Leitsatz
Mit der Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Klärschlammzwischenlagers entsteht weder in der Person des veräußernden Grundstückseigentümers noch in der Person des das betreffende Grundstück erwerbenden Bauantragstellers ein vom Grund und Boden verselbstständigtes Wirtschaftsgut "Auffüllrecht" mit Klärschlamm.
Normenkette
§ 6b Abs. 1 und 3 EStG
Sachverhalt
Ein Bauunternehmen besaß ein Grundstück, das von ihm ausgesandet worden war und das ausweislich der Abbaugenehmigung rekultiviert werden musste. Ein Abwasser-Zweckverband (AZV) wollte das Grundstück erwerben, um in der Grube Klärschlamm zwischenzulagern. Nach Abschluss eines Kaufvertrags mit Rücktrittsrecht erhielt der AZV eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Klärschlammzwischenlagers. Daraufhin wurde das Rücktrittsrecht aufgehoben und der Kaufvertrag vollzogen. In der Kaufpreisvereinbarung waren ein Preis für den Grund und Boden und für ein "Auffüllrecht" gesondert ausgewiesen. Das Bauunternehmen stellte den Gewinn aus dem Verkauf insgesamt in eine Rücklage nach § 6b EStG ein.
Nach einer Außenprüfung war das FA der Meinung, der auf ein Verfüllrecht entfallende Gewinn dürfe nicht nach § 6b EStG übertragen werden. Gegen den entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid erhob das Bauunternehmen erfolglos Einspruch und Klage beim FG.
Entscheidung
Der BFH gab dem Bauunternehmen Recht. Es habe kein eigenständiges Wirtschaftsgut "Auffüllrecht" verkauft, sondern lediglich ein Grundstück mit der Eigenschaft, als Lagerstätte für Klärschlamm genutzt werden zu können. Deshalb könne der gesamte erzielte Gewinn in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt werden.
Hinweis
1. Was zivilrechtlich als ein Grundstück behandelt wird, kann in der Steuerbilanz in mehrere Wirtschaftsgüter aufzuspalten sein. Dies gilt selbstverständlich für ein auf dem Grundstück befindliches Gebäude. Ebenso gilt aber auch der Aufwuchs auf dem Grund und Boden als eigenständiges Wirtschaftsgut. So werden Wälder und Sonderkulturen immer als besondere Bilanzposten ausgewiesen. Lediglich das sog. Feldinventar erscheint meist nicht in den Bilanzen. Dies beruht aber auf einer Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung.
Auch unter der Erdoberfläche können sich eigenständige Wirtschaftsgüter befinden, insbesondere bergfreie Bodenschätze. Diese werden bilanziert, wenn sie entgeltlich erworben oder anderweitig in den wirtschaftlichen Verkehr gebracht worden sind. Dass Hohlräume unter der Erdoberfläche ebenfalls Wirtschaftsgüter sein können, ist spätestens seit der Suche nach Lagerstätten für kontaminierten Müll bekannt.
2. Danach scheint es auf den ersten Blick einleuchtend, wenn das FA im Besprechungsfall die in der Erdoberfläche befindliche Grube wegen der Möglichkeit zur Lagerung von Klärschlamm als eigenständiges Wirtschaftsgut angesehen hat. Aus Sicht des Abbauunternehmens war die Grube allerdings kein Vorteil, für den man etwas zahlen würde, sondern wegen der Rekultivierungsverpflichtung ein Nachteil, dessen man sich gerne entledigen wollte. Wenn nun das Grundstück samt Grube und Rekultivierungsverpflichtung verkauft wurde, konnte ein neues Wirtschaftsgut "Auffüllrecht" allenfalls mit verkauft worden sein, wenn sich das Bauunternehmen um eine solche Berechtigung oder Möglichkeit bemüht hätte. Das war aber nicht der Fall, denn die Auffüllgenehmigung wollte der Erwerber einholen; der Kaufvertrag sollte nur vollzogen werden, wenn dem Erwerber eine solche Genehmigung erteilt würde. Schon deshalb war in der Hand des Bauunternehmens nicht von der Entstehung eines eigenständigen Wirtschaftsguts auszugehen.
3. Bei aller Tendenz zur Aufspaltung des Grund und Bodens in verschiedene Wirtschaftsgüter hat der BFH es dennoch immer abgelehnt, die Bebaubarkeit eines Grundstücks als eigenständiges Wirtschaftsgut anzusehen. Anderenfalls müsste man je nach Art der Bebaubarkeit für den damit verbundenen Vorteil einen unterschiedlich hohen Prozentsatz des Grundstückswerts auf ein solches Wirtschaftsgut übertragen. Davon sieht der BFH ab und behandelt die Bebaubarkeit wie jeden Nutzungsvorteil eines Wirtschaftsguts als unselbstständigen wertbildenden Faktor.
Danach wäre im Besprechungsfall selbst dann, wenn sich das Bauunternehmen als Verkäufer um die Genehmigung zur Errichtung eines Klärschlammlagers bemüht hätte, nicht von einem eigenständigen Wirtschaftsgut auszugehen gewesen. Denn die betreffende Genehmigung ist nichts anderes als eine Baugenehmigung. Wie Genehmigungen über die Errichtung von Gebäuden sind auch Genehmigungen über die Errichtung baulicher Anlagen im Boden nur eine Konkretisierung der Nutzungsmöglichkeiten des betreffenden Grundstücks. Dementsprechend führen auch die Baumaßnahmen zur Herrichtung der Lagerstätte zur Entstehung eines eigenständigen Wirtschaftsguts "bauliche Anlage".
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.3.2003, IV R 27/01