Leitsatz
Die Größe der Wohnung am Beschäftigungsort im Vergleich zur Größe der Wohnung am Wohnort stellt nur ein wesentliches Indiz für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes dar. Zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes an den Beschäftigungsort kommt es nur, wenn sich die Zahl der Heimfahrten verringert und daraus geschlossen werden kann, dass sich der Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort verlagert hat.
Sachverhalt
Die Klägerin ist seit dem 1.3.2008 in A als Rechtsanwältin angestellt und hat in A eine 78 qm große Wohnung angemietet. Die Wohnung liege günstig zur Kanzlei und habe zudem ein Arbeitszimmer welches sie für eine anwaltliche Nebentätigkeit benötige. Gegenüber dem Finanzamt erklärte sie, ihren Lebensmittelpunkt im elterlichen EFH in B beibehalten zu haben. Dort bewohne sie das 2.OG (64 qm) und kehre jedes Wochenende dorthin zurück. Seit September 2008 beteilige sie sich mit monatlich 150 Euro an den Nebenkosten. Das Finanzamt hat den Werbungskostenabzug abgelehnt, da die Klägerin nicht in den Haushalt der Eltern eingegliedert gewesen sei. Auch der Vergleich der Wohnungsgrößen deute darauf hin, dass sich der Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort befinde. Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie legte zum Nachweis des Lebensmittelpunktes in B eidesstattliche Versicherungen ihrer Eltern, Verwandten, Nachbarn und Freunde sowie auszugsweise Kontoauszüge und Fotos der beiden Wohnungen vor.
Entscheidung
Die Klage ist begründet. Die Klägerin führt einen eigenen Haushalt in B und aus beruflichen Gründen einen weiteren Haushalt in A, wo sich nicht der Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse befindet. Bei älteren, wirtschaftlich selbständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, so dass ihnen dieser Hausstand als "eigener" zugerechnet werden kann. Auch bedarf es keiner Übernahme einer besonderen finanziellen Verantwortung für den (gemeinsamen) Hausstand durch die gleichmäßige Beteiligung an den laufenden Haushalts- und Lebenshaltungskosten. Die aufgrund der Größe der Wohnung am Beschäftigungsort bestehende Vermutung der Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach A hat die Kläger nach Auffassung des Finanzgerichts überzeugend widerlegt. Insbesondere die Hinweise auf die günstige Lage zur Kanzlei und das vorhandene erforderliche Arbeitszimmer waren dafür ausschlaggebend.
Hinweis
Das Urteil des Finanzgerichts ist rechtskräftig. Es zeigt, dass die Anzahl der Heimfahrten nach wie vor das entscheidende Merkmal für die Beibehaltung des Lebensmittelpunktes am Heimatort ist.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 27.11.2014, 15 K 1981/12