Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Ein geschiedener Arbeitnehmer unterhält keinen eigenen Hausstand, wenn er das Obergeschoss des Elternhaues bewohnt und sich nicht an den Kosten des Haushalts beteiligt. Das FG versagt deshalb eine doppelte Haushaltsführung, lässt die Fahrten vom (weit entfernt liegenden) Elternhaus zur Arbeitsstätte aber trotzdem zum Werbungskostenabzug zu.
Sachverhalt
Eine geschiedene Erzieherin war beruflich in München tätig und unterhielt dort eine Zweitwohnung. Zudem bewohnte sie das Obergeschoss ihres elterlichen Hauses im weiter entfernten P-Stadt. In ihren Einkommensteuererklärungen 2004 bis 2006 machte sie Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung von jeweils rund 9.000 EUR jährlich als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt versagte einen Abzug der Kosten und ging davon aus, dass in P-Stadt kein eigener Hausstand der Erzieherin vorliegt.
Entscheidung
Das FG urteilte, dass die Erzieherin keinen eigenen Hausstand (Erstwohnung) im Haus ihrer Eltern unterhielt. Ein eigener Hausstand erfordert, dass der Arbeitnehmer ihn aus eigenem oder abgeleitetem Recht nutzt. Der eigene Hausstand muss von Arbeitnehmern unterhalten werden, d.h. der Arbeitnehmer muss u. a. für die Kosten des Haushalts aufkommen. Zwar ist bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung nicht zwingend erforderlich, dass er für die Wohnung ein Entgelt bezahlt (z.B. Miete). Bei unentgeltlicher Nutzung ist aber besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Wohnung ihm selbst oder den Eltern zuzurechnen ist. Das Merkmal der Entgeltlichkeit ist somit ein Indiz für die Beantwortung der Frage, ob ein eigener Hausstand unterhalten wird. Dennoch kann bei unentgeltlicher Überlassung ein eigener Hausstand anzuerkennen sein, wenn der Arbeitnehmer zumindest die Kosten der Haushaltsführung trägt.
Im vorliegenden Fall wurde die Miete gar nicht oder nur sporadisch gezahlt. Auch konnte die Erzieherin nicht nachweisen, dass sie die Kosten der Wohnung getragen hat. Beides führte dazu, dass die doppelte Haushaltsführung steuerlich nicht anzuerkennen war.
Hinweis
Obwohl das FG die doppelte Haushaltsführung nicht anerkannte, gewährte es einen Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen der Wohnung in P-Stadt und der Arbeitsstätte. Das FG ließ sich davon überzeugen, dass die Erzieherin ihren Lebensmittelpunkt aufgrund persönlicher Bindungen weiterhin in P-Stadt unterhielt. Aus diesem Grund konnte die Entfernung von der (weiter entfernt liegenden) Wohnung zur Arbeitsstätte angesetzt werden (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 6 EStG).
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 03.03.2010, 9 K 3789/08