Rz. 88
Das RVG gliedert sich in einen Paragraphenteil (62 Einzelvorschriften) und in ein Vergütungsverzeichnis (VV RVG). Letzteres enthält ca. 250 Gebühren- und Auslagentatbestände. Den Paragraphenteil kann man als den "allgemeinen Teil" des anwaltlichen Honorarrechts bezeichnen, während die "einzelnen Gebührentatbestände" im VV RVG enthalten sind. Letzteres ist die Anlage 1 zum RVG (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Die sodann zu ermittelnden Honorarbeträge sind den einzelnen Werten der RVG-Tabelle zu § 13 Abs. 1 RVG zu entnehmen, die diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt wurde und Gegenstandswerte bis zu 500.000,00 Euro aufführt.
Rz. 89
Da in mehreren Bestimmungen der StBVV auf das RVG verwiesen wird und dieses Gesetz als "entsprechend anzuwenden" vorgegeben ist, genügt es nicht, einzelne Vorschriften zu kennen. Auch die allgemeinen Vorschriften sind zu beachten, wenn die Abrechnung ordnungsgemäß nach RVG erfolgen soll. Daher in Kurzfassung folgende Übersicht zum RVG:
Rz. 90
§ 1 RVG bestimmt, dass sich die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten von Rechtsanwälten nach diesem Gesetz bemisst; dies gilt auch für verkammerte Rechtsbeistände. Ausgenommen sind Tätigkeiten, für die es gesonderte Honorarregeln gibt, wie beispielsweise beim Insolvenzverwalter (Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung – InsVV –) oder auch beim Testamentsvollstrecker (§ 2221 BGB), wobei nach der Rechtsprechung anerkannte Tabellen, ausgerichtet an dem Nachlasswert, zugrunde zu legen sind (Palandt/Weidlich, BGB Kommentar, 80. Auflage 2021, Rdn. 3 ff. zu § 2221 BGB).
Rz. 91
Gemäß § 2 RVG berechnet sich die Höhe der Vergütung nach dem Gegenstandswert. Die Einzelheiten ergeben sich aus den jeweiligen Regeln des VV RVG und bestimmen die jeweiligen Spannen der Ansätze des Honorars.
Rz. 92
§ 3a Abs. 1 RVG ist gerade auch für Steuerberater zu beachten, wenn Vergütungsvereinbarungen abgeschlossen wurden oder abgeschlossen werden sollen, bei denen RVG-Vorgaben zu berücksichtigen sind. Beispielsweise bei steuerstrafrechtlicher Verteidigung, Durchführung von finanzgerichtlichen Verfahren oder auch in Rechtsbehelfsverfahren genügt es nicht, die StBVV-Vorgaben einzuhalten; immer sind auch die Vorgaben für Vergütungsvereinbarungen im Sinne dieser Vorschrift des RVG zu berücksichtigen. Insbesondere bezieht sich das auf die notwendige Bezeichnung als "Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise".
Rz. 93
§ 4a RVG sieht parallel zu § 9a Abs. 2 StBerG die eingeschränkte Möglichkeit der in Textform zu vereinbarenden Erfolgshonorierung vor.
Rz. 94
Die Fälligkeit der Vergütung ist in § 8 RVG entsprechend § 7 StBVV geregelt; parallele Vorschriften existieren auch zum Vorschuss gem. § 9 RVG und zur Berechnung (§ 10 RVG).
Rz. 95
Im Abschnitt 2 werden die Gebührenvorschriften zu Wertgebühren (§ 13 RVG), Rahmengebühren (§ 14 RVG) und zum Abgeltungsbereich (§ 15 RVG) statuiert. Sodann erläutern die §§ 16 -18 RVG die Frage, wann es sich um "dieselbe", "verschiedene" oder "besondere Angelegenheiten" handelt.
Rz. 96
Bei Gerichtsgebühren richtet sich die Wertfeststellung grundsätzlich nach § 32 RVG, wobei § 33 RVG ergänzt, dass der für Gerichtsgebühren festgesetzte Gegenstandswert nicht maßgeblich für die Gebühren eines Prozessbevollmächtigten ist.
Rz. 97
Schon länger gilt die Regel in § 35 RVG, wonach Rechtsanwälte, die Steuerrechtshilfe leisten, bei der Honorierung dieser Tätigkeiten an die §§ 23 – 39 i. V. m. §§ 10 und 13 StBVV gebunden sind (vgl. Rz. 26).
Rz. 98
Eine Originärtätigkeit für Steuerberater i. S. v. § 33 StBerG ist die Steuerstrafverteidigung und die Vertretung in Bußgeldsachen. Die Honorierung erfolgt über § 45 StBVV gem. Abschnitt 7 des RVG. Die Konkretisierung der Einzelgebühren für Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren wird in den Teilen 4 und 5 des VV RVG vorgenommen.
Rz. 99
Die Prozesskostenhilfe und deren Vergütung richtet sich nach §§ 45 ff. RVG, wobei die Einzelheiten des von der Staatskasse zu erzielenden Honorars in der Tabelle in § 49 RVG aufgelistet wurden. Dies ist auch für entsprechend beigeordnete Steuerberater, insbesondere im finanzgerichtlichen Verfahren, über § 65 StBerG i. V. m. § 46 StBVV von erheblicher Bedeutung.
Rz. 100
Anzumerken ist sodann, dass die außergerichtliche Beratung nach dem Willen des RVG-Gesetzgebers mittels Vergütungsvereinbarung honoriert werden soll (§ 34 Abs. 1, § 3a RVG). Würde eine solche nicht abgeschlossen, gibt es keine Regeln im RVG, sondern es erfolgt die übliche Vergütung für den RA als Geschäftsbesorger i. S. v. § 675 BGB durch die dienst- oder werkvertraglichen Vorschriften (§§ 611 f. bzw. §§ 631 f. BGB).
Rz. 101
Im VV RVG sind sämtliche Gebühren- und Auslagentatbestände zusammengestellt. Es ist in vierstellige Nummern unterteilt, in denen die jeweilige anwaltliche Tätigkeit erfasst wird. Damit ist es ähnlich strukturiert wie das Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz (GKG).
Rz. 102
Wichtig ist im Teil 2 des VV RVG, dass nach den dortigen Vorbemerkungen Abrechnungsvorgaben getätigt werden. Dies gilt insbesonde...