Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Zur Anerkennung der Kosten einer doppelten Haushaltsführung muss eine Wohnung "am Beschäftigungsort" liegen. Dies ist sogar der Fall, wenn sich die Zweitwohnung in einer Entfernung von 141 km zur Arbeitsstätte befindet, wenn der Beschäftigungsort verkehrsgünstig zu erreichen ist.
Sachverhalt
Im entschiedenen Fall hatte eine Arbeitnehmerin einen Hausstand mit ihrem Mann in S-Stadt und eine Zweitwohnung bei ihrer Arbeitsstätte in B, wo sie unter der Woche wohnte. Als der Arbeitgeber seinen Firmensitz nach A-Stadt verlegte, betrug die Entfernung von der Eigentumswohnung in B zum Arbeitgeber in A 141 km. Dennoch war diese längere Fahrstrecke für die Frau günstiger, als sich in A eine neue Wohnung zu suchen, vor allem weil eine schnelle und komfortable Zugverbindung bestand. Während das Finanzamt die Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung in B und der Arbeitsstätte in A berücksichtigte, erkannte es die Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung nicht mehr an, da sich der Zweithausstand nicht "am Beschäftigungsort" befinde.
Entscheidung
Das FG Düsseldorf legte das streitige Tatbestandsmerkmal "am Beschäftigungsort" in seinem Urteil jedoch großzügiger aus als das Finanzamt: Die Wohnung müsse sich lediglich so weit im Einzugsbereich der Arbeitsstätte befinden, dass ein tägliches Aufsuchen möglich ist. Unter den Begriff des Einzugsgebiets könnten nach Ansicht der Richter nicht nur die direkten Vororte einer Großstadt fallen, sondern auch im Umland liegende andere Großstädte. Im Zeitalter steigender Mobilitätsanforderungen komme es nicht auf die bloße Entfernung an. Es sei durchaus üblich, dass Arbeitnehmer größere Entfernungen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Kauf nehmen, wenn die Arbeitsstätte verkehrsgünstig zu erreichen ist. Im vorliegenden Fall dauerte die einfache Fahrt von B-Stadt Hbf. nach A-Stadt Hbf. mit dem ICE eine Stunde. Ein derartiger Zeitaufwand lag nach Auffassung des Gerichts durchaus im Bereich des Üblichen. Dies gelte selbst dann, wenn der Pendler für den Weg "von Tür zu Tür" länger brauche. Im Streitfall kam hinzu, dass der Arbeitgeber seinen Firmensitz zunächst in B hatte und diesen erst später nach A verlegte. Diese Sitzverlegung konnte in steuerlicher Hinsicht nicht dergestalt zum Nachteil der Klägerin sein, befanden die Richter, dass die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung als nicht mehr erfüllt angesehen werden.
Die Revision zum BFH wurde zugelassen.
Hinweis
Als Werbungskosten abzugsfähig sind die notwendigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG). Dies sind zum einen die Aufwendungen für Familienheimfahrten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5Satz 4 und 5 EStG). Zum anderen können die notwendigen Kosten der Unterkunft abgezogen werden, wobei Unterkunftskosten notwendig im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind, wenn sie den Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort nicht übersteigen (BFH, Urteil v. 9.8.2007, VI R 10/06, BStBl 2007 II S. 820). Dies gilt für Eigentumswohnungen gleichermaßen.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 13.10.2011, 11 K 4448/10 E