1.1 Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte
Schwebende Geschäfte sind nach allgemeiner Auffassung handels- und steuerrechtlich grundsätzlich nicht zu bilanzieren. Dieser ungeschriebene Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung bildet eine Ausnahme von dem Vollständigkeitsgebot, wonach sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden auszuweisen sind. Einem Ausweis steht entgegen, dass der Wert noch nicht gesichert ist.
Die Entstehung des Verlusts ist mit einem Risiko behaftet. Dieses Risiko verflüchtigt sich erst, wenn der Steuerpflichtige seine Leistung so erbracht hat, dass der Vertragspartner nicht mehr die Einrede des nicht erfüllten Vertrags erheben kann.
1.2 Schwebezustand
Gegenstand schwebender Geschäfte können Einzelschuldverhältnisse, wie Kauf-, Tausch- oder Werkverträge, Dauerschuldverhältnisse, z. B. Dienst-, Miet-, Pacht- oder Versicherungsverträge sowie Erbrechtsverhältnisse und das öffentliche Recht sein.
Schwebezustände im öffentlichen Recht
Auch das öffentliche Recht kann ein Schwebeverhältnis begründen, sofern gegenseitige, auf einen Austausch gerichtete Leistungen zu erbringen sind. So befindet sich z. B. ein Flurbereinigungsverfahren in der Schwebe, solange es nicht durch den Zuteilungsbeschluss abgeschlossen ist. Bis dahin sind die eingebrachten, nicht die zugeteilten Grundstücke auszuweisen.
Teilleistungen und einheitlicher Vertrag
Werden Teilleistungen geschuldet, kann ein Geschäft teilweise schwebend sein, wenn die Teilleistungen selbstständig abzurechnen und zu vergüten sind.
In einem einheitlichen Vertrag geregelte und gesondert zu vergütende Leistungspflichten können zusammenzufassen sein, z. B. anlässlich eines Sanierungsvorhabens: Grundstücksübertragung, -räumung und Betriebsverlagerung. Der Schwebezustand hält in diesem Fall bis zur Erfüllung der letzten Leistungspflicht an.
Beginn und Ende des Schwebezustands
Der Beginn des Schwebezustands erfolgt mit Vertragsabschluss. Der Schwebezustand kann ausnahmsweise früher einsetzen, wenn der Steuerpflichtige ein bindendes Vertragsangebot abgegeben hat und mit Sicherheit zu erwarten ist, dass der Vertragspartner das Angebot annehmen wird.
Der Schwebezustand endet mit Gewinn- oder Verlustrealisierung. Ein Bilanzierender hat einen Gewinn oder Verlust auszuweisen, wenn dieser durch den Umsatzprozess in Erscheinung getreten ist. Das ist der Zeitpunkt, in dem der Vertrag im Wesentlichen erfüllt ist und der Anspruch auf Gegenleistung so gut wie sicher ist.
Der Schwebezustand endet somit mit Erfüllung der Sachleistung, z. B. mit Lieferung der Ware oder Erbringung der vereinbarten Dienstleistung. Zwischenzeitlich erfolgte Zahlungen beenden den Schwebezustand nicht. Es handelt sich insofern um An- oder Vorauszahlungen, die bilanziell erfolgsneutral als geleistete oder erhaltene Anzahlungen zu erfassen sind.