitslöhnen
Wird ein Arbeitnehmer für einen inländischen Arbeitgeber im Ausland tätig, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der hierauf entfallende Arbeitslohn beim Lohnsteuerabzug und bei der späteren Einkommensteuerveranlagung außer Ansatz bleibt, weil das Besteuerungsrecht hierfür ausschließlich dem ausländischen Staat zusteht. Außerdem kann für die ausländischen Lohnbezüge nach Ablauf des Kalenderjahres i. R. d. Einkommensteuererklärung die Anrechnung oder der Abzug der hiervon im Ausland einbehaltenen Steuer infrage kommen. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die Auslandstätigkeit in einem Staat erfolgt, mit dem ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht, oder ob die Besteuerung der Auslandsbezüge ausschließlich nach innerstaatlichen Vorschriften vorzunehmen ist.
Bei DBA-Staaten bestimmt sich die Besteuerung des im Ausland erzielten Arbeitslohns im Normalfall nach dem Arbeitsortprinzip, wonach die Steuererhebung dem jeweiligen Tätigkeitsstaat obliegt.
Eine Ausnahme hiervon gilt für Arbeitnehmer, die nur vorübergehend bis zu 183 Tage im Jahr im Ausland eingesetzt werden. Dasselbe gilt für die mit bestimmten Staaten wie Frankreich und Schweiz getroffenen Regelungen für Grenzgänger, bei denen das Besteuerungsrecht ausnahmsweise dem Wohnsitzstaat erhalten bleibt.
Durchbrechung von Doppelbesteuerungsabkommen
Vorschriften eines DBA regeln abschließend die Zuweisung des Besteuerungsrechts und gehen nationalen Vorschriften stets vor. Dieser Grundsatz wird durch die Regelung in § 50d Abs. 8 und 9 EStG allerdings durchbrochen.
Anrechnung ausländischer Steuer
Finden DBA-Regelungen keine Anwendung, z. B. weil kein DBA mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossen wurde, gibt es noch unilaterale Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers, die eine Beseitigung oder zumindest die Abmilderung einer eintretenden Doppelbesteuerung zum Ziel haben. Ein Beispiel hierfür ist die Anrechnung der ausländischen Steuer auf die deutsche Einkommensteuer, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt.
2 Auslandstätigkeit in DBA-Staaten
2.1 Auseinanderfallen von Tätigkeitsstaat und Wohnsitzstaat
Die Anwendung von DBA ist bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit immer dann zu prüfen, wenn der Tätigkeitsstaat und der Wohnsitzstaat (Ansässigkeitsstaat) auseinanderfallen. Hierbei kann es sich zum einen um Auslandseinsätze von Arbeitnehmern handeln, wenn diese im Inland ihren Wohnsitz haben (Ausstrahlung). In gleicher Weise sind aber auch Inlandstätigkeiten bei Arbeitnehmern mit Wohnsitz im Ausland (Einstrahlung) zu beurteilen. Bei dieser Fallgruppe ist ebenso wie in Wegzugsfällen die beschränkte Steuerpflicht zu prüfen. Eine aktuelle Liste der Staaten, mit denen derzeit gültige DBA bestehen, hat das BMF im Bundessteuerblatt veröffentlicht.
Lohnsteuerliche Behandlung des Arbeitslohns
Allgemeine Ausführungen zur lohnsteuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach den Regelungen des OECD-Musterabkommens enthält ein vom BMF veröffentlichtes Anwendungsschreiben. Rechtliche Bindungswirkung entfalten allerdings nur die im Einzelnen von Deutschland abgeschlossenen DBA, die sich nach Inhalt und Aufbau an diesem Musterabkommen orientieren. Zu berücksichtigen sind zudem die von der BRD mit dem jeweiligen Staat zur Auslegung und Anwendung des konkreten DBA getroffenen Verständigungs- oder Konsultationsvereinbarungen. Wegen der von der Rechtsprechung in Zweifel gezogenen Bindungswirkung solcher bilateralen Abmachungen sind bereits zahlreiche Konsultationsvereinbarungen in Form von Rechtsverordnungen in inländische gesetzliche Rechtsgrundlagen umgewandelt worden. Hiervon abweichende BFH-Rechtsprechung ist seit 2010 nicht mehr anzuwenden.
2.2 Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats
DBA haben immer Vorrang vor innerstaatlichem Recht. Bei Auslandstätigkeiten in DBA-Staaten regelt allein das DBA, ob die Arbeitseinkünfte für die Dauer des Auslandsaufenthalts in der Bundesrepublik oder in dem jeweiligen ausländischen Tätigkeitsstaat zu versteuern sind.
Die Regelungen der einzelnen DBA sind zum Teil unterschiedlich, orientieren sich aber meistens an dem OECD-Musterabkommen. Danach steht das Besteuerungsrecht für den im Ausland erzielten Arbeitslohn grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu. Der inländische Ansässigkeitsstaat verzichtet dagegen auf sein Besteuerungsrecht. Er hat aber die Möglichkeit, die ausländischen Lohnbezüge zum Zwecke der Steuersatzberechnung in die Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen.
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