aa) Objektive Pflicht und subjektiver Tatbestand
Erkennen der Fehlerhaftigkeit der eDaten: § 153 AO verpflichtet den Steuerpflichtigen zwar nicht, nach Unrichtigkeiten zu suchen, denn ein Erkennenmüssen oder Erkennenkönnen löst weder die Anzeige- noch die Berichtigungspflicht insoweit aus. Erst das Erkennen i.S.d. positiven Wissens von Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit sowie die Erkenntnis, dass es durch die Erklärung zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, führt zur Erklärungspflicht nach § 153 AO (vgl. nur Beyer, Geänderte Verwaltungsauffassung zur Zurechnung bei Cum/Cum-Gestaltungen, NWB 2021, 3244 unter Hinweis auf Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 153 AO Rz. 16 [Oktober 2016]). Objektiv bedarf es somit zunächst des Erkennens der Fehlerhaftigkeit der eDaten.
Folgen fehlender Überprüfung der eDaten: Im Hinblick auf eine Strafbarkeit bedarf es daneben des Vorliegens des subjektiven Tatbestand des § 370 AO, also Vorsatz, bzw. der Fahrlässigkeit in Form der Leichtfertigkeit i.S.d. § 378 AO (vgl. insoweit nur Gehm, Kriminalistik 2018, 657). Gerade die Komplexität von eDaten i.w.S. macht es in vielen Fällen schwer, einen solchen subjektiven Tatbestand zweifelsfrei annehmen zu dürfen. Vorsätzliche Steuerhinterziehung, die wahrscheinlich erst vorliegt, wenn nach der Überprüfung der eDaten i.w.S. im Steuerbescheid eine Berichtigung nach § 153 AO bewusst vermieden wird, ist rechtstatsächlich nur schwer fassbar. Somit beschränkt sich die Frage, welche Folgen eine fehlende Überprüfung der eDaten i.w.S. hat, zumeist darauf, ob leichtfertige Steuerverkürzung gegeben ist.
bb) Steuerrechtliche Rechtsprechung
Leichtfertige Steuerverkürzung durch Unterlassen: Die steuerrechtliche Rechtsprechung problematisiert die Frage nach dem Vorliegen von leichtfertiger Steuerverkürzung im Zusammenhang mit der Änderung von Steuerbescheiden, insb. gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. der nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO verlängerten Festsetzungsfrist. So hat der BFH in seinem Urteil vom 23.7.2013 (BFH v. 23.7.2013 – VIII R 32/11, BStBl. II 2016, 503), wenn auch im Zusammenhang mit der Anpassung an einen Feststellungsbescheid nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO, klargestellt, dass Steuerpflichtige, die ihre Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit in ihrer Gewinnfeststellungserklärung in zutreffender Höhe angeben, dies aber in der zeitgleich abgegebenen Einkommensteuererklärung nicht machen, eine leichtfertige Steuerverkürzung begehen. Aufgrund der Wahrheitspflicht nach § 150 Abs. 2 AO müsse ein Steuerpflichtiger die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt walten lassen und auch als steuerlich nicht vorgebildeter Steuerpflichtiger sich im Notfall bei seinem steuerlichen Berater oder dem FA erkundigen. Unerheblich sei, dass eine abweichende Beurteilung nicht daraus folge, dass das FA es unterlassen habe, den Einkommensteuerbescheid an den zutreffend ergangenen Feststellungsbescheid anzupassen. Auch wenn der Steuerpflichtige nicht verpflichtet sei, die Fehler des FA richtigzustellen, scheide eine leichtfertige Steuerverkürzung durch Unterlassen nicht aus, da die Einkommensteuererklärung fehlerhaft sei (BFH v. 23.7.2013 – VIII R 32/11, BStBl. II 2016, 503 Rz. 19, 21).
Augenscheinlich gleicht die vom BFH in diesem Urteil vorgenommene Einschätzung zur leichtfertigen Steuerhinterziehung dem Fall der Beistellung von eDaten durch mitteilungspflichtige Dritte, auf die man sich als Steuerpflichtiger an sich verlassen können muss. Wie im Fall des Verhältnisses von Grundlagen- zu Folgebescheid kann ein Steuerpflichtiger nicht darauf vertrauen, dass das FA eine richtige Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vornehme und seine fehlerhaften Angabe in der Einkommensteuerfestsetzung dahinstehen lassen. E-Daten, denen noch nicht einmal der Charakter eines Grundlagenbescheides zukommt, sind also auf ihre Richtigkeit im Einkommenensteuerbescheid zu überprüfen.
Erhöhte Nachprüfungspflicht betreffs persönlicher Verhältnisse: Dies gilt, so das FG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 5.1.2021 (FG BW v. 5.1.2021 – 10 K 1662/20, EFG 2021, 1689 Rz. 50), erst recht, wenn die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen und damit im dortigen Fall die Kirchenzugehörigkeit betroffen seien. Denn selbst bei Einschaltung eines Steuerberaters treffe den Steuerpflichtigen insoweit eine erhöhte Nachprüfungspflicht. Folglich könne einem Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden angelastet werden, wenn er die von einem steuerlichen Berater angefertigte Steuererklärung nicht auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit durchgesehen habe und ihm ohne weiteres hätte auffallen müssen, dass bestimmte Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt worden seien. Aus diesem Grunde lehnte das FG eine Korrektur des Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 AO zugunsten des Steuerpflichtigen ab, der die Aufhebung seiner Kirchensteuerfestsetzung begehrte. Interessanterweise betrifft dieses Urteil § 93c AO und die Frage, ob auch die nach § 39e Abs. 2 S. 2 EStG geregelte Verpflichtung zur Übermittlung der...