Kommentar
1. Ein Kfz-Händler, der sich bei der Veräußerung von Fahrzeugen an Leasinggesellschaften verpflichtet, die Fahrzeuge am Ende der Leasingzeit zu einem bestimmten, verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen und hierbei teils Gewinne und teils Verluste erleidet, konnte für die aus einzelnen Geschäften drohenden Verluste für Wirtschaftsjahre, die bis zum 31. 12. 1996 endeten, Rückstellungen bilden.
2. Infolge des Grundsatzes der Einzelbewertung durften die Verluste , die aus einzelnen Rücknahmegeschäften voraussichtlich erzielt wurden, nicht mit zu erwartenden Gewinnen aus anderen Rücknahmegeschäften saldiert werden.
3. Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nach § 5 Abs. 4a EStG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 1996 enden, nicht mehr gebildet werden. Nach bisherigem Recht gebildete Rückstellungen sind nach § 52 Abs. 6a Satz 2 EStG über einen Zeitraum von 6 Jahren aufzulösen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.10.1997, I R 16/97
Anmerkung:
Etwa ein Drittel aller Fahrzeugumsätze werden mit Leasinggesellschaften abgeschlossen. Die Händler verpflichten sich, die Fahrzeuge am Ende des zwei- bis vierjährigen Leasingvertrages zu einem im voraus vereinbarten Restkaufpreis zurückzunehmen. Infolge versteckter Rabatte können sich für einen Händler hieraus erhebliche Verluste ergeben. Dem Bestreben der Verwaltung, bei der Bildung von Drohverlustrückstellungen zu erwartende Verluste aus einzelnen Fahrzeuggeschäften mit zu erwartenden Gewinnen aus anderen zu saldieren, ist der BFH mit dem vorstehenden Urteil entgegengetreten, demzufolge jedes einzelne Geschäft für sich zu beurteilen ist.
Die Entscheidung kommt jedoch zu spät, als daß Händler sich noch lange hierüber freuen könnten. Denn inzwischen hat der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 4a EStG die Möglichkeit beseitigt, weitere Drohverlustrückstellungen zu bilden, weil nicht einzusehen sei, daß ein Unternehmer mit vorwiegend gewinnbringenden Geschäften einzelne unausgeglichene Ausreißer herausgreifen und hierfür eine Drohverlustrückstellung bilden dürfe. Auch in Zukunft müssen in der Handelsbilanz Drohverlustrückstellungen angesetzt werden; sie können jedoch nicht in die Steuerbilanz übernommen werden. Dieses Verbot schließt aber auch künftig nicht die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten aus, sofern sich eine Partei bei der Abwicklung eines schwebenden Vertrags in einem Erfüllungsrückstand befindet, wie z. B. eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Rückgewähr empfangener Entgelte. Dementsprechend lassen sich möglicherweise auch die Vertragsbeziehungen zwischen Händlern und Leasinggesellschaften gestalten.